Die Polizei stuft das nach dem mutmaßlichen Anschlag auf die Stromversorgung nahe dem Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide bei Berlin veröffentlichte Bekennerschreiben als echt ein. Die Mitteilung der Gruppe Vulkangruppe Tesla abschalten sei "authentisch", teilte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums in Potsdam mit. Die Ermittlungen liefen weiter "in alle Richtungen". Weitere Angaben zum Stand machte die Sprecherin nicht.
Das Bekennerschreiben: Sabotage wegen "Ausbeutungsbedingungen" und Umweltzerstörung
Die Gruppe hatte auf der linksextremistischen Internetplattform Indymedia erklärt: "Wir haben heute Tesla sabotiert." Sie forderte eine "Zerstörung der Gigafactory" und warf dem US-Elektroautobauer "extreme Ausbeutungsbedingungen" und eine Verseuchung des Grundwassers in der Region südöstlich von Berlin vor.
Tesla will neben dem bereits bestehenden 300 Hektar großen Werksgelände auf zusätzlichen rund 170 Hektar einen Güterbahnhof, Lagerhallen sowie einen Betriebskindergarten errichten. Dafür sollen mehr als hundert Hektar Wald in einem Landschaftsschutzgebiet gerodet werden.
Musk: "extrem dumm"
Tesla-Chef Elon Musk hat angesichts des Produktionsstopps seiner Fabrik in Grünheide wegen eines Stromausfalls auf den mutmaßlichen Anschlag reagiert. "Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben", schrieb Musk auf Englisch auf dem Portal X. "Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm." Dabei schrieb der Tesla-Chef die Wörter "extrem dumm" auf Deutsch.
Ein Stromausfall infolge eines brennenden Strommasts in Ostbrandenburg hatte zuvor die einzige europäische Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin lahmgelegt. Die Ermittler gehen von Brandstiftung aus und prüfen auch ein Bekennerschreiben. Die linksextremistisch eingestufte "Vulkangruppe" hatte sich zuvor in einer Mail zu einem Anschlag auf die Stromversorgung bekannt. Sie wirft Tesla "extreme Ausbeutungsbedingungen" vor.
Habeck und Faeser verurteilen den Anschlag
Auch die Politik reagiert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke verurteilte den Anschlag ebenso wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit und Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist", erklärte Faeser. "Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg, dass in der linksextremistischen Szene vor Angriffen auf kritische Energieinfrastrukturen nicht zurückgeschreckt wird."
Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Das "Verbrechen" müsse aufgeklärt werden. Die Demonstrationsfreiheit sei ein hohes Gut. Demonstrationen müssten die Regierungen im Bund und in den Ländern aushalten - die politische Debatte in Deutschland dürfe aber nicht abrutschen, so Habeck am Flughafen Berlin Brandenburg vor seinem Abflug in die USA. Ausdrücklich sprach er sich gegen Gewalt gegen Sachen und gegen die Gefährdung von Menschen aus.
Besserer Schutz der Infrastruktur in Planung
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wies darauf hin, dass man an gesetzlichen Vorgaben arbeite, wie die kritische Infrastruktur besser geschützt werden kann. Darüber hinaus sei es erstmal die Pflicht der Netzbetreiber, die Sicherheit ihrer Anlagen zu gewährleisten. Ein Umspannwerk oder ein Kraftwerk sei sicher einfacher zu schützen als ein Strommast, der auf einem freien Feld stehe. "Aber auch deshalb wollen wir Mindeststandards gesetzlich festschreiben", fügte er hinzu.
Waldstück-Besetzer: "Wir gefährden keine Menschenleben"
Auch die Besetzer eines Waldstücks nahe der Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide verurteilten den mutmaßlichen Anschlag auf einen Hochspannungsmast in der Nähe ihres Camps. Zuvor hatte es Spekulationen über einen möglichen Zusammenhang gegeben.
Die Umweltaktivisten der Initiative "Tesla Stoppen" erklärten daraufhin, sie stellten sich mit ihren Baumhäusern der Erweiterung der Fabrik entgegen. "Dabei gefährden wir keine Menschenleben", betonte die Initiative. Auch die Umweltorganisation Robin Wood, die die Waldbesetzer unterstützt, wies Mutmaßungen über einen Zusammenhang zwischen ihren Aktivitäten und dem Brand entschieden zurück.
Münchner Aktivistin: "Guter Tag für unsere Umwelt"
Die Münchner Klimaaktivistin Lisa Pöttinger äußerte bei X Verständnis für den Brandanschlag. "Mir tut es leid, dass private Haushalte in Mitleidenschaft gezogen wurden", schrieb sie. Doch jeder Tag des Tesla-Produktionsstopps sei "ein guter Tag für unsere Umwelt und unser Wasser – und damit für alle". Pöttinger ergänzte: "Wieder wird der Terrorismusbegriff ausgepackt – nur nicht für tödliche Misthaufen."
Tesla-Werksleiter: Unklar, wann Produktion wieder startet
Unterdessen rechnet Tesla wegen des Produktionsstopps mit wirtschaftlichen Schäden im hohen neunstelligen Bereich. Das teilte Tesla-Werksleiter André Thierig mit. Man gehe von einer mehrtägigen Unterbrechung der Stromversorgung aus. Es sei unklar, wann die Produktion wieder aufgenommen werde.
Mit Informationen von dpa und AFP
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