Rückblick: Am Weltfrauentag verteilen Mitarbeitende der IG Metall rote Rosen an die Mitarbeiterinnen von BMZ in Karlstein am Main (Lkr. Aschaffenburg). Ein massiver Stellenabbau beim Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien steht im Raum. Wenig später verkündet das Unternehmen, bald mit dem Bau von Natrium-Ionen-Batterien in Serie gehen zu wollen. Die BMZ Group gilt als einer der größten Batteriehersteller Europas. Geht es dem Unternehmen nun schlecht oder nicht?
IG Metall befürchtet Stellenabbau von 20 Prozent
Wie viele Stellen tatsächlich abgebaut werden sollen, ist unklar. Zahlen zwischen 14 und 160 stehen im Raum. "Laut dem 16.11. wurde durch den CEO BMZ Germany bekannt gegeben: 20 Prozent in allen Abteilungen. Bei knapp 800 Mitarbeitern sind das 160 Mitarbeiter", sagt Betriebsrat Steffen Geier. Das Arbeitsgericht Aschaffenburg hat kürzlich eine Entlassungssperre verhängt, so lange bis die Verhandlungen zum Interessenausgleich abgeschlossen sind. Christoph Curs von der IG Metall unterstützt den Betriebsrat bei den Verhandlungen, die im Januar begonnen haben. Er spricht von zwei Realitäten. Von der, die im Betrieb stattfindet und der, die nach außen kommuniziert wird.
BMZ-Unternehmensleitung: "Wandel statt Jobs abbauen"
Die BMZ Gruppe beschäftigt weltweit 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Hälfte in Deutschland. Das Herz des Unternehmens schlägt nach wie vor in Karlstein im Landkreis Aschaffenburg. Hier muss BMZ Germany nun Stellen abbauen, ein Grund ist die Automatisierung, erklärt CEO Sven Bauer: "Na klar müssen wir automatisieren, müssen wir Schritte gehen, sonst sind wir tot, sonst überleben wir das nicht. Wir müssen auf die Änderungen im Markt reagieren. Das heißt aber nicht Jobs abbauen, sondern es ist ein Wandel, das ist ein ganz großer Unterschied für mich." Sven Bauer gilt als Pionier der Lithium-Ionen-Technologie und ist immer noch Hauptanteilseigner der BMZ Gruppe.
Dass der Geschäftsführer von BMZ Germany von zu vielen Jobs am Standort in Karlstein gesprochen hat, sei richtig – aber unglücklich formuliert. Denn auch, wenn BMZ Germany Stellen streichen muss, Tochterfirmen wiederum hätten Bedarf, hier in der Region, sogar direkt am Standort. So die Kion Battery Systems (KBS), an der die BMZ 50 Prozent hält und die am Standort Karlstein Akkus für Linde-Gabelstapler in Aschaffenburg baut.
Ob und inwieweit KI und Automatisierung künftig weitere Arbeitsplätze kosten könnten, ist unklar. Parallel dazu würden aber in anderen Bereichen wie Forschung, Entwicklung und Marketing neue Jobs entstehen. Bauer betont: "Wir müssen noch weiter rein in die Wertschöpfungskette." Deutschland könne vor allem auf dem Gebiet des Services punkten. Ein Beispiel: Im E-Bike-Geschäft will BMZ einen kundenorientierten Vor-Ort-Service anbieten.
Flexibilität von Mitarbeitern gefordert
Sven Bauer betont, es gebe viele Optionen für BMZ-Mitarbeitende in Unterfranken – wenn sie bereit sind zu einer Tochtergesellschaft zu wechseln oder umzuschulen: "Für die, die der Automatisierung zum Opfer fallen, fragen wir: Möchtest Du bei KBS anfangen, möchtest Du bei dem anderen Tochterunternehmen B30 anfangen, kannst du Dir das oder das vorstellen? Wenn aber einer sagt, nein, ich kann mir gar nichts vorstellen, außer das, was ich die letzten 20 Jahre gemacht habe, dann wird es blöd."
BMZ rechnet mit Wachstum – bei Mitarbeitern und Umsatz
2021 beschäftigte die deutsche BMZ-Gruppe 806 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 2024 sollen es 1.250 sein. Auf Nachfrage von BR24 teilt das Unternehmen mit, dass der Umsatz alleine in Deutschland 2021 bei 310 Millionen Euro lag, für 2024 werden 649 Millionen Euro Umsatz erwartet. "In den letzten Jahren sind wir jedes Jahr um 20 Prozent gewachsen", sagt Sven Bauer.
Generell habe die gesamte BMZ Group in den letzten Jahren bereits mehrfach ein hohes gesellschaftliches Engagement rund um Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen und den Fortbestand regionaler Unternehmen bewiesen. Bauer hat viele Unternehmen gehalten, die vor dem Aus standen und sie inzwischen als Tochtergesellschaften in die BMZ-Gruppe integriert – etwa die APA GmbH in Alzenau, Schütz Kunststofftechnik GmbH in Großwallstadt oder Visatronic GmbH in Mainhausen.
Ab 2025 Serienproduktion von Natrium-Ionen-Batterien
Die BMZ Group habe über fünf Millionen Euro in die Ausstattung der Unternehmen mit neuesten Technologien investiert. Damit seien diese zukunftssicher aufgestellt, was über 200 Arbeitsplätze abgesichert sowie zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen habe. Eine neue Rolle wird künftig auch die Produktion von Natrium-Ionen-Batterien spielen, die im Sommer 2025 in Serie gehen sollen. Die Natrium-Ionen-Zellentechnologie sei im Vergleich sicherer, da Natrium weniger reaktionsfreudig als Lithium ist und kaum zur Kurzschlussgefahr neigt. Hinzu komme die höhere Verfügbarkeit und damit größere Umweltfreundlichkeit, weil auf seltene sowie toxische oder schwer zu gewinnende Materialien verzichtet werden kann.
Dennoch werde man die Produktion von Lithium-Ionen Batterien nicht aufgeben. In einer Mitteilung von BMZ heißt es: "Aufgrund der hervorragenden Energiedichte wird die BMZ Group auch weiterhin Batteriezellen und Batterien basierend auf Lithium-Ionen-Technologie herstellen. Die Lithium-Ionen-Technologie bleibt wegweisend für alle Anwendungen, bei denen der Platzbedarf der Batterie ein kritischer Faktor ist."
Fast die Hälfte ihres Gewinns investiert die BMZ Gruppe nach eigenen Angaben in Forschung und Entwicklung. BMZ Group CEO & Founder Sven Bauer betont: "Die Natrium-Ionen-Technologie bietet uns und unseren Kunden einzigartige neue Möglichkeiten sowie exponentiell wachsendes Marktpotential und wir freuen uns darauf, gemeinsam neue Wege zu gehen. Das bedeutet nicht, dass wir gewohnte Pfade verlassen werden. Als Pioniere der Lithium-Ionen-Batterietechnologie haben wir Batteriegeschichte geschrieben und schätzen auch weiterhin ihre unübertroffene Energiedichte."
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