Die Schuldenkrise beim größten deutschen Agrarhändler Baywa hat in diesem Sommer spürbare Auswirkungen: Etliche besorgte Landwirte vor allem im Süden Deutschlands weichen auf andere Abnehmer für ihre Getreideernte aus. Bei privaten Agrarhändlern gehen in diesem Sommer zahlreiche Anfragen von Landwirten ein, die einen Käufer oder ein Lagerhaus für ihre Ernte suchen. Ähnliches ist aus dem Umfeld der Agrargenossenschaften zu hören.
Bauern suchen andere Käufer für die Ernte
"Die Probleme der Baywa haben Auswirkungen auf die ganze Branche", sagt Michael Osterholzer, Geschäftsführer des gleichnamigen Agrarhandels Osterholzer in der niederbayerischen Gemeinde Massing. "Erstmals haben wir an einem Standort Getreide abgelehnt, weil wir keinen Platz mehr haben. Das liegt aber nicht allein an der Baywa." Denn viele Bauern haben nach wie vor Getreide aus der Ernte 2023 eingelagert.
Die Baywa kauft insbesondere in ihren bayerischen Kerngebieten und in den neuen Bundesländern einen beträchtlichen Teil der Ernte an. Exakte Zahlen gibt es nicht, doch nach grober Schätzung eines führenden Fachmanns könnte der Marktanteil im heimischen Bayern bei etwa 40 Prozent liegen.
Finanzkrise der Baywa sorgt für Unsicherheit
Doch die Baywa leidet unter drückenden Finanzschulden in Höhe von über fünf Milliarden Euro. Hauptproblem ist die hohe Belastung durch die Kreditzinsen, allein im ersten Quartal dieses Jahres waren es fast 100 Millionen Euro. Die Baywa hat den Landwirten zugesichert, dass das notwendige Geld für die Bezahlung der Ernte bereitstehe. Es sind auch keine Zahlungsausfälle oder -verzögerungen bekanntgeworden.
"Die Problematik Baywa kurz vor der Ernte hat zu einiger Verwirrung und Unsicherheit geführt", sagt Bernd Zehner, Leiter des Agrarhandels der mittelständischen Zehner Gruppe im unterfränkischen Bad Königshofen. "Es sind ja nicht nur die Landwirte betroffen, sondern auch alle anderen Marktteilnehmer, die in den verschiedenen Vermarktungsketten beteiligt sind."
Finanzspritzen und Sanierungsplan in Vorbereitung
Eine Insolvenz der Baywa gilt in der Agrarbranche eben wegen ihrer großen Bedeutung als quasi ausgeschlossen. Die beiden Hauptaktionäre haben Finanzspritzen zugesagt, ein gemeinsames Hilfspaket in dreistelliger Millionenhöhe in Kooperation mit den kreditgebenden Banken ist in Vorbereitung.
Voraussichtlich Mitte bis Ende September wird es größere Klarheit geben. Bis dahin sollte der genaue Umfang des Hilfspakets bekannt sein. Außerdem soll dann ein Sanierungsgutachten vorlegen, und der Vorstand will die Geschäftszahlen des ersten Halbjahres veröffentlichen.
Mit Information der dpa
Audio: Wie die Baywa aus der Krise kommen soll
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