Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat verkündet, dass der Bundestag neu gewählt wird. Er folgte am Freitag erwartungsgemäß einer Bitte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), das Parlament aufzulösen. Als Wahltermin verkündete Steinmeier den 23. Februar 2025. Auf diesen Tag hatten sich die Fraktionsspitzen von SPD und Union bereits geeinigt.
Kanzler Scholz: Vertrauensfrage verloren
In "schwierigen Zeiten" brauche es eine "handlungsfähige Regierung", begründete Steinmeier seine Entscheidung. In seinen Gesprächen mit im Bundestag vertretenen Parteien habe er dafür aber keinen Mehrheiten erkennen können. Deswegen sei er überzeugt, dass zum Wohle Deutschlands Neuwahlen der beste Weg seien.
Scholz hatte am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt, nachdem im November die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach nur rund drei Jahren zerbrochen war. Scholz erhielt für seinen Antrag – wie von ihm beabsichtigt – keine Mehrheit. Er bat daraufhin Steinmeier, den Bundestag aufzulösen, um den Weg für eine Neuwahl freizumachen.
Nach Artikel 68 Grundgesetz kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen, wenn dieser die Vertrauensfrage verliert. Artikel 39 schreibt vor, dass die Neuwahl dann innerhalb von 60 Tagen stattfinden muss.
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Insgesamt dritte Auflösung des Bundestags
Steinmeier ließ sich mit seiner Entscheidung nur elf Tage Zeit. Er führte aber nach der Entscheidung des Bundestags über die Vertrauensfrage zunächst Gespräche mit den Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppen. So wollte er herausfinden, ob es nicht doch noch einen Weg für eine stabile politische Mehrheit im Bundestag gibt.
Dass der Bundestag vorzeitig aufgelöst wird, ist der absolute Ausnahmefall in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Vertrauensfrage von Scholz war erst die sechste seit 1949. In drei Fällen endete anschließend die Wahlperiode vorzeitig. Dies betraf die Kanzler Willy Brandt (SPD) 1972, Helmut Kohl (CDU) 1982 und Gerhard Schröder (SPD) 2005.
Schröder hatte auch schon 2001 die Vertrauensfrage gestellt, aber nicht, um sie zu verlieren. Vielmehr wollte er so seine in Teilen widerspenstige rot-grüne Koalition für die Beteiligung der Bundeswehr am Anti-Terror-Kampf in Afghanistan hinter sich bringen.
Ähnlich disziplinierend war die Vertrauensfrage von Helmut Schmidt (SPD) 1982 angelegt, der damit die Zustimmung der SPD/FDP-Koalition zu seiner Sicherheits- sowie Arbeitsmarktpolitik erzwingen wollte. Beide SPD-Kanzler gewannen die Vertrauensfrage, der Bundestag wurde nicht aufgelöst.
Parteien schon mitten im Wahlkampf
Die Parteien bereiten sich bereits intensiv auf die Neuwahl vor. So wollen zum Beispiel die SPD und die AfD am Wochenende des 11./12. Januar endgültig ihre Kanzlerkandidaten bestimmen und die Wahlprogramme verabschieden. Am 26. Januar halten die Grünen ihren Parteitag ab, am 3. Februar die CDU, am 8. Februar die CSU und am 9. Februar die FDP.
An diesem 9. Februar wird es abends in ARD und ZDF auch das erste Fernsehduell von SPD-Kanzler Scholz und seinem CDU-Herausforderer Friedrich Merz geben. Eine Woche später hat RTL die beiden Kontrahenten ins Fernsehstudio eingeladen. Zur Wahlkampfschlacht dürfte auch die voraussichtlich letzte Sitzung des Bundestags vor der Wahl werden – am 11. Februar trifft man sich zur Generaldebatte.
Laut ARD-DeutschlandTrend liegt die Union klar vorn. Sie hätte sowohl mit der SPD als auch den Grünen eine Mehrheit. Bundespräsident Steinmeier appellierte an die Parteien, den anstehenden Wahlkampf mit fairen und transparenten Mitteln zu führen. Es sei an der Zeit, dass das Problemlösen wieder zum Kerngeschäft der Politik werde, sagte das Staatsoberhaupt. Zuspitzungen und Schärfe seien im Wahlkampf erlaubt, aber er erwarte auch Respekt und Anstand, sagte Steinmeier. Nach der Wahl werde die Kunst des Kompromisses gefragt sein.
Die Bundesregierung bleibt nach geltendem Recht im Amt, bis sich nach der Wahl ein neuer Bundestag konstituiert. Allerdings regiert Scholz mit den Grünen nur noch in einer Minderheitsregierung.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
Im Audio (19.12.24): ARD-DeutschlandTrend - Union hält SPD und Grüne auf Distanz
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