Nach eineinhalb Jahren Funkstille, in denen Edeka wegen zu hoher Preisforderungen keine Mars-Produkte mehr bestellt hat, dürften bald wieder erste Waren des Konzerns Mars in den Edeka-Regalen stehen. Wie beide Unternehmen bestätigen, startet Edeka zunächst mit der Wiedereinführung der Airwaves-Kaugummis. Andere Produkte wie Whiskas- oder Frolic-Tiernahrung könnten noch etwas länger auf sich warten lassen. Edeka begründete das gegenüber dem Handelsblatt damit, dass nach einem so langen Lieferstopp erstmal die Produktion bei Mars wieder hochgefahren werden müsse.
- Zum Artikel: Kampf um den Preis - Welche Macht haben Rewe und Edeka?
Supermarkt-Kundschaft hat das Nachsehen
Wenn zwei sich streiten, dann freut sich der Dritte, heißt es normalerweise. Bei den vielen Streits zwischen Lebensmittelkonzernen und den Einzelhändlern ist das aber eindeutig nicht so. Denn die Kundschaft hat bei den Kämpfen um die besten Preise eigentlich in jedem Fall das Nachsehen. Entscheidet sich die Supermarktkette dafür, das Produkt nicht mehr zu bestellen, müssen die Kundinnen und Kunden notgedrungen darauf verzichten.
Entscheidet die Kette sich, die angehobenen Preisforderungen anzunehmen und an die Kundschaft weiterzugeben, dann steigen die Preise, teilweise enorm. Kellogg‘s-Cornflakes beispielsweise verteuerten sich im vergangenen Jahr um 43 Prozent innerhalb von nur fünf Wochen: Von 2,79 Euro auf 3,99 Euro je Packung. Deshalb haben sich so gut wie alle großen Supermarktketten dazu entschlossen, den Hersteller Kellanova auszulisten.
Fehlende Produkte verändern Einkaufsverhalten
Rewe und Edeka werden deshalb bis heute nicht mehr von Kellogg’s beliefert. Edeka ging sogar noch einen Schritt weiter und verlangte Schadenersatz. Dieser Streit ist noch nicht ausgestanden. Beim ifo-Institut in München befasst sich Patrick Höppner wissenschaftlich mit dem Einzelhandel. Er sagt, dass der jahrelange Konfrontationskurs insgesamt zu einer Zerfaserung führe, insbesondere beim Konsumverhalten der Kundschaft.
Denn eigentlich sollen gerade bekannte Markenprodukte als "Anker" oder "Leuchtturm" funktionieren. Die gestresste Mutter aus der Großstadt beispielsweise weiß, dass daheim das Ketchup ausgegangen ist. Sie rennt noch schnell in den Supermarkt, schnappt sich eine Flasche Heinz-Ketchup und denkt dann: "Und was gibt’s dazu?" Also holt sie noch schnell eine Packung Nürnberger Würstchen und einmal Kartoffelbrei aus der Tüte – und hoffentlich noch eine gesunde Gurke – und hat so um den Ketchup herum ihren "Einkauf gestaltet".
Kunden kaufen immer häufiger Handelsmarken
Wenn nun aber diese Leuchttürme immer öfter fehlen, dann geht dieses Konzept nicht auf und noch eine andere Dynamik entsteht: Die Kundschaft greift vermehrt zu den Eigenmarken der Supermärkte. Das wiederum schwächt die Macht der Konzerne. Denn die Händler können sowohl auf ihre eigenen Produkte als auch auf deren tatsächliche Mehrkosten verweisen, da sie die Kalkulation ja ziemlich genau kennen.
Das scheint auch zunehmend zu geschehen, schätzt Patrick Höppner vom ifo-Institut. "Vergangenes Jahr haben wir einen Peak bei den Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten erlebt", erklärt er. Damals gaben noch fast dreiviertel aller Lebensmittelhändler an, sie müssten mit Lieferengpässen leben. Dieses Jahr im Januar war es nur noch ein Viertel.
Deshalb kommt er zu dem Schluss: "Was jetzt nicht geliefert werden kann, ist aufgrund der künstlich herbeigeführten Situation nicht lieferbar." Sprich: Nicht die fehlenden Rohstoffe sind der Grund, sondern die fehlende Bereitschaft der Hersteller, einst angehobene Preise wieder zu senken.
Ist die Kundschaft schon entwöhnt?
Zurück zu den Mars-Produkten in den Regalen von Edeka. Da sind nicht nur die berühmten Kassenprodukte – auch Quengelware genannt – wie Mars-Riegel, Kaugummis oder M&M’s. Auch weiter hinten im Laden dürften sich Regalreihen verändern. Tiernahrung für Hunde und Katzen, die beliebten Celebrations-Mischungen und Reis von Uncle Ben’s sollen zurückkommen.
Eine Blitzumfrage bei einem Münchener Edeka hat allerdings ergeben: Die Kundschaft ist unbeeindruckt von der künftigen Mehr-Auswahl. "Mir ist das egal", sagt eine Frau im Vorbeigehen. "Ich esse sowas eh nicht."
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