Mitte Juli ließ sich die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo in die Seine gleiten und kraulte ein paar Meter. In dem Fluss sollen die Wettkämpfe Triathlon und Langstrecke der Olympischen Spiele ausgetragen werden. Ein ungewöhnliches Ereignis, denn: Über ein Jahrhundert lang war schwimmen in der Seine verboten. Der Grund: die schlechte Wasserqualität. Paris investierte 1,4 Milliarden Euro, um das zu ändern. Mit ihrer Aktion wollte Anne Hidalgo nun die Badetauglichkeit der Seine demonstrieren. "Wir haben es geschafft", sagte sie daraufhin stolz in die Kamera. Aber wie?
Wann sind Flüsse sauber genug, um darin zu baden?
Ein paar Grundsätze vorneweg: Damit ein Fluss oder See in der EU als badetauglich gilt, muss die Wasserqualität stimmen. Das bedeutet, Grenzwerte der Bakterien E-Coli und Enterokokken dürfen nicht überschritten werden. "E-Coli Bakterien sind ein Indikator für fäkale Belastung", sagt Jörg Drewes, Experte für Wasserbehandlung der Technischen Universität München. Zudem deutet eine hohe Anzahl an E-Coli laut Drewes auch auf andere Keime hin.
Allerdings kann "die Wasserqualität bei Flüssen stark schwanken", sagt Renke Deckarm, Sprecher der EU in München. Ein Grund: Sie erfüllen meist diverse Funktionen. Zum Beispiel kurbeln Flüsse Turbinen von Kraftwerken an oder bieten Kühlwasser für Maschinen. Hinzu kommen auch eingeleitete Abwässer und landwirtschaftliche Austräge. Will ein EU-Land einen Fluss trotzdem als Badegewässer ausweisen, muss es den Bakteriengehalt regelmäßig prüfen.
Regenrückhaltebecken macht Seine olympiatauglich
Wie wurde die Seine nun fit für Olympia? Ein wichtiger Baustein ist ein neu gebautes Regenrückhaltebecken. Die 30 Meter tiefe Kaverne kann Niederschlagswasser speichern. Vor allem bei langanhaltendem Regen ist das bedeutsam, erklärt Jörg Drewes. "Hohe Niederschlagsmengen können die Kanalisation überlasten." Ohne Rückhaltebecken wird Regenwasser ungefiltert weitergeleitet. In Paris gelange dadurch mit Keimen belastetes Wasser in die Seine. In Zukunft wird Niederschlagswasser im Becken gehalten, bis der Regen vorüber ist. Dann wird es in die Kläranlage überführt und erst anschließend in die Seine. In anderen Städten wie München sei das laut Drewes "längst Standard".
Zudem investierte Paris in modernere Kläranlagen. Auch schloss die Stadt Hausboote an das Abwassersystem an. Alle Maßnahmen sollen Keime aus dem Fluss fernhalten. Ob sie greifen, wird mit Wasserproben kontrolliert. Als Anne Hidalgo in die Seine sprang, waren die E-Coli-Werte unter dem Grenzwert. Ob das auch an den Tagen der Wettkämpfe der Fall ist, bleibt unklar. Das sorgt für Kritik unter den Teilnehmenden.
Münchner Isar in Sommermonaten mit UV-Licht desinfiziert
Auch bei der Isar in München wird versucht, eine hohe Wasserqualität herstellen. Von Mai bis September greift bei den Kläranlagen eine zusätzliche Desinfektionsstufe, die UV-Desinfektion. Sie soll baden in der Isar möglich machen. Trotzdem könne man dort laut dem Wasserwirtschaftsamt München nur auf eigene Verantwortung schwimmen. "Die Isar ist ein Wildfluss, in dem keine konstante Badewasserqualität garantiert werden kann", schreibt das Wasserwirtschaftsamt München auf seiner Website (externer Link).
Bei der Isar könne leichter eine Badequalität hergestellt werden als bei der Seine, sagt Drewes. Denn: Die Isar fließt schneller. "Belastungen werden schnell verdünnt und aus der Stadt ausgespült."
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