Kann ein früherer US-Präsident für seine Amtshandlungen belangt werden? Ein US-Gericht hatte diese Frage mit "Ja" beantwortet, Ex-Präsident Donald Trump hält dagegen - und hat erreicht, dass sich nun der Supreme Court, der oberste Gerichtshof der USA, damit beschäftigen wird. Das Gericht erklärte am Mittwoch, es werde sich mit der Frage befassen, "ob und wenn ja, in welchem Umfang ein ehemaliger Präsident Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung für ein Verhalten genießt, das angeblich mit Amtshandlungen während seiner Amtszeit zusammenhängt".
Anhörung im April, Entscheidung im Juni
Das Gericht setzte die Anhörung zu der Frage für den 22. April an. Eine Entscheidung wird im Juni erwartet. Die Richter erklärten zudem, dass im Zuge der Prüfung der ursprünglich für den 4. März angesetzte Prozess gegen Trump wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung im Jahr 2020 vorerst auf Eis gelegt werde. Der von konservativen Richtern dominierte Oberste Gerichtshof, dem drei von Trump ernannte Richter angehören, erklärte, er wolle sich nicht dazu äußern, wie "begründet" diese frühere Entscheidung einer unteren Instanz gewesen sei.
Ein Bundesberufungsgericht hatte Anfang Februar einen entsprechenden Antrag Trumps zurückgewiesen und damit den Weg frei gemacht für einen Prozess wegen der Versuche des Ex-Präsidenten, seine Wahlniederlage gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden im Jahr 2020 nachträglich zu kippen. Die Richter hatten ihre Entscheidung mit den Worten begründet: "Wir können nicht akzeptieren, dass das Präsidentenamt seine ehemaligen Inhaber für alle Zeiten über das Gesetz stellt."
Trump begrüßt die Entscheidung
Trump, der als Favorit für die Kandidatur der Republikaner bei den Präsidentschaftswahlen im November gilt, begrüßte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Ohne Immunität könne ein Präsident "nicht richtig funktionieren oder Entscheidungen im besten Interesse der Vereinigten Staaten von Amerika treffen", erklärte der 77-Jährige auf seiner Online-Plattform Truth Social. "Er darf sich nicht von der Angst vor Vergeltung leiten lassen!"
Cheney: Verzögerung "unterdrückt Beweise"
Die frühere republikanische Abgeordnete und erklärte Trump-Gegnerin Liz Cheney hingegen äußerte sich nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs enttäuscht. Die Verzögerung des Prozesses gegen Trump "unterdrückt wichtige Beweise, die die Amerikaner zu hören verdienen", erklärte Cheney im Onlinedienst X. Schließlich habe Trump versucht, ein Wahlergebnis zu kippen "und die Macht an sich zu reißen", schrieb Cheney. "Unser Justizsystem muss in der Lage sein, ihn vor der nächsten Wahl vor Gericht zu stellen."
Eine Premiere im US-Justizsystem
Die Frage, ob ein ehemaliger US-Präsident immun gegen Strafverfolgung sei, war bislang noch nie Gegenstand der Prüfung durch US-Gerichte. Dass sich ein früherer US-Präsident vor Gericht verantworten muss, ist in der US-Geschichte beispiellos.
Der Dauerbrenner "Trump vor Gericht"
Trump hat derzeit mehrere Probleme mit der Justiz. Fast zeitgleich mit dem Beschluss des Supreme Courts hat ein Gericht in Illinois entschieden, dass der Ex-Präsident wegen seiner Rolle beim Sturm seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 nicht an der Abstimmung teilnehmen dürfe.
Vergangene Woche war er in einem New Yorker Zivilprozess zu einer 350-Millionen-Dollar-Strafe verurteilt worden, weil er zusammen mit seinen Söhnen Donald Junior und Eric über Jahre hinweg die Vermögenswerte des Familien-Immobilienimperiums um Milliardenbeträge künstlich aufgebläht haben soll, um günstige Konditionen von Banken und Versicherungen zu bekommen. Außerdem wurden im vergangenen Jahr vier Strafanklagen gegen Trump erhoben.
Audio: Trump siegt bei Vorwahlen in South Carolina
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