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Das Hauptaugenmerk des FPÖ-Vorsitzenden liegt stets auf – Österreich. Die gesamte politische Agenda des Herbert Kickl richtet sich ausschließlich auf die Alpenrepublik, die er von "äußeren Einflüssen" weitgehend abgrenzen und isolieren will. Der Titel des FPÖ-Wahlprogramms zu den Nationalratswahlen Ende September 2024 lautete "Festung Österreich. Festung der Freiheit". Ist das als Versprechen zu verstehen oder eher doch als Wahlkampf-Rhetorik? In welchen Bereichen würde eine FPÖ/ÖVP-Koalition auf Konfrontationskurs mit der Europäischen Union gehen – und wo müsste sie einlenken? Noch bevor die Koalitionsverhandlungen begonnen haben, sorgen sich erfahrene ÖVP-Beraterinnen wie die Kommunikationsexpertin Heidi Glück um den Europa-Kurs unter einem Kanzler Kickl. Die Volkspartei müsse von den Rechtspopulisten eine "EU-Präambel" verlangen, in der klar die "notwendige positive Zusammenarbeit mit der EU" festgelegt sein müsse.
- Zum Artikel: Österreich: Wofür steht FPÖ-Chef Herbert Kickl?
Steht die Ukraine-Hilfe Österreichs vor dem Aus?
Als neutrales EU-Land hat Österreich die Ukraine seit dem russischen Überfall in erster Linie mit humanitärer und finanzieller Hilfe unterstützt. Im Kreis der EU-Staaten sprach sich Ex-Bundeskanzler Karl Nehammer stets für den politischen Schulterschluss mit dem überfallenen Land aus. Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland wurden von Österreich nicht blockiert. Das könnte sich nun ändern: Ende dieses Monats läuft die Frist aus, bis zu der die EU-Sanktionen gegen Moskau verlängert werden müssen.
Ungarns Premierminister Viktor Orbán, der einen offen prorussischen Kurs verfolgt, hatte sich noch vor Weihnachten quergelegt. Man müsse erst die Amtseinführung von Donald Trump abwarten. Die FPÖ lehnt die EU-Unterstützung der Ukraine strikt ab: Die Europäische Union verfolge einen "Eskalationskurs, der in einem dritten Weltkrieg enden könnte", wie es im Wahlprogramm der FPÖ heißt. Die Verantwortung für den Krieg schieben Österreichs Rechtspopulisten Brüssel und Kiew zu. Russisches Erdgas müsse wieder nach Österreich fließen. Sollte Kickl in Kürze Kanzler werden, würde er mit Orbán und dem slowakischen Regierungschef Fico eine Dreier-Phalanx der Ukraine-Gegner innerhalb der EU bilden.
Kann Kickl seinen Migrationskurs durchsetzen?
Unmittelbar nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien propagierte die FPÖ-Fraktion im Parlament "eine Aberkennung des Schutzstatus, damit die Abschiebungen nach Syrien so schnell wie möglich starten können." Innerhalb der EU dürfte dies an geltendem EU-Recht ebenso scheitern wie an der Vorgabe der EU-Kommission: Zunächst müsse abgewartet werden, bis in Syrien Frieden und Stabilität herrsche, bevor Asylbewerber zur Rückkehr bewegt werden könnten. Fraglich ist zudem, ob die scharfe Anti-Migrations-Rhetorik der FPÖ vom heimischen Dienstleistungsgewerbe goutiert werden dürfte.
Der einflussreiche Wirtschaftsflügel der ÖVP, der letztendlich Ex-Kanzler Nehammer zur Aufgabe und die Volkspartei zur 180 Grad Wende in Richtung FPÖ bewegt hat, vertritt sehr vehement die Interessen der österreichischen Gastronomie und Hotellerie. Ob Kickl bewusst ist, wie BR24-User "Ugly_Olli" schreibt, "dass Massenabschiebungen viele Branchen in seinem Land" massiv schaden würden, wird sich erst im Regierungsalltag von FPÖ und ÖVP zeigen. Kickl ist als Dogmatiker bekannt und steht "Kompromissen" ablehnend gegenüber.
Weitere Blaupause für Rechtspopulisten in Europa?
Österreichs Polit-Landschaft lässt nur sehr bedingt Rückschlüsse auf die Entwicklung in anderen EU-Ländern wie etwa Deutschland zu. Die Rechtspopulisten sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil der österreichischen Innenpolitik. Die Regierungsbeteiligungen der FPÖ unter den ÖVP-Kanzlern Schüssel und Kurz haben jegliche "Brandmauern" gegenüber den "Freiheitlichen" einstürzen lassen. In fünf der neun Bundesländer Österreichs gibt es Landesregierungen zwischen Volkspartei und FPÖ – in der Steiermark seit wenigen Wochen erstmals unter Führung der FPÖ. Daher lassen sich Analogien etwa zur Lage in der Bundesrepublik nur sehr bedingt ziehen. Obgleich es sicherlich richtig ist, wie BR24 User "Na_me.ohneabermit_und." einwendet, "die Geschehnisse in Österreich genau anzuschauen und unsere Schlüsse daraus zu ziehen", ist die innenpolitische Landschaft Deutschlands eine andere.
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