Im Ringen um eine Abschlusserklärung der verlängerten Weltklimakonferenz in Dubai ist ein neuer Entwurf ohne das vielfach geforderte Bekenntnis zu einer klaren Abkehr von Kohle, Öl und Gas publik geworden. Gefordert wird stattdessen ein "Übergang weg von fossilen Brennstoffen in Energiesystemen auf eine angemessene, geordnete und gerechte Weise". Zudem soll laut dem Entwurf das Tempo bei der Abwendung von fossilen Energieträgern "in dieser entscheidenden Dekade beschleunigt" werden.
Von einem weltweiten Ausstieg aus fossilen Energieträgern, wie ihn mehr als 100 Staaten - darunter auch Deutschland - verlangen, ist in dem Text nicht die Rede, der am frühen Mittwochmorgen kursierte.
Kritik: Entwurf enthält "riesige Schlupflöcher"
Der Übergang solle auf eine Weise erfolgen, die die Welt im Jahr 2050 auf netto null bei klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bringe, heißt es in der neuen Vorlage. Das Problem bei diesem Text bestehe darin, dass er weiter "riesige Schlupflöcher" enthalte, die es den USA und anderen Produzenten von fossilen Brennstoffen erlaubten, die Nutzung fossiler Brennstoffe auszuweiten, kritisierte Jean Su von der US-Organisation Center for Biological Diversity. "Es gibt einen ziemlich tödlichen Fehler in dem Text, der es erlaubt, übergangsweise Brennstoffe fortzuführen." Dies sei ein Codewort für Erdgas, das ebenfalls für Kohlenstoffemissionen sorge.
Ein am Montagabend vom Konferenzpräsidenten Sultan al-Dschaber vorgelegter Entwurf für die Abschlusserklärung war auf viel Widerstand gestoßen. Darin war lediglich von einer Reduktion von Produktion und Konsum fossiler Brennstoffe die Rede. Unter anderem die Bundesregierung und die EU lehnten den Text ab. Die Delegierten von fast 200 Staaten rangen bis zum frühen Mittwochmorgen um Kompromisse.
In der neuen Beschlussvorlage des Konferenzpräsidenten werden die Staaten auch dazu aufgerufen, die Kapazitäten erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen. Die Energieeffizienz soll im gleichen Zeitraum verdoppelt werden. Gesondert genannt wird in dem Papier Kohle. Ihr Herunterfahren solle beschleunigt werden. In der Reihe von Maßnahmen wird auch auf den Ausbau von Technologien verwiesen, mit denen CO2 aus der Atmosphäre entzogen werden kann. An solchen Verfahren wird zwar geforscht, sie sind derzeit aber nicht in großem Umfang verfügbar. Als eine Option wird zudem die Atomenergie genannt.
Umweltorganisationen fordern zu Nachbesserungen auf
Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser forderte Nachbesserungen. "Jetzt müssen die letzten Schlupflöcher geschlossen und Verbindlichkeit hergestellt werden, um das skrupellose Handeln der Öl- und Gasindustrie zu beenden", erklärte er in Dubai. Die Länder sollten "nicht nur beauftragt, sondern verpflichtet werden, schrittweise die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas bis spätestens Mitte des Jahrhunderts zu beenden".
Deutschland und die EU dürften sich "auf keine faulen Kompromisse einlassen", forderte Kaiser. Die Formulierungen für den Einstieg in den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas müssten sich am 1,5-Grad-Limit orientieren.
Auch die Klima-Chefin des WWF Deutschland, Viviane Raddatz, forderte Nachbesserungen. "Es ist jetzt an den ambitionierten Ländern und der Präsidentschaft hier dafür zu sorgen, dass hier in Dubai ein klares Signal für das Ende von Kohle, Öl und Gas gesetzt wird", erklärte sie.
Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig urteilte, der vorliegende Beschlussentwurf stelle "eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Version" dar. Er enthalte aber "einige problematische Schlupflöcher, darunter etwa der Verweis auf Erdgas als Übergangslösung", welcher der fossilen Industrie "als Rechtfertigung für den weiteren Ausbau der Gasförderung" dienen könne. Auch der Verweis auf Technologien zur Abscheidung und Speicherung von klimaschädlichem CO2 lenke "unnötig von dem dringend nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien ab".
Widerstand aus Öl-Staaten wie Saudi-Arabien
Auch die deutsche Entwicklungs- und Umweltorganisation "Germanwatch" bezeichnete den Text als eine "starke Verbesserung". Wenn dieser Entwurf so bleibt, würden erstmals auf einer Klimakonferenz alle Staaten formal dazu aufgefordert, "sich von fossilen Energien wegzubewegen - also von Kohle, Öl und Gas", sagte der Geschäftsführer der Umweltorganisation, Christoph Bals. Problematisch sei hingegen, wie Nuklearenergie und die CO2-Entnahmetechnologie CCS ("Carbon Capture and Storage") in dem Entwurf genannt würden.
Um in Kraft zu treten, muss der Beschluss einstimmig verabschiedet werden. Widerstand gegen einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen kam unter anderem von Saudi-Arabien und anderen Ölstaaten. Entwicklungsländer hatten zudem finanzielle Unterstützung beim Umbau ihrer Energiesysteme gefordert. Das Abschlussplenum war für Mittwochvormittag (Ortszeit) angesetzt.
Mit Informationen von dpa, epd und AFP
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