Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht sich für eine Unternehmenssteuerreform aus. "Auch ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist", sagte Habeck der "Welt am Sonntag". "Genau deshalb sollten wir überlegen, wie wir zum Beispiel Steuererleichterungen, Steueranreize für Investitionen in der Perspektive finanzieren, um die Kräfte wirklich zu entfesseln."
Unternehmenssteuerreform: "Extrem enge finanzielle Spielräume"
Es gebe leider "extrem enge finanzielle Spielräume" bei Bund, Ländern und Kommunen. "Und ja, wir werden sicherlich sparen müssen, auch beim Haushalt 2025", sagte der Minister.
Habeck reagierte damit auf Kritik von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an seinem Vorschlag, ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung von Firmen zu schaffen. Lindner hatte der "Welt am Sonntag" gesagt, Habecks Idee sei "in jeder Hinsicht überraschend" gewesen. "Der Wirtschaftsminister sagt damit ja, dass er mit der bestehenden Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unzufrieden ist und er etwas komplett anderes für nötig hält."
Lindner hält "Wirtschaftswende" ebenfalls für nötig
Lindner machte deutlich, dass auch er eine "Wirtschaftswende" für notwendig halte und deshalb bereit sei, "das Diskussionsangebot" von Habeck anzunehmen. Vom konkreten Vorschlag sei er jedoch nicht überzeugt, "Hunderte Milliarden Euro Schulden zu machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen".
Der FDP-Chef forderte stattdessen unter anderem "ein Dynamisierungspaket, um private Investitionen, Gründergeist und Wettbewerbsfähigkeit zu entfesseln". Zudem brauche es mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt, etwa durch weniger Bürokratie, und ein Klimaschutzgesetz, "das die planwirtschaftlichen Vorgaben überwindet". Außerdem forderte Lindner eine Energiepolitik, "die sich vor allem auf Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Preise konzentriert".
FDP begrüßt Habecks Vorstoß
Habeck sagte nun: "Ich bin da bei Christian Lindner: Wir müssen mehr tun für Wachstum und wirtschaftliche Dynamik. Ich arbeite deshalb gern mit Christian Lindner an einem Dynamisierungspaket." Er habe dafür gerade erst Vorschläge in die "gemeinsame Regierungsarbeit" eingebracht.
Der Koalitionspartner FDP begrüßte Habecks Vorstoß. "Eine Reform der hohen Unternehmenssteuern ist eine der wichtigsten Aufgaben, um die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen", erklärte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. Aus Sicht der FDP sei es "immer sehr viel erfolgversprechender, Wachstumsimpulse über Steuersenkungen statt über Subventionen zu setzen".
Bayern möchte besonders energieintensive Unternehmen entlasten
Vor allem Unternehmen, die viel Energie benötigen, müssten entlastet werden, heißt es in Bayern. Denn gerade die hohen Energiekosten würden es der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich schwer machen. Deutschland verliere den Anschluss.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte zu BR24: "Niedrigere Energiepreise, niedrigere Steuern für alle und ganz wichtig ein schlankerer Staat, auch eben durch eine Reduktion des Bürgergeldes. Das wären die Lösungen, um schnell die Mittelstandswirtschaft wieder voranzubringen."
Habeck will zur Finanzierung nicht beim Bürgergeld sparen
Habeck dagegen lehnt es ab, zur Finanzierung auch beim Bürgergeld zu sparen. Zwar gebe es wenig finanziellen Spielraum, "aber wenn wir wirklich Wucht entfalten wollen, um mit den USA mitzuhalten, geht das nicht mit einer Nullrunde beim Bürgergeld". Damit spielt Habeck darauf an, dass Lindner fordert, das Bürgergeld Ende 2024 nicht zu erhöhen.
Industrie fordert Steuern auf "international üblichem Niveau"
Habeck schwenkt mit seiner Bereitschaft zu einer Steuerreform auf die Forderungen vieler Wirtschaftsvertreter ein. "Unsere klare Priorität ist ein besseres Investitions- und Wachstumsklima durch Unternehmenssteuern, die wieder auf ein europäisch und international übliches Niveau gesenkt werden, von dem wir derzeit weit entfernt sind", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner der "Welt am Sonntag".
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, begrüßte Habecks Ankündigung. "Die Bundesregierung sollte eine Reform der Unternehmensbesteuerung als ein wichtiges Element ihrer wirtschaftspolitischen Standortpolitik und Investitionsförderung verstehen", sagte Adrian der "Welt". Er sehe ein wettbewerbsfähiges Steuerniveau nicht bei 30 Prozent, sondern bei "25 Prozent oder darunter".
Union signalisierte Unterstützung
Auch die oppositionelle Union signalisierte Unterstützung. "Endlich erkennt der Wirtschaftsminister die unverhältnismäßig hohen Belastungen der deutschen Unternehmen an", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), dem "Handelsblatt". Die Abwanderung ins Ausland, die bei vielen Firmen zu beobachten sei, müsse "durch eine spürbare Unternehmenssteuerreform gestoppt werden".
Mit Informationen von AFP und dpa
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