Polizist, Rettungssanitäter und Fan vor EM Stadion
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Polizist, Rettungssanitäter und Fan vor EM Stadion

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Euro 2024: UEFA kassiert, Staat zahlt

Auch wenn Deutschland nicht den EM-Titel geholt hat, war das Turnier ein großer Erfolg. Geld verdient hat aber nur die UEFA. Die Kosten für Sicherheit und Infrastruktur zahlt der Staat – wie immer. Eine Bilanz.

In der 119. Minute hat der spanische Torschütze Mikel Merino zum 2:1 im Viertelfinale gegen Deutschland den Traum vom "Sommermärchen 2.0" zerschossen. Ein Dämpfer, nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Sportgroßereignisse wie die Europameisterschaft "steigern die Konsumlaune der Verbraucher", weiß der Bayerische Einzelhandelsverband. Regelmäßig klettere der Absatz von TV-Geräten, Beamern, Sport- und sogar Grillartikeln nach oben.

Doch auch wenn Deutschland bis ins Finale gekommen wäre und die Kauflaune noch ein paar Tage länger angehalten hätte, das große Geschäft bei einer EM macht nicht die heimische Wirtschaft.

UEFA peilt Gewinn von mehr als 1,7 Mrd. Euro an

Die UEFA, der Europäische Fußballdachverband und Ausrichter der Europameisterschaft, wird dieses Jahr nach eigenen Angaben den wohl größten Gewinn bei einer EM machen: mehr als 1,7 Mrd. Euro. Einnahmen aus dem Verkauf von Medienrechten, Sponsoringverträgen und Tickethandel lassen die Kassen sprudeln.

Aber was ist mit den Kosten für Polizei und Rettungsdienste, die Infrastruktur in den Städten und rund um die Stadien und Fanfeste? Das meiste davon bezahlt der Staat, also die Steuerzahler.

Innenminister: Kosten für Polizei "nicht bezifferbar"

Sicherheit ist Aufgabe des Staates und kostet sehr viel. Während der Fußballeuropameisterschaft waren in Bayern laut Innenministerium knapp 38.000 Polizeibeamte im Einsatz. "Die finanziellen Aufwendungen der Bayerischen Polizei für die Fußballeuropameisterschaft sind nicht bezifferbar", so das Ministerium.

Es gibt allerdings Vergleiche: Die Stadt Bremen streitet seit Jahren mit der Deutschen Fußball Liga darüber, wer die Kosten für Hochrisikospiele übernehmen soll, also Spiele mit erhöhtem Sicherheitsbedarf und mehr Polizisten. Das Urteil dazu am Bundesverfassungsgericht wird dieses Jahr erwartet. Im Kern geht es um die Forderung der Stadt von rund 415.000 Euro pro Spiel.

Im Video: Was hat uns die EM gekostet?

Aufwandsentschädigung für Rettungsdienst

Und es gibt noch einen Vergleich: das Deutsche Rote Kreuz. Allein in Bayern waren während der EM mehr als tausend Sanitäterinnen und Sanitäter des BRK im Einsatz und leisteten mehr als 10.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit.

Die von der UEFA gegründete EURO 2024 GmbH zahlt dafür eine Aufwandsentschädigung. Der Betrag ist geheim, aber offenbar ist die Summe groß genug, dass das BRK eine absolut positive EM-Bilanz zieht. Einsätze wie dieser seien ein absolutes Highlight und die beste Werbung für das Ehrenamt, so das BRK auf BR24 Nachfrage.

München: 20 Tonnen Müll

München, Host City, war ein Hotspot des Turniers. Mehr als 600.000 Menschen kamen allein in die sogenannten Fanzones, freut sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Wir hatten voll belegte Hotels und jeder Taxifahrer hat sich gefreut", schwärmt Reiter. Doch nicht nur Taxifahrer hatten viel zu tun, sondern auch die Müllabfuhr.

An den sechs Spieltagen mussten knapp 20 Tonnen Müll weggebracht werden, nur auf dem Marienplatz und der Theresienwiese, schreibt die städtische Straßenreinigung. Daneben die großen Public-Viewing-Veranstaltungen, die München kostenlos angeboten hatte. Ca. 21 Millionen Euro hat München insgesamt für die EM ausgegeben. "Natürlich ist es kein Geschäft für uns als Stadt", gibt Reiter zu. Aber das sei auch nicht die Absicht gewesen, die EM sei "ein Event, das jeden Euro wert ist, für den Imagewert dieser Stadt ist es eigentlich unbezahlbar".

Keine echte Wertschöpfung

Reiter spricht außerdem von einer "Umwegrentabilität" für die Wirtschaft in der Landeshauptstadt von 150 Mio. Euro – so bezeichnet man den wirtschaftlichen Nutzen, der indirekt durch eine Veranstaltung entsteht. Die hohe Wertschöpfung ist ein oft gehörtes Argument für Großsportereignisse. Der Bayerische Handelsverband spricht von "schätzungsweise fast 200 Millionen Euro Umsatz durch EM-Effekte", ergänzt aber sogleich: "Von einer EM-Euphorie kann jedoch keine Rede sein".

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA ist sogar noch verhaltener. Es komme immer zu Verdrängungseffekten und die Umsätze stiegen nicht automatisch, sagt Landesgeschäftsführer Thomas Geppert im BR24 Interview. Die EM habe "ein bisschen was von dem schlechten Wetter in der Außengastronomie kompensiert". Noch deutlicher bringt es die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft auf den Tisch und schreibt BR24: "Auf das Gesamtjahr gesehen sind durch die EM keine relevanten gesamtwirtschaftlichen Effekte zu erwarten."

UEFA zahlt kaum Steuern

Auch die zu erwartenden Steuereinnahmen durch die UEFA halten sich im Rahmen. Diese hat mit der Bundesregierung eine Absprache auf Steuererleichterungen getroffen. Auf eine Anfrage der ARD-Sportschau schreibt die UEFA: "Der im Zusammenhang mit der EURO 2024 voraussichtlich zu leistende Steuerbetrag von der UEFA und deren Tochtergesellschaften in Deutschland wird auf 65 Millionen Euro geschätzt". Bei dem selbst prognostizierten Gewinn von mehr als 1,7 Mrd. Euro entspräche das einem Steuersatz von rund 3,8 %.

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