Wenige Tage nach dem Ampel-Aus hat der SPD-Politiker Michael Roth am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen gesagt: "Wir haben es verkackt". Jede der Parteien trage einen Teil der Verantwortung – auch die SPD. Die Ampel-Regierung verglich Roth in der Sendung mit einer Ehe: "Diese Beziehung, diese Ménage-à-trois war zerrüttet."
Roth sagte aber auch: "Ja, wir alle waren häufiger über die FDP und über Lindner genervt. Aber am Ende haben wir alle versagt." Dass FDP-Chef Lindner vor zehn Tagen sein Wirtschaftspapier präsentiert hatte, "dass er in einer wirtschaftlich dramatischen Lage Vorschläge macht", hält Roth für legitim. Ihm habe jedoch die Brücke zu den Koalitionspartnern gefehlt.
Lindners Wirtschaftspapier als Auslöser des Ampelbruchs
Politikwissenschaftlerin Ursula Münch wurde deutlicher und bezeichnete das Papier einen "Affront". Lindner hatte in seinem Papier eine Wirtschaftswende mit einer "teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen" gefordert.
Der FDP-Chef schlug darin Sofortmaßnahmen wie die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener, einen sofortigen Stopp aller neuen Regulierungen sowie einen Kurswechsel in der Klimapolitik vor. "Da war mir jetzt klar: Das ist der Abgesang und jetzt kommt es auf die Inszenierung an", so Roth. Die Inszenierung folgte am Mittwoch, nur wenige Tage, nachdem das Papier geleakt wurde.
Das Papier war am Ende der Auslöser für den Koalitionsbruch, der in einer emotionalen Scheidungsrede von Olaf Scholz und in gegenseitigen Vorwürfen kulminierte. Scholz warf Lindner Vertrauensbrüche vor, Lindner sprach von Provokation und Kalkül.
Ampel-Regierung: inhaltliche und persönliche Differenzen
Politikwissenschaftlerin Münch sieht zwei Gründe für den Koalitionsbruch: Die Ampel habe sich "inhaltlich auseinandergelebt", "die Schnittmengen sind kleiner geworden und das in einer Zeit knapper Kassen". Aber auch "der persönliche Respekt ist anscheinend abhandengekommen." Auch am Sonntags-Stammtisch ging es darum, wann Neuwahlen stattfinden können.
Zwei Drittel der Bevölkerung sind für schnelle Neuwahlen, wie aus einem aktuellen ARD-DeutschlandTrend hervorgeht. Politikwissenschaftlerin Münch aber warnte: "Wahlen brauchen Zeit, das dauert zunächst einmal". Trotzdem geht Münch davon aus, dass die Wahlen Ende Februar oder Anfang März stattfinden könnten.
Warm anziehen für Winter-Wahlkampf
SPD-Politiker Roth pflichtete ihr bei. Er geht von früheren Neuwahlen aus, sagte aber auch: "Natürlich ist vieles machbar. Aber wir brauchen auch Zeit für einen halbwegs vernünftigen Wahlkampf." Für diesen müsse sich Deutschland "warm anziehen".
Denn eines steht fest: Sommerlich wird der Wahlkampf nicht. "Jetzt frieren wir, jetzt müssen wir das kühle Bier gegen den Glühwein ersetzen." Die Frage, wer sich beim Wahlkampf als SPD-Kanzlerkandidat die Winterjacke zuknöpfen muss – ob Scholz oder doch Verteidigungsminister Boris Pistorius – beantwortete Roth so: "Die SPD will die Wahl mit Olaf Scholz gewinnen. Die Messen sind gelesen."
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