Angesichts des Ukraine-Krieges ist sie zur Mangelware geworden: Artilleriemunition vom Kaliber 155 Millimeter. Die Produktionskapazitäten in den Ukraine-Partnerländern reichen bei weitem nicht aus, um den Bedarf in dem angegriffenen Land zu decken und gleichzeitig die eigenen Bestände stabil zu halten. In Deutschland produziert der Rüstungskonzern Rheinmetall diese Geschosse – in seiner Fabrik im niedersächsischen Unterlüß. Die Bundesregierung will eine zweite Fertigungslinie im eigenen Land, um die Produktionssicherheit zu gewährleisten.
Auch deshalb will das Verteidigungsministerium in den nächsten Jahren 2,3 Millionen Granaten bei einem Konsortium aus dem deutschen Rüstungsunternehmen Diehl Defence und der norwegischen Firma Nammo Raufoss kaufen. Mit dem Auftrag verbunden ist der Aufbau einer Fertigungslinie für die Granaten in Deutschland. Gesamtvolumen des Deals: Rund 15 Milliarden Euro. In einer ersten Tranche sollen 200.000 Granaten fix bestellt werden. Die Geschosse können unter anderem von der Panzerhaubitze 2000 verschossen werden, die die Bundeswehr selbst nutzt und von der sie auch Exemplare an die ukrainische Armee abgegeben hat.
Politik will Signal an Industrie senden
Mit der Finanzierung des Geschäfts wird sich nun der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages beschäftigen. Der fränkische SPD-Abgeordnete und Haushaltspolitiker Andreas Schwarz hält den Munitionskauf für notwendig. Es sei wichtig, zwei Produktionsstränge zu haben, sagte Schwarz BR24. Der Munitionskauf ist für den SPD-Politiker ein "klares Zeichen an die Industrie, dass wir zusammenstehen". Finanziert wird der Großauftrag auch aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr.
Auch Flugabwehr auf Kaufliste
Den Ausschuss beschäftigen noch weitere Kaufwünsche aus dem Verteidigungsministerium. Beschafft werden sollen für die Bundeswehr auch vier Flugabwehr-Systeme vom Typ Patriot. In der Vorlage für den Haushaltsausschuss, die BR24 vorliegt, wird der Gesamtwert des Auftrages auf rund 1,3 Milliarden Euro beziffert. Geliefert werden sollen die Patriot-Systeme in den nächsten rund sechs Jahren. Die Mittel dafür sind bisher nicht vollständig im Haushalt hinterlegt.
"Kreativer Finanzierungsweg"
Damit der Auftrag trotzdem erteilt werden kann, soll für einen Teil der benötigten Summe eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung des Bundes erteilt werden. Der Staat garantiert der Industrie also, dass sie ihr Geld bekommt, auch wenn die Haushaltsmittel konkret noch nicht eingeplant sind. Das sei "im Moment die einzige Lösung, um die Beschaffung nicht zum Erliegen zu bringen", sagt SPD-Haushälter Andreas Schwarz. Deshalb müsse man "diesen sehr kreativen Finanzierungsweg gehen, wissend, dass das in Zukunft für Herausforderungen sorgen wird." Die Bedrohungslage und die Haushaltssituation zwinge die Politik zu diesem Schritt, betont Schwarz.
Dobrindt: Normaler Vorgang
Die Ampelparteien zeigen sich für die Einkaufspläne der Bundeswehr aufgeschlossen. Auch aus der Opposition wird vorab Zustimmung in Aussicht gestellt. Es gehe darum, im Sicherheitsbereich notwendige Maßnahmen zu ergreifen, sagte der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, BR24. Die Beschaffungen, um die es gehe, seien über mehrere Jahre angelegt und deshalb brauche es die entsprechenden Verpflichtungsermächtigungen, erklärte Dobrindt. Das sei der normale technische Vorgang.
Auch Panzerkauf geplant
Diese Praxis könnte auch eine Rolle spielen, wenn sich die Bundestagshaushälter mit einem geplanten Panzer-Großeinkauf beschäftigen. Die Bundeswehr will insgesamt 105 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A8 beschaffen. Geliefert werden, sollen sie vom Rüstungskonzern KNDS, zu dem der deutsche Panzerbauer KMW mit Sitz in München gehört. Auch die Finanzierung des Panzerkaufs in Höhe von rund 3 Milliarden Euro muss in Teilen möglicherweise mit Verpflichtungsermächtigungen abgesichert werden.
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