SPD-Chefin Saskia Esken hat sich für eine Erhöhung der Löhne ausgesprochen. "Die Erhöhung in diesem und im nächsten Jahr ist viel zu niedrig angesichts der Belastungen der Beschäftigten. Er muss auf jeden Fall so hoch sein, dass Alleinstehende armutsfest davon leben können, wenn sie einen Vollzeitjob auf Mindestlohnniveau haben", sagte die SPD-Vorsitzende den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Montagsausgaben). Auch die Tariflöhne müssten steigen.
Gewerkschaftsbund wollte höheren Mindestlohn
Seit 1. Januar gilt ein Mindestlohn von 12,41 Euro. Anfang 2025 steigt die staatlich festgesetzte und von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro. Die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hatte die Erhöhungsschritte bis 2025 im vergangenen Jahr beschlossen. Erstmals war die Gewerkschaftsseite dabei von der unabhängigen Kommissionsvorsitzenden überstimmt worden, die mit den Arbeitgebern gestimmt hatte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte mindestens 13,50 Euro gefordert.
Saskia Esken sprach sich für eine Reform der Mindestlohnkommission aus. "Wir sollten die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestlohnkommission so verändern, dass dort Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden können." Das sei auch bei Tarifverhandlungen üblich. "Man muss sich einigen, die eine Seite kann die andere nicht überstimmen. Das wäre auch beim Mindestlohn sinnvoll."
Esken: Überstunden und Schichtarbeit können krank machen
Esken warb außerdem für kürzere Arbeitszeiten. "Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Schichtarbeit, zu viele Überstunden, zu viele Springerdienste krank machen können. Wenn die Leute arbeitsunfähig werden, ist niemandem gedient."
Für kürzere Arbeitszeiten spreche, dass eine bessere Verteilung auf mehr Schultern und durchschnittlich niedrigere Arbeitszeit das Arbeitsvolumen insgesamt sogar erhöhen könne. Es gebe Unternehmen, die ermöglichten die Viertagewoche mit vollem Lohnausgleich. "Und es geht", sagte Esken.
Auch die Linkspartei äußert sich zu Löhnen
Kurz vor dem Tag der Arbeit am 1. Mai meldet sich auch die Linkspartei mit einem Vorstoß zur Arbeitsmarktpolitik zu Wort. Ein Konzeptpapier, das am Montag vorgestellt wird, enthält die Forderung nach einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro. Zudem werden in dem Text die konsequente Bezahlung von Überstunden und eine Stärkung der Tarifbindung verlangt.
"Deutschland ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und wir schaffen es nicht, Arbeit und Altern in Würde zu ermöglichen", kritisierte Parteichef Martin Schirdewan. Der 1. Mai sei auch ein guter Zeitpunkt, um für mehr Mitbestimmung im Betrieb einzutreten.
"Ein höherer Mindestlohn hebt das Lohngefüge insgesamt nach oben, sodass auch diejenigen profitieren, die mehr als den Mindestlohn bezahlt bekommen", heißt es in dem Papier. Dies sei auch ein Konjunkturprogramm und würde vor allem für viele Menschen in Ostdeutschland eine spürbare Gehaltsverbesserung bedeuten.
Linke fordert Überstunden mit Zuschlägen zu vergüten
"Sofern nicht in Tarifverträgen geregelt, muss in Zukunft jede Überstunde ab Stunde eins inklusive Zuschlägen ausbezahlt werden", verlangt die Linkspartei weiter. Öffentliche Aufträge sollten nur noch an Anbieter mit Tarifbindung vergeben werden. Gefordert wird auch eine Verkürzung der Arbeitszeiten. "30 Stunden pro Woche in Vollzeit oder vier Tage sind genug", heißt es in dem Text. Der öffentliche Dienst solle hier eine Vorbildfunktion wahrnehmen.
Zur Begründung ihrer Forderungen verweist die Linke darauf, dass derzeit 8,4 Millionen Beschäftigte in Deutschland weniger als 14 Euro brutto pro Stunde verdienen würden. Jeder zehnte Beschäftigte in Ostdeutschland erhalte sogar weniger als 13 Euro, viele seien zusätzlich auf Bürgergeld angewiesen.
Insgesamt 1,4 Milliarden Stunden hätten zudem Beschäftigte 2022 mehr gearbeitet als vertraglich vereinbart, so viel wie 900.000 zusätzliche Vollzeitstellen. 840 Millionen dieser Überstunden seien unbezahlt und unabgegolten gewesen. Damit hätten die Unternehmen schätzungsweise 33,1 Milliarden Euro Lohnkosten gespart.
Kritik an FDP-Politik: "Weiter auf die Ärmsten"
Die Linken-Europapolitikerin Ines Schwerdtner verwies auf die Forderungen von FDP-Chef Christian Lindner, Einschnitte beim Bürgergeld vorzunehmen und Überstunden steuerlich attraktiver zu machen. Wie üblich dresche die FDP "weiter auf die Ärmsten", kritisierte Schwerdtner gegenüber AFP. Wenn Lindner Überstunden so gut finde, "soll er sie gern machen, aber die arbeitenden Menschen in diesem Land in Ruhe lassen", forderte sie.
Schirdewan und Schwerdtner wollen das Papier zur Arbeitsmarktpolitik am Vormittag auf einer Pressekonferenz vorstellen.
Mit Informationen von AFP
Im Audio: Vor zehn Jahren: Kabinett beschließt Mindestlohn-Einführung
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