Syrer versammeln sich am 9. Dezember 2024 auf dem Umayyaden-Platz im Herzen von Damaskus, um den Sturz des Assad-Regimes zu feiern.
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Syrer versammeln sich am 9. Dezember 2024 auf dem Umayyaden-Platz im Herzen von Damaskus, um den Sturz des Assad-Regimes zu feiern.

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Syrien: Union fordert Rückkehrplan, Scholz findet dies verfrüht

Syrien: Union fordert Rückkehrplan, Scholz findet dies verfrüht

Die Union fordert von der Bundesregierung eine "Rückkehr-Roadmap". SPD und Grüne halten die Diskussion für verfrüht. Ein Migrationsforscher erwartet keine Rückkehrwelle. Es könnten sogar mehr Syrer nach Deutschland fliehen, sagt ein Menschenrechtler.

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Nach dem Sturz des Machthabers Baschar al-Assad in Syrien hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen zügigen Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge von der Bundesregierung gefordert. "Durch den Wegfall von Fluchtgründen ist in vielen Fällen auch der Wegfall von Aufenthaltsberechtigungen zu erwarten", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und forderte eine "Rückkehr-Roadmap".

CSU: Straftäter und Integrationsunwillige abschieben

Es müsse Reisebeihilfe und Startgeld für diejenigen geben, die freiwillig nach Syrien zurückkehren wollen, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) der "Bild"-Zeitung (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). "Straftäter und Gefährder müssen sofort abgeschoben werden", fuhr Lindholz fort. Vorrangig abgeschoben werden sollen außerdem alle, die "sich nicht integriert haben, also zum Beispiel nach Jahren noch nicht arbeiten".

Nach dem Sturz von Assad haben Deutschland und mehrere andere europäische Länder ihre Asyl-Entscheidungen für Syrerinnen und Syrer vorerst gestoppt. Österreich kündigte hingegen einen Abschiebeplan für syrische Flüchtlinge an.

FDP: Rückführung müsse Top-Priorität werden

Die FDP forderte die Bundesregierung unterdessen auf, schnell mit den neuen Machthabern in Syrien Kontakt aufzunehmen. Die Bundesregierung müsse "darauf hinwirken, dass der Bürgerkrieg dauerhaft endet, keine politische Verfolgung stattfindet und menschenwürdige Zustände im Land herrschen", sagte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann der "Bild"-Zeitung. Wenn es gelinge, könnten hunderttausende Syrer in ihre Heimat zurückkehren. Die Rückführung müsse "eine Top-Priorität der deutschen Außenpolitik sein". Von der AfD und dem BSW kamen direkte Aufforderungen zur Rückkehr.

Scholz hält Rückkehr für verfrüht

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält eine Rückkehr syrischer Geflüchteter für verfrüht. Noch gebe es in dem Land eine "sehr, sehr gefährliche Situation", sagte Scholz am Dienstagabend in den ARD-"Tagesthemen".

Deutschland müsse zusammen mit anderen Staaten alles dafür tun, dass ein demokratisch geführtes Land entsteht, in dem Menschen unterschiedlicher Religionen gut zusammenleben können. "Vielleicht, wenn es gut geht, werden ja viele von sich aus sagen, dass sie am Wiederaufbau ihres Landes mit teilhaben wollen", sagte Scholz. Zuvor hatten mehrere Grünen-Politikerinnen und -Politiker die deutsche Rückkehr-Diskussion kritisiert.

Zum Video: Scholz will sich Lage in Syrien "genau anschauen"

Bundeskanzler Scholz hält eine Rückkehr syrischer Geflüchteter in deren Heimat für verfrüht, sagte Scholz in den ARD-"Tagesthemen".
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Bundeskanzler Scholz hält eine Rückkehr syrischer Geflüchteter in deren Heimat für verfrüht, sagte Scholz in den ARD-"Tagesthemen".

Verdi: Syrische Arbeitskräfte in Deutschland wichtig

Die Gewerkschaft Verdi warnte vor Rückführungen in großem Stil. Verdi-Chef Frank Werneke sagte, diese seien "gegen die Interessen der Menschen und übrigens auch gegen die Interessen der Arbeitswelt, zumindest in Teilen in Deutschland". Syrer arbeiteten etwa im Versandhandel, im Bereich der Zustellung oder in der Pflege. Rund 5.800 syrische Staatsbürger sind als Ärzte tätig. Werneke forderte die Bundesregierung und Europäische Union auf, die Lage genau zu verfolgen. Bei der Bildung einer Übergangsregierung müssten die Volks- und Religionsgruppen berücksichtigt werden.

Migrationsforscher erwartet keine Rückkehrwelle

Nach Einschätzung des Migrationsforschers Jochen Oltmer ist eine größere Rückkehrwelle nicht zu erwarten. Es werde sicher einige Rückkehrwillige geben, wenn sich die Lage in Syrien stabilisieren sollte. "Aber diese Zahl sollte man nicht überschätzen", sagte der Professor an der Universität Osnabrück der "Augsburger Allgemeinen" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) . "Alle Erfahrungen zeigen, dass geflüchtete Menschen sehr viele Bindungen in der Ankunftsgesellschaft entwickeln."

Viele Betroffene seien als Kinder oder junge Erwachsene in die Bundesrepublik gekommen, seien hier zur Schule gegangen, hätten eine Ausbildung gemacht oder sähen die Zukunft ihrer Kinder in Deutschland. Im vergangenen Jahr hätten Syrer fast 40 Prozent der Einbürgerungen ausgemacht.

Menschenrechtler: Mehr Syrier könnten nach Deutschland fliehen

Der Menschenrechtler Kamal Sido warnte, dass bald nicht weniger, sondern mehr Menschen aus Syrien nach Deutschland fliehen könnten. Dazu gehörten auch etwa 200.000 Kurden, die von den Milizen vertrieben worden seien. Sie stammten aus Afrin und seien im Norden Aleppo untergebracht gewesen. "Viele von ihnen werden nach Deutschland kommen, weil sie hier bereits Verwandte haben", sagte Sido, der selbst muslimischer Kurde ist. Sido sieht die Lage als zunehmend gefährlich an. Es gebe immer mehr Berichte über Misshandlungen von Minderheiten durch Angehörige der nun regierenden islamistischen Miliz.

Mit Material der Nachrichtenagenturen

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