Drei Junge Frauen in schwarz mit Textblättern in der Hand
Bildrechte: Residenztheater München
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Weltbühne Salon Spezial: Slavic Girl

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"Slavic Girl": So fühlt sich ukrainisches Leben im Exil an

"Slavic Girl": So fühlt sich ukrainisches Leben im Exil an

Was bedeutet es für junge Menschen aus der Ukraine bei uns im Exil zu leben? Das Bühnenstück "Slavic Girl" des ukrainischen Regisseurs Oleksandr Seredin geht dieser Frage derzeit auf der "Welt/Bühne" im Münchner Residenztheater nach.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Sie sind Schauspielerinnen. Denn in der Tat: Sie könnten ja schließlich alle möglichen Rollen spielen, wenn man sie nur ließe. Nur, wegen ihrer Herkunft werden sie hierzulande vor allem als "Slavic Girls" wahrgenommen. Als junge Frauen aus der Ukraine. Als Geflüchtete.

Was die vier Protagonistinnen im Stück "Slavic Girl" des Dramatikers und Regisseurs Oleksandr Seredin schildern, ist eine Erfahrung, die sich auf viele ukrainische Kunstschaffende im Exil beziehen lässt. "Wenn das Publikum einen ukrainischen Autorennamen liest", erzählt Seredin, "erwartet es automatisch ein Kriegsstück. Bis zu einem gewissen Grad ist das okay für mich, denn immerhin spüre ich bei den Menschen in Deutschland ein ehrliches Interesse an dem, was die Ukraine gerade durchmacht."

""Sie wissen gar nicht, was Krieg bedeutet"

Eine Schublade, in die man gesteckt wird, bleibt es aber dennoch, wenn man in erster Linie als geflüchteter Künstler wahrgenommen wird, und nicht einfach nur als Künstler, unabhängig von Flucht- und Kriegserfahrung. Oleksandr Seredin reibt sich an dieser verengenden Identitätszuschreibung und thematisiert seine Herkunft doch auch selbst.

Eine zwiespältige Erfahrung. Zwiespältig auch deshalb, weil der Grad zwischen echtem und voyeuristischem Publikumsinteresse mitunter schmal ist, wie Lisa Moskalenko bestätigt, eine der vier Darstellerinnen in "Slavic Girl": "Das Gefühl habe ich, ja. Aber ich glaube, dass es normal ist, weil die Menschen, die alles nur aus den Nachrichten kennen, wissen gar nicht, was Krieg bedeutet."

Schubladendenken ist weit verbreitet

Lisa Moskalenko stand kurz vor dem Abschluss der Schauspielschule in Kiew, als Putins Truppen die Ukraine überfielen. Sie kam schon bald nach Kriegsbeginn nach Deutschland, wo sie Aufnahme in der Exil-Klasse fand, die die Bayerische Theaterakademie August Everding in München umgehend eingerichtet hatte. Dort begann Moskalenko noch einmal von vorn mit der Ausbildung. Oleksandr Seredin wiederum, Jahrgang 1991, vor Kriegsbeginn Hausregisseur am Puschkin-Theater in Charkiw, floh im Sommer 2022 und ist nun Writer-in-Residence am Münchner Residenztheater.

Sein erstes Stück, das im Exil entstand, war ein breit angelegtes Panorama über den Alltag im Krieg. Inzwischen hat sich sein thematischer Fokus verschoben, erzählt er: "Viele der ukrainischen Theatermacher im Exil fragen sich, ob sie überhaupt noch das Recht haben, über den Krieg zu schreiben, wo sie doch nun hier leben. Darum habe ich mich inzwischen darauf verlegt, darüber zu schreiben, wie es den Ukrainern hier geht. Damit kenne ich mich gerade besser aus, weil ich jetzt ja ebenfalls hier lebe, und nicht mehr in der Ukraine."

Auf die Rolle der Kriegstraumatisierten festgelegt zu werden, ist für manche Ukrainer im Exil nicht nur eine zu einseitige Sicht auf sie, sondern schlichtweg falsch, ganz einfach, weil ihnen die unmittelbare Kriegserfahrung dank rechtzeitiger Flucht erspart geblieben ist. Oleksandr Seredin selbst allerdings hat tatsächlich Raketenangriffe und -einschläge miterlebt. Lisa Moskalenko kennt den Krieg gleichfalls aus eigener Anschauung: "Ich fahre manchmal in die Ukraine. Ich empfinde Wut, weil alle so tun, als ob gar nichts passiert, weil sie es sich nicht vorstellen können."

Wut, Ärger und ein schlechtes Gewissen

Zur ohnmächtigen Wut darüber, dass das Leben in Deutschland nach dem Schock der ersten Kriegsmonate einfach so, weitgehend normal weiterläuft, obwohl die Katastrophe in der Ukraine andauert – zu diesem deprimierenden Gefühl, berichtet Oleksandr Seredin, kommt bei vielen Exil-Ukrainern auch noch das schlechte Gewissen, selbst in Sicherheit zu leben, während die eigenen Landsleute, Freunde und Familie, unvermindertem Leid ausgesetzt sind. 

Dieses permanente Wechselbad der Gefühle ist für Seredin ein wesentlicher Grund, weshalb er weiterhin über den Krieg schreibt. Dafür, dass er nicht verdrängt oder vergessen wird, nimmt Seredin es auch in Kauf, eine Zeitlang als Künstler auf seine Herkunft reduziert zu werden: "Vom Krieg zu erzählen, sagt er, ist gerade meine Mission. Und wenn es meinem Land nützt, wieso sollte ich es sein lassen?"

"Slavic Girl" von Oleksandr Seredin feiert am 24.2. Premiere im Münchner Residenztheater.

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