Deutschland und Bayern kommen beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nicht so schnell voran, wie es eigentlich nötig wäre. Derzeit hinke man "meilenweit hinterher", sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bei der Eröffnung des Wasserstoffgipfels "Hydrogen Dialogue" am Mittwoch in Nürnberg.
Verzögerung Problem für Wasserstoff-Branche
Laut Veronika Grimm, die auch im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung sitzt, ist diese Verzögerung auch für viele in der Branche engagierte Unternehmen ein Problem. Damit einzelne Geschäftsmodelle tatsächlich tragen, brauche es oftmals eine ganze Wertschöpfungskette, so Grimm.
Ob der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft für die Geschäftskonzepte von Unternehmen noch rechtzeitig erfolgt, stehe "in den Sternen". Grimm warnte außerdem, dass Deutschland eine "Abwanderung der energieintensiven Industrie beobachten" werde, wenn der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nicht bald gelinge.
Wahl Donald Trumps als Ansporn?
Um die Industrie mit ausreichendem Wasserstoff versorgen zu können, sieht die Wirtschaftsweise in erster Linie die neue Bundesregierung und die EU-Kommission in der Pflicht. Es brauche nicht nur Geld, sondern auch "großes politisches Commitment".
Die geopolitische Lage mit der erneuten Wahl Donald Trumps in den USA und dem sich zuspitzenden Konflikt der Vereinigten Staaten mit China sieht Grimm nicht als Problem, sondern eher als Ansporn. Das "sollte uns eigentlich fokussierter machen, den Hochlauf der Wasserstoffindustrie tatsächlich zu schaffen", so Grimm.
Wirtschaftsweise plädiert für Wasserstoff-Agentur
Von Förderprogrammen hält die Wirtschaftsweise allerdings nichts. Das sei oftmals sehr aufwändig für die Unternehmen, und der Wasserstoff sei dann auch "in dem Förderprogramm gebunden". Zielführender sei es beispielsweise, wenn der Staat etwa eine Agentur gründet, um damit "Wasserstoff in großen Volumina zu beschaffen", um den Energieträger dann über ein wettbewerbliches Verfahren an abnehmende Unternehmen zu verkaufen.
Aiwanger sieht Bayern auf dem richtigen Weg
Deutlich positiver beurteilt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Zwar gebe es "Pioniere", die sich eine schnellere Entwicklung gewünscht hätten, aber er sei "sehr glücklich darüber, was sich die letzten Jahre entwickelt hat", sagte Aiwanger und ergänzte, dass es "immer mehr Anwendungsbereiche" für Wasserstoff gebe.
Der Wirtschaftsminister verwies auf das kürzlich beschlossene "Wasserstoffkernnetz" mit 10.000 Kilometern Länge in Deutschland und 1.000 Kilometern Leitungslänge in Bayern. Außerdem plane beispielsweise der Autobauer BMW, ab 2028 mit einem Wasserstoffauto in Serie zu gehen.
Mit Wasserstoff zu mehr Widerstandsfähigkeit
Hubert Aiwanger sieht im Wasserstoff aber nicht nur die "einzige Chance zu dekarbonisieren, ohne die Industrie kaputtzumachen". Auch wenn Deutschland seinen Bedarf an Wasserstoff nicht selbst werde decken können, biete sich die Möglichkeit, unabhängiger zu werden.
Anders als bei Öl und Gas gebe es eine Vielzahl von Ländern, die als Lieferanten von Wasserstoff infrage kommen. Das ist Aiwanger zufolge auch ein Grund dafür, auf Wasserstoff als Treibstoff für Pkw zu setzen. Bei batteriebetriebenen E-Autos sei Deutschland von China komplett abhängig. Wasserstoff hingegen bietet nach Einschätzung des Wirtschaftsministers die Möglichkeit, resilienter zu werden.
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