Das Wildbad in Rothenburg ob der Tauber
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Einst Badhaus, aktuell noch Tagungsstätte, bald ein reiner Übernachtungsbetrieb? Das Wildbad in Rothenburg ob der Tauber.

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Kirche auf Sparkurs: Tagungsstätte Wildbad soll schließen

Die evangelische Kirche verliert Mitglieder und damit Steuereinnahmen. Um handlungsfähig zu bleiben, will sie sparen. Mehrere Tagungshäuser in Bayern stehen auf dem Prüfstand. Fest steht: Das Wildbad in Rothenburg o. d. T. soll geschlossen werden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

"Es trifft mich persönlich emotional sehr," sagt Wolfgang Schuhmacher. Dann stockt seine Stimme. Pause. Der Leiter der Tagungsstätte Wildbad ringt um Worte, seine Augen werden glasig. Dann erzählt er von Menschen, die am Rande der Kirche stehen oder die gar nicht in der Kirche sind – die aber Suchende sind. Schuhmacher erzählt, dass in Seminaren im Wildbad den Menschen bei der Suche nach dem Sinn des Lebens geholfen werde.

Doch damit ist nun Schluss: Ab 2026 will die evangelische Landeskirche kein Geld mehr für das Haus in Rothenburg ob der Tauber ausgegeben. "Das Wildbad soll zeitnah geschlossen und verkauft werden", lautet der schriftliche Beschluss des Landeskirchenrats.

Immenser Sparkurs der evangelischen Landeskirche

Die evangelische Kirche in Bayern muss sparen. Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt seit Jahren und damit die Steuereinnahmen. Nach Ansicht des neuen Landesbischofs Christian Kopp wird sich die evangelische Kirche auf deutliche Einschnitte einstellen müssen. Das bestätigte er auch am Montag beim aktuell laufenden Herbsttreffen der Landessynode in Amberg, wo er konkret zu den Tagungs- und Pfarrhäusern Stellung bezog:

"Wir müssen darüber diskutieren, wie viele Häuser eine kleiner werdende Kirche braucht.“ Landesbischof Christian Kopp

Die Sparmaßnahmen der evangelischen Landeskirche Bayern dürften in den kommenden Monaten immens sein: Patrick de La Lanne, Finanzchef Landeskirche Bayern, erklärte im Gespräch mit BR24: "Bis 2030 müssen 189 Millionen Euro eingespart werden in allen Bereichen, auch im Personal. Das wird ein harter Weg werden."

"Das ist etwas, was mich zutiefst kränkt"

Auch die 38 Beschäftigten im Wildbad in Rothenburg ob der Tauber stehen vor einer ungewissen Zukunft. Mehr als 40 Jahre lang war das Wildbad eine Tagungsstätte: "Bibel und Yoga", "Pilgern und Achtsamkeit" – so heißen die Projekte, die das Wildbad anbietet.

Für den Leiter der Tagungsstätte Wolfgang Schuhmacher sind das alles mehr als nur Seminare. "Wenn Menschen sehen: Kirche ist an diesem Ort doch ganz anders als ich gedacht habe, dann ist etwas sehr Wesentliches erreicht", erklärt der Leiter der Tagungsstätte. Dass diese Dinge im Wildbad wegfallen, "das ist etwas, was mich zutiefst kränkt und das ist etwas, was mich zutiefst enttäuscht".

"Perle am Hang des Taubertals" soll verkauft werden

Auch bei der Stadt Rothenburg ob der Tauber kann man die Schließung der Tagungsstätte – über die schon vor Jahren spekuliert worden war – nicht nachvollziehen, erklärt Oberbürgermeister Markus Naser (FRV). Mit Ausstellungen sei das Wildbad auch im Kunstbereich ganz besonders engagiert gewesen und habe seit vielen Jahren hervorragende Arbeit in diesem Bereich geleistet. "Dass das alles von Seiten der Kirche nicht mehr wertgeschätzt wird, ist wirklich unglaublich schade."

Für den Oberbürgermeister von Rothenburg ob der Tauber ist die Schließung des Wildbads eine Folge von Sparmaßnahmen. Immer weniger Kirchenmitglieder sorgen für immer weniger Kirchensteuer. Naser spricht in dem Fall sogar von einer Bankrotterklärung der evangelischen Kirche in Bayern.

Immerhin: Aus städtischer Sicht hat Oberbürgermeister Naser Hoffnungen für die Zukunft des Wildbads. "Ich habe jetzt nicht die Befürchtung, dass das Wildbad lange leer stehen wird. Ich glaube eher, dass sich da sehr schnell Interessenten finden, die sagen: Das ist so eine Perle, wie sie da unten am Hang des Taubertals steht." Geht es nach dem Oberbürgermeister der Stadt Rothenburg ob der Tauber, könnte das Wildbad nach der nun geplanten Schließung ab dem Jahr 2026 ein reiner Übernachtungsbetrieb werden. Naser gehe davon aus, dass es Hoteliers sein könnten, die sich für das Wildbad interessieren könnten.

Ideenschmiede will drohende Schließung verhindern

Gleichzeitig hoffen einige Beteiligte, dass die Schließung doch noch verhindert werden kann. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat der sogenannte Beirat des Wildbads Rothenburg zusammen mit Lokalpolitik, regionalen Kirchenvertretern und weiteren Personen eine Ideenschmiede ins Leben gerufen, um die drohende Schließung der Tagungsstätte Ende 2025 doch noch zu verhindern. "Die Nachricht, dass die Landeskirche nicht mehr für den Unterhalt des Wildbads aufkommen wird, ist ein schwerer Schlag für alle Mitarbeitenden, die kirchliche Landschaft und die Region", sagte die Rothenburger Dekanin Jutta Holzheuer am Dienstag. Gleichzeitig komme das Aus nicht unerwartet, die Einrichtung ist seit Jahren defizitär.

Holzheuer sagte, die Ideenschmiede soll "in den verbleibenden zwei Jahren ein Konzept entwickeln, wie das Wildbad auf eigene finanzielle Füße gestellt werden kann". Die Rothenburger Dekanin ist dabei aber durchaus realistisch: "Ein schwieriges Unterfangen, da dies ohne hohe Investitionen nicht möglich sein wird." Doch das Wildbad besitze "erhebliches Entwicklungspotenzial", einen großen Rückhalt vor Ort und sei außerdem "jeden Versuch wert, als kirchennahes Haus gerettet zu werden". An der Ideenschmiede - die sich als "Thinktank" für das Wildbad versteht - will sich auch der Ansbacher Dekan Matthias Büttner beteiligen, hieß es.

Wildbad: Vom Badehaus zur Tagungsstätte

Im 15. Jahrhundert errichtet, diente das Wildbad lange Zeit als Badehaus. In den 1980er Jahren hatten sich dann die Landeskirche, das Diakoniewerk Neuendettelsau und acht westmittelfränkische Dekanate zusammengeschlossen – für den damals neuen Trägerverein Wildbad. 1983 wurde der Tagungsbetrieb aufgenommen. Sieben Jahre später wurde das Wildbad eine "Landeskirchliche Einrichtung" und war der direkten Leitung des Landeskirchenamtes unterstellt.

Tagungsraum des Wildbads Rothenburg.
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Kürzung der Fördergelder: Wildbad Rothenburg muss schließen

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