Archivbild: Hubert Aiwanger und Florian Herrmann
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Bürgerbegehren: Herrmann beruhigt, Aiwanger zieht rote Linie

Das bayerische Kabinett hat den von Ministerpräsident Söder angekündigten Runden Tisch zu Bürgerbegehren beschlossen. Staatskanzleichef Herrmann betont die Notwendigkeit neuer Regeln, Wirtschaftsminister Aiwanger zieht derweil eine rote Linie.

Knapp drei Wochen nach der Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in seiner Regierungserklärung hat das bayerische Kabinett die Einsetzung eines Runden Tisches zur "Weiterentwicklung von Bürgerentscheiden" beschlossen. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betonte in München, Ziel sei ein "vernünftiger Austausch ohne ideologische Scheuklappen" über die Frage, wie man Allgemeinwohl und Partikularinteressen neu austarieren könne.

Es gebe "viele gute Beispiele aus der Praxis", die zeigten, dass dies notwendig sei, sagte der CSU-Politiker. Zum Beispiel, wenn überörtlich relevante Infrastrukturprojekte aufgrund individueller Interessen vor Ort verhindert würden. An dem Runden Tisch unter der Leitung von Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) sollen sich Herrmann zufolge der Landtag, kommunale Spitzenverbände, Wirtschafts- und Umweltverbände und auch der Verein "Mehr Demokratie" beteiligen. Noch diese Woche will Herrmann mit Beckstein Details besprechen. Ziel sei: "Bis Ende des Jahres soll etwas Substanzielles auf dem Tisch liegen."

Staatskanzleichef beklagt "unterkomplexe" Vorwürfe

Der Staatskanzleichef verwahrte sich zugleich gegen "wohlfeile, aber doch unterkomplexe" Vorwürfe, es gehe um weniger Demokratie. "Natürlich nicht", betonte er. "Wir sind selber tief überzeugt von der wichtigen Funktion von plebiszitären Elementen auf der Landesebene und auf der kommunalen Ebene." Bayern sei hier Vorreiter in Deutschland.

Söder hatte Mitte Juni beklagt, manche Vorhaben in Bayern würden "von den Bürgern selbst gern gebremst". Direkte Demokratie sei zwar ein hohes Gut, allerdings habe Bayern viel weitergehende Regelungen als alle anderen Bundesländer. Es gebe "Veränderungs-, Diskussions- und Verbesserungsbedarf". Insbesondere Grüne und SPD warnten daraufhin vor einer Beschneidung der direkten Demokratie im Freistaat, die ÖDP drohte mit einem Volksbegehren. Kritik kam auch von Umweltverbänden.

"Mehr Demokratie" weist Söders Darstellung zurück

Der Verein "Mehr Demokratie in Bayern" wies Söders Darstellung zurück, direkte Demokratie werde zunehmend "als Blockade" gegen den Bau von Windrädern eingesetzt. Laut einer Auswertung des Vereins gab es im vergangenen Jahr 112 Bürger- und Ratsbegehren - nur 14 davon hätten Klima- oder Energiewendeprojekte betroffen (ohne die beiden Abstimmungen über die BMW-Batteriefabrik in Niederbayern).

Die langjährige Statistik zeige, dass von den klimaschutzbezogenen direkt-demokratischen Verfahren seit 2013 nur ein Drittel eine bremsende Absicht gehabt habe. Und von diesem Drittel wiederum sei die Hälfte erfolgreich gewesen. "Fünf Sechstel der Verfahren bremsten den Klimaschutz also nicht."

Aiwanger: Weniger Demokratie "darf nicht rauskommen"

Mit Blick auf Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners, der Freien Wähler, betonte Staatskanzleichef Herrmann nach der Kabinettssitzung: Der Runde Tisch sei im Ministerrat einstimmig beschlossen worden. "Mein Eindruck war, da gab es auch nie Dissens darüber."

Vize-Ministerpräsident und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigte sich bei der Pressekonferenz zwar offen für Diskussionen darüber, wie sich Dinge modernisieren oder anpassen lassen. Zugleich erneuerte er allerdings öffentlich seine Bedenken, die er vor einer Woche erstmals im BR24-Interview geäußert hatte. Auf Nachfrage von Journalisten stellte Aiwanger klar: "Generell zu sagen, wir wollen weniger Demokratie, das darf nicht rauskommen und wird auch nicht rauskommen." Eine Reduzierung der Bürgerbeteiligung würden die Freien Wähler "auf alle Fälle nicht mittragen".

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