Die Grünen wollen einen Neustart und setzen dabei vor allem auf ihre Kernthemen: Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Frieden in Europa – all das verbunden mit dem Wahlthema Wirtschaft. Vize-Kanzler Robert Habeck setzt auf einen pragmatischen Kurs der Mitte, um auch jenseits der grünen Stammwähler neue Wählergruppen anzusprechen. Wie dieser Spagat inhaltlich gelingen soll – das könnte sich jetzt auf dem Parteitag in Wiesbaden zeigen. Das Motto der Delegierten: Geschlossenheit demonstrieren.
- Zum Artikel: Streit um Asyl – Wie die Grünen unter Druck geraten
Wahlkampf der Grünen auf Habeck zugeschnitten
Doch es tun sich Risse auf und die Frage: Wie viel Machtzentrum lassen die Grünen rund um Habeck zu? Er will sich am Sonntag zum Kanzlerkandidaten küren lassen – wobei die Grünen einen anderen Begriff wählen: "Kandidat der Menschen", der auch Kanzler könne, wenn die Bürger wollen. Kritikern der Grünen scheint somit der Wind aus Segeln genommen zu werden. Die Grünen kämpfen mit schlechten Umfragewerten mit 11 Prozent.
Doch der Wahlkampf ist auf Habeck zugeschnitten. Am Parteitag soll unter anderem die enge Habeck-Vertraute Franziska Brantner die Parteispitze übernehmen. Die Kursausrichtung scheint damit klar zu sein: weniger linke Politik, mehr Wirtschaftskompetenz.
Wahlkreis München-Land: Hofreiter erhält Gegenkandidaten
Nicht nur auf Bundesebene am Parteitag, sondern auch auf Landkreisebene scheint das Thema mehr Sichtbarkeit zu bekommen: Der bekannte bayerische Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter, Vertreter des linken Flügels und Urgestein der Grünen, bekommt Konkurrenz – aus den eigenen Reihen der Grünen. Bei der nächsten Bundestagswahl wird es in seinem Wahlkreis München-Land einen Gegenkandidaten als Grünen Direktkandidaten geben: Karsten Voges.
Er ist ein Bekannter von Franziska Brantner, die beiden kennen sich seit Jahrzehnten, haben gemeinsam Zeit in der Grünen Jugend in Baden-Württemberg verbracht. Wie Brantner kann Voges dem Realo-Lager zugeschrieben werden. Im BR24-Interview sagt Voges, Brantner sei auf ihn zugegangen: "Sie hat mir stark ins Gewissen geredet, wieder mehr in der Partei zu machen."
Der 45-jährige gebürtige Karlsruher soll somit den Weg der Mitte, einen Neustart und den Sound des Bürgerlichen vertreten – den Habeck-Kurs. Voges ist IT-Fachmann, hat eine eigene Firma in Bayern und ist Gemeinderat in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Er scheint das Gegenteil von Hofreiter zu sein.
Hofreiter: "Grüne sind basisdemokratische Partei"
Auf BR24-Anfrage meint Anton Hofreiter: "Die Grünen sind eine basisdemokratische Partei – jeder hat das Recht zu kandidieren." Der langjährige Fraktionschef der Grünen ist derzeit Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag und hat sich vor allem in der Ukraine-Unterstützung profiliert.
Ob die Gegenkandidatur zu einem der bekanntesten Politiker der Grünen tatsächlich aussichtsreich ist? Der Blick auf die Zahlen zeigt: Bei der letzten Aufstellung des Kreisverbands zur Bundestagswahl 2021 hat Hofreiter 62 von 65 Stimmen geholt. In einer Woche steht die Aufstellungsversammlung der Grünen für die kommende Bundestagswahl im Wahlkreis an.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!