Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) arbeitet schon länger daran, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren. Sein Ministerium prüfe, welche Straftatbestände nicht mehr in die Zeit passten, sagte er schon 2022.
Immer wieder werden Menschen zu Ersatzfreiheitsstrafen verurteilt, weil sie eine vom Gericht verhängte Geldstrafe wegen Schwarzfahrens nicht bezahlt haben. Ziel einer Reform ist es also, die ohnehin schon erheblich belastete Justiz zu entlasten. Doch seitdem scheint das Vorhaben zu stocken.
Schwarzfahren: Wissenschaftler schreiben Brief an Buschmann
Seit November nun liegen Eckpunkte für eine Reform des Strafgesetzbuches vor. Das Fahren ohne gültigen Fahrschein sollte demnach in Zukunft nicht mehr als Straftat behandelt werden, sondern als Ordnungswidrigkeit. Doch das ist aus Sicht einiger Kriminologen und Wissenschaftler zu wenig. Sie haben einen offenen Brief an den Justizminister geschrieben und vorgeschlagen, Schwarzfahren künftig weder als Straftat zu behandeln noch als Ordnungswidrigkeit zu ahnden.
In ihrem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, begründen sie ihren Vorstoß unter anderem damit, dass der Straftatbestand überproportional arme Menschen und solche in prekären Lebenslagen betrifft - etwa Drogenabhängige.
Als Unterstützer des Vorschlags, der von zwei Wissenschaftlerinnen aus Köln und Frankfurt am Main verfasst wurde, sind unter dem Brief unter anderem Christine Graebsch von der Fachhochschule Dortmund, Stefan Harrendorf von der Universität Greifswald, sowie Sonja John von der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit aufgeführt.
Großteil der Bestraften ist arbeitslos
In der Regel müssten beim "Erschleichen von Leistungen" keine Barrieren überwunden werden und der Schaden pro Fahrt ohne gültiges Ticket sei marginal, argumentieren die Verfasserinnen des Briefs an Buschmann. Der Großteil der Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund des Fahrens ohne Fahrschein verbüßten, sei arbeitslos.
Was zudem gegen eine Ordnungswidrigkeit spricht
Lediglich zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen, wie es Buschmann plant, dagegen spricht aus Sicht der Wissenschaftler: Es bestehe dann die Gefahr, "dass Menschen, die sich eine Fahrkarte und folgend das Bußgeld nicht leisten können, über die Erzwingungshaft inhaftiert werden". Zwar könne diese nur angeordnet werden, wenn jemand nicht zahlungsunfähig sei. Dies nachzuweisen sei allerdings für Betroffene, die psychisch und physisch stark belastet seien, kaum zu leisten.
Auch wäre eine Klassifizierung als Ordnungswidrigkeit mit großem Verwaltungsaufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Den Verkehrsunternehmen stehe es frei, bei Nichtzahlung Inkassounternehmen einzuschalten, um das Geld einzutreiben.
Mit Informationen von dpa.
Im Video: Wegen Schwarzfahrens hinter Gitter? (28.05.2022)
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