In den letzten 50 Jahren ist die Zahl der auf der Erde lebenden Wirbeltier-Populationen weltweit um 73 Prozent zurückgegangen. Das geht aus dem gerade veröffentlichten "Living Planet Report 2024" (externer Link) der Umweltstiftung WWF und der Zoologischen Gesellschaft London hervor. Darin sind Daten zu mehr als 5.500 Wirbeltierarten enthalten.
- Zum Überblick: Reformen bei den Öffentlich-Rechtlichen: Was ist geplant?
Am dramatischsten schrumpfen die Wildtierbestände demnach in den Süßwasser-Ökosystemen (85 Prozent), an Land liegt der Schwund bei 69 Prozent und in den Ökosystemen der Meere bei 56 Prozent. Besonders stark ist der Rückgang in Lateinamerika und der Karibik (95 Prozent), gefolgt von Afrika (76 Prozent) und der Asien-Pazifik-Region (60 Prozent). In Europa, Zentralasien und Nordamerika sei der Rückgang der Wildtierbestände weniger dramatisch als in anderen Teilen der Welt.
Artensterben: Mensch ist alleinige Ursache
Laut dem Bericht ist der Mensch für sämtliche Ursachen beim Artensterben verantwortlich. Dazu gehören der Rückgang der natürlichen Lebensräume, die Umweltverschmutzung und die menschengemachte Klimakrise. Der Mensch zerstöre dabei auch seine eigenen Lebensgrundlagen, sagt WWF-Vorständin Kathrin Samson: "Unsere Gesundheit, unsere Lebensmittelversorgung, unser Zugang zu sauberem Wasser, die Stabilität der Wirtschaft und erträgliche Temperaturen sind abhängig von intakten Ökosystemen und gesunden Wildtierbeständen."
Ein paar Beispiele: Zu den Verlierern gehören etwa der Atlantische Kabeljau in Nordatlantik und westlicher Ostsee (Rückgang zwischen 2000 und 2023 um 77 Prozent), die Amazonas-Flussdelfine oder die der Tucuxi-Delfine im brasilianischen Mamirauá-Schutzgebiet (Rückgang von 1996 bis 2016 um 65 Prozent bzw. 75 Prozent). Auch die Bestände der bedrohten Lederschildkröte (siehe Titelbild) in ihren Nistgebieten im Westpazifik sind um rund 80 Prozent geschrumpft.
Auch wenige gute Nachrichten
Einige Tierarten haben auch von Artenschutzprogrammen profitiert. Zum Beispiel der Wisent, der in der Natur bereits ausgestorben war und heute wieder 6.800 Tiere zählt. Eine leichte Verbesserung gibt es auch bei den stark bedrohten Berggorillas im Virunga-Bergmassiv in Afrika (Erholung um 3 Prozent zwischen 2010 und 2016).
Man kann den Rückgang oder das Verschwinden ganzer Arten bedauern. Schlimmer sei jedoch, dass damit die Stabilität ganzer Ökosysteme in Gefahr ist, weil die Tiere voneinander abhängen und ein natürliches Gleichgewicht brauchen. Unumkehrbare Kipppunkte stünden hier dicht bevor, sagt WWF-Vorständin Kathrin Samson.
WWF: Wir können noch handeln
Deswegen seien die nächsten fünf Jahre entscheidend für die Zukunft des Lebens auf der Erde. "Noch können wir das Ruder herumreißen und den Verlust der biologischen Vielfalt aufhalten. Dafür muss aber die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft schneller gehen", so Samson.
Es sei dringend nötig, den Flächenraubbau an der Natur zu stoppen, Flächen zu renaturieren, schädliche Subventionen zu beseitigen, Umweltverschmutzung und die Ausbreitung invasiver Arten zu vermeiden sowie eine nachhaltige, zukunftsfähige Wirtschaftsweise voranzutreiben. Dazu gehöre auch, weniger Lebensmittel zu verschwenden.
WWF-Generaldirektorin Kirsten Schuijt bezeichnete das Gesamtbild zwar als "unglaublich besorgniserregend". Die gute Nachricht sei jedoch, dass der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gebe, noch nicht überschritten sei.
Mit Informationen von dpa, epd und AFP
Im Video: Wespen und Wölfe - Kampf gegen Artensterben
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!