In dieser Woche hat ein Bericht der Bundesregierung erneut gezeigt: Die soziale Pflegeversicherung steht vor großen Herausforderungen. Private Versicherer bieten deshalb Policen, um die gesetzlich festgelegten Leistungen zu ergänzen. Der Markt ist allerdings unübersichtlich. Was muss man also wissen und worauf muss man achten?
Warum gibt es private Pflege-Policen?
Die soziale Pflegeversicherung solle keine "Erben-Schutzversicherung" sein und keine "Vollkasko-Versicherung", so hieß es seit ihrer Einführung vor 30 Jahren immer wieder. Das heißt: Wer einen Pflegegrad anerkannt bekommt, erhält oft nicht die vollen Kosten ausgeglichen, die seine Pflege mit sich bringt. Üblicherweise wird ein Eigenanteil fällig, der beträchtlich sein kann.
Das gilt für gesetzlich Versicherte ebenso wie für Privatversicherte. Denn für beide Gruppen gelten im Wesentlichen die gleichen Regeln für die soziale Pflegeversicherung, auch wenn sie über verschiedene Träger versichert sind: Auf der einen Seite die Pflegekassen der gesetzlichen Krankenversicherung, auf der anderen die Pflege-Bereiche der privaten Krankenversicherer. Das heißt: Für Privatversicherte stellen sich beim Thema Pflegekosten oftmals die gleichen Fragen wie für gesetzlich Versicherte.
Für diejenigen, die eine mögliche "Pflege-Lücke" nicht nur etwa aus ihrer Rente oder ihrem Vermögen begleichen wollen, hat die private Versicherungswirtschaft eine Vielfalt von Pflege-Zusatzpolicen entwickelt. Nach Angaben des Branchenverbandes wurden bislang rund drei Millionen entsprechende Verträge abgeschlossen.
Welche Angebote gibt es bei der Pflegezusatzversicherung?
Die privaten Pflegepolicen verteilen sich auf drei verschiedene Grund-Angebote: Bei der Tagegeld-Versicherung zahlt der Versicherer dem Kunden pro Tag eine bestimmte Summe, wenn er pflegebedürftig ist. Das Geld ist zur freien Verfügung, es muss also nicht zwingend für Pflegedienste oder eine stationäre Einrichtung ausgegeben werden. Ähnlich funktionieren Pflege-Rentenversicherungen: Hier fließt eine bestimmte monatliche Summe.
Daneben gibt es Pflegekosten-Versicherungen, die einen Teil der Ausgaben übernehmen, die die Versicherten wegen ihrer Pflegebedürftigkeit haben. Die entsprechenden Kosten müssen nachgewiesen werden.
Gibt es Versicherungstarife mit staatlicher Förderung?
Unter dem früheren FDP-Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, der inzwischen im Vorstand der Allianz Privaten Krankenversicherung arbeitet, wurde ein staatlich gefördertes Angebot für private Pflege-Policen entwickelt. Diese Art von Policen werden deswegen auch unter dem Namen "Pflege-Bahr" angeboten, ähnlich wie die nach dem früheren Arbeitsminister Walter Riester benannte "Riester-Rente". Beim "Pflege-Bahr" erhalten Kunden einen staatlichen Zuschuss von derzeit bis zu fünf Euro pro Monat. Gesundheitsfragen, wie sie bei anderen Policen üblich sind, entfallen.
Was empfehlen Verbraucherschützer?
Verbraucherschutzorganisationen sind zurückhaltend, wenn es um private Pflege-Zusatzversicherungen geht. Die Verbraucherzentralen (externer Link) betonen, der Abschluss einer privaten Pflegepolice müsse gut überlegt sein. Die Prämien sind oft beträchtlich. Wer beispielsweise mit etwa 50 Jahren eine Police abschließt, kann schnell mit rund 1.000 Euro Prämie pro Jahr dabei sein. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die Prämien in nächster Zeit im Schnitt steigen. Die Prämien fließen in der Regel viele Jahre oder Jahrzehnte. Das Geld wird nicht zurückgezahlt, wenn der Versicherte seine Police kündigt.
Die Verbraucherzentralen raten deshalb: Wichtig sei es, zunächst zu prüfen, ob eigenes Vermögen oder Einkünfte, etwa aus Renten oder Pensionen, nicht ausreichen, um Pflege-Lücken zu schließen. Es gebe bei der Frage, wie hilfreich eine private Pflege-Police sein kann, viele Unwägbarkeiten, betonen die Verbraucherzentralen.
Auch das von der Bundesregierung betriebene Nationale Gesundheitsportal (externer Link) hat einen Katalog von Fragen und Kriterien aufgelistet, die potenzielle Kunden abwägen sollten, bevor sie eine Police abschließen. Die Empfehlungen des Regierungs-Portals sind mit der Verbraucherzentrale Hessen abgestimmt.
Die Stiftung Warentest (externer Link) hat sich insgesamt 27 Pflege-Tagegeldtarife genauer angeschaut und aufgelistet, welche Vor- und Nachteile potenzielle Kunden haben und was sie beachten sollten. Auch Warentest betont dabei vor allem eines: Vor dem Abschluss einer privaten Pflege-Police sollten Interessenten sich Zeit nehmen, um genau zu prüfen, was für sie sinnvoll sein könnte, und wie viel Geld sie möglicherweise jahrzehntelang ausgeben wollen und können.
Der Bund der Versicherten (externer Link) hält private Pflege-Zusatzpolicen vor allem für Ehepaare und eheähnliche Lebensgemeinschaften oft für eine sinnvolle Absicherung. Dabei weist der BdV darauf hin, dass in Ehen und Lebensgemeinschaften der eine Partner üblicherweise für finanzielle Notlagen des anderen Partners einspringen muss. Das gilt auch für hohe Pflegekosten. Eine private Pflegepolice könne hier möglicherweise eine Absicherung schaffen, erklärt der BdV.
Was passiert, wenn ich Pflegekosten nicht tragen kann und keine Zusatzpolice habe?
Wenn die eigenen Bezüge und eigenes Vermögen von Pflegebedürftigen nicht ausreichen, um Pflegekosten zu tragen, springt gegebenenfalls die steuerfinanzierte "Hilfe zur Pflege" ein. In Bayern wird sie über die Regierungsbezirke (externer Link) organisiert. Wer also die Kosten beispielsweise für eine stationäre Unterbringung nicht selbst aufbringen kann, muss keine Angst haben, dass sein Heim-Vertrag gekündigt wird. Vielmehr übernimmt dann Hilfe zur Pflege als Sonderform der Sozialhilfe die Kosten.
Private Pflege-Zusatzpolicen sollen nach den Vorstellungen ihrer Anbieter aber auch die Sicherheit geben, dass die Versicherten nicht wegen hoher Pflegekosten in Hilfe zur Pflege rutschen, nachdem sie möglicherweise vorhandenes Vermögen großteils aufgebraucht haben.
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