Eigentlich standen die Zeichen auf Aufbruch. Nach der Insolvenz der alten Lach- und Schießgesellschaft war sie im vergangenen Sommer neu gegründet worden, mit neuen Köpfen. Die angestammte Bühne, der sogenannte "Laden" in München Schwabing, sollte saniert werden, um in frischem Glanz und mit verändertem Gastrokonzept wiederzuerstehen. Und Anfang des Jahres feierte das Haus-Ensemble mit neuem Programm "Abgespeckt" erfolgreich Premiere, wegen des Umbaus im Laden allerdings im "Exil“, im Silbersaal des Deutschen Theaters. Nun aber sickerte durch, was erst in ein paar Wochen hätte publik werden sollen: Schon wieder wirft einer vorzeitig das Handtuch. Geschäftsführer Christian Schultz scheidet zum Monatsende aus, auf eigenen Wunsch.
Mit dem Abgang von Schultz geht die Kabarett-Kompetenz verloren
Christian Schultz ist nicht nur Geschäftsführer, sondern vor allem auch Booker, also derjenige im Team, der fürs Programm sorgt und Künstlerinnen und Künstler bucht. Das bedeutet zum einen, Kabarettisten zu engagieren, die unter dem Dach der Lach- und Schieß spielen, und zum anderen, das eigene Ensemble an andere Spielstätten zu vermitteln, um über die Gastspieltätigkeit Einnahmen zu generieren. Denn an ausreichendem Eigenkapital fehlt es nach wie vor. Weshalb Schultz seinen Job – eigenem Bekunden zufolge – ehrenamtlich gemacht hat. Offenbar hat er daher schon vor Monaten intern darauf hingewiesen, dass das auf Dauer kein tragbarer Zustand sei. Da aber auch in absehbarer Zeit kaum Besserung zu erwarten war, hat Schultz nun für sich die Reißleine gezogen. Damit steht die Lach- und Schießgesellschaft vorerst ohne künstlerische Leitung und Kompetenz da.
Nachfolger dringend gesucht
Münchens Ex-Oberbürgermeister Christian Ude, prominentester Kopf in der aktuellen Gesellschafter-Konstellation, und Mitgesellschafter Ulrich Spandau müssen nun schleunigst Ersatz für Schultz finden, der vor seinem Engagement für die Lach- und Schieß in verschiedenen Jobs in der Kabarettszene unterwegs und entsprechend gut vernetzt war. Christian Ude macht zwar selbst Kabarett, fürs operative Tagesgeschäft dürfte er aber kaum infrage kommen. Auch Ulrich Spandau, gewissermaßen der "Finanzminister" in der Führungsriege, sieht sich nicht als Programmplaner. Damit der mühsam wieder angeworfene Motor des Münchner Kult-Kabaretts nicht sofort abermals ins Stottern gerät, wird es einiger Mühe bedürfen. Kurzum: Auf den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Schultz wartet viel Arbeit bei vorerst geringen Verdienstaussichten.
Auch der Förderverein ist noch kein durchschlagender Erfolg
Spricht man mit Christian Ude über die aktuelle Lage, bekommt man den Eindruck, die oder der Neue stehe praktisch schon im Startloch. Laut Ude ist man bereits fündig geworden. Man werde noch im März den Namen bekannt geben. Ulrich Spandau dagegen klingt deutlich verhaltener und berichtet von "erfolgversprechenden Gesprächen", unterschriftsreif indes sei noch nichts. Auch was den Förderverein "Die Ladenhüter" betrifft, den Ude aus der Taufe gehoben hat, um Spendengelder aufzutun, scheint es nicht so prächtig voranzugehen, wie dessen Gründer das gern darstellt. Ude berichtet von mittlerweile rund fünfzig Mitgliedern. Andere sagen hinter vorgehaltener Hand, es seien bestenfalls halb so viele. So oder so, an einer breiten Unterstützerfront, die ordentlich Geld in den Laden pumpt, scheint es nach wie vor zu fehlen.
Wiedereröffnung des Ladens frühestens im Herbst
Zu allem Übel geht es auch im Laden nicht recht voran. Ursprünglich war eine Wiedereröffnung im Mai angedacht. Doch davon redet längst niemand mehr. Die Hoffnungen richten sich nun auf den Herbst. Ungewiss bleibt aber auch das. Der Umbau zieht sich hin.
Anders als vorher, als der Laden nur abends, parallel zu Kabarettveranstaltungen, gastronomisch bewirtschaftet wurde, soll er nun ganztägig als Restaurant betrieben werden. Dazu wurden unter anderem die seit Jahrzehnten verrammelten Fenster wieder freigelegt. Ein Gastronom, der nicht zur Lach- und Schießgesellschaft gehört, wurde bereits gefunden. Das war von Ude und Co. auch gewollt. So kann man sich künftig aufs Kerngeschäft Kabarett konzentrieren, ohne auch noch Wirt spielen zu müssen.
Der Spielbetrieb ist abhängig vom neuen Gastronomen
Das Problem dabei: Die Lach- und Schieß ist nicht mehr Herr im eigenen Haus. "Wir sind fremdbestimmt!", räumt Ulrich Spandau ein. Künftig ist die Lach- und Schieß darauf angewiesen, dass das neue Restaurant von einem Gastronomen betrieben wird, der ihr die Bühne für Kabarettveranstaltungen überlässt. Immerhin, derzeit gibt es eine Nutzungsvereinbarung mit der Zusage für vier Spieltermine pro Woche. Trotzdem sind noch viele Fragen offen. Ungeklärt ist zum Beispiel, ob die Restauranttische für Kabarettveranstaltungen beiseite gestellt werden dürfen zugunsten einer Reihenbestuhlung, die für mehr Publikum Platz bieten und damit auch für deutlich mehr Eintrittsgelder sorgen würde. Ein für heute geplantes Gespräch zwischen Ulrich Spandau und dem künftigen Gastronomen, um die Bereitschaft für ein solches Entgegenkommen auszuloten, scheint dem Vernehmen nach vorerst geplatzt zu sein. Dass höhere Einnahmen aber dringend benötigt werden, zeigt nicht zuletzt der aktuelle Abgang von Christian Schultz, der erklärt, dass er eigentlich gern weiter für die Lach- und Schießgesellschaft tätig gewesen – wenn es nur die finanzielle Situation erlaubt hätte.
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