Die "Regenbogenflagge" ist die Flagge der LSBTI-Gemeinschaft.
Bildrechte: BR/Julia Müller

Die "Regenbogenflagge" ist die Flagge der LSBTI-Gemeinschaft.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Queerfeindliche Hassgewalt erfassen: Arbeitsgremium startet

Homophobe Übergriffe und transfeindliche Straftaten nehmen zu. Die Bundesregierung stellt sich nach Aussage von Bundesinnenministerin Faeser konsequent gegen Diskriminierung und Gewalt. Um das Hellfeld zu vergrößern, tagt ein Expertengremium.

Ende August in Münster: Beim Christopher Street Day beleidigt ein junger Mann mehrere Frauen. Ein 25-Jähriger geht dazwischen und versucht die Situation zu beruhigen. Der Angreifer schlägt den Transmann nieder. Der stirbt später an den Verletzungen. Wenige Tage später in Bremen: Eine Jugendgruppe attackiert in einer Straßenbahn eine Transfrau. Sie wird schwer im Gesicht verletzt.

Solche transfeindlichen Straftaten sind keine Seltenheit: Die Polizei hat im vergangenen Jahr bundesweit 340 Übergriffe registriert. Das ist ein Plus von fast 70 Prozent. Auch homophobe Übergriffe nehmen zu: 870 Straftaten hat die Polizei erfasst, die mit der sexuellen Orientierung der Opfer in Verbindung gebracht werden - 50 Prozent mehr als im Jahr davor.

Hasskriminalität ist mit Dunkelziffer verbunden

Die Polizei wertet solche Angriffe als Hasskriminalität. Dabei zielt ein Angriff nicht nur auf das Opfer selbst, sondern eine ganze Gruppe. Der Hass und die Gewalt richten sich gegen demokratische Grundwerte, wie etwa die Menschenwürde.

Fachleute gehen davon aus, dass die Polizeistatistik nur einen Bruchteil der realen Übergriffe erfasst. Viele Betroffene würden Straftaten gar nicht anzeigen oder die Polizei ordnet sie in der Statistik nicht richtig zu.

Lesben- und Schwulenverband sieht Lücken in den Daten

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland sieht eklatante Forschungslücken im Hinblick auf LSBTI-feindliche Hasskriminalität - also Gewalt und Hass gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- oder oder intergeschlechtliche Menschen. Es brauche empirische Daten über Ausmaß, Erscheinungsformen und Hintergründe.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser spricht von einem großen Dunkelfeld, das ans Licht gebracht werden müsse. Die SPD-Politikerin verlangt, dass trans- und homofeindliche Hasskriminalität präzise erfasst, klar benannt und verurteilt wird. Das Ausmaß von queerfeindlicher Gewalt müsse sichtbar, die Betroffenen müssen ernst genommen werden, sagte sie Anfang September. Deswegen sei die Erfassung in den Polizeistatistiken verfeinert worden.

Auftaktsitzung für unabhängiges Arbeitsgremium

Das neue Arbeitsgremium "Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt" soll noch ein Baustein der Veränderung sein. Das unabhängige Expertengremium trifft sich an diesem Dienstag zum ersten Mal. Mit dabei: Fachleute aus Wissenschaft, Praxis und der queeren Community. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie sich die Behörden einen besseren Überblick über das ganze Ausmaß verschaffen können - und wie Hass und Gewalt im besten Fall verhindert werden können.

Die Ampel-Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag außerdem vereinbart, einen ressortübergreifenden Aktionsplan für die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vorzulegen. Das Bundeskabinett will ihn noch in diesem Jahr verabschieden. Ein Entwurf befinde sich in der Ressortabstimmung und Verbändebeteiligung, hieß es vom Bundesinnenministerium.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!