Eine ältere Dame zählt in ihrer Hand das Bargeld aus ihrem Portemonnaie ab.
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In den kommenden Jahren wird die Zahl der über 80-jährigen Menschen in Deutschland zunehmen: bis zu zehn Millionen könnten es bis 2050 sein.

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Armutsrisiko im Alter – Viele Probleme und einige Ideen

Armutsrisiko im Alter – Viele Probleme und einige Ideen

Ältere Menschen in Deutschland haben in sehr unterschiedlichem Maß die Chance zu gesellschaftlicher Teilhabe. Der Altersbericht der Bundesregierung hat aufgezeigt, wo die Probleme liegen. Verschiedene Lösungsansätze liegen auf dem Tisch.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In den kommenden Jahren wird die Zahl der über 80-jährigen Menschen in Deutschland stark zunehmen: Bis zu zehn Millionen könnten es bis 2050 sein. Derzeit sind es sechs Millionen. Auch die Zahl der Pflegebedürftigen wird steigen. Das zeigt der aktuelle Altersbericht der Bundesregierung, der auch die Lebenssituation älterer Menschen betrachtet und alle zwei Jahre herausgegeben wird.

Mehr ältere Menschen bedeutet auch mehr pflegebedürftige Menschen. Die Prognose im Altersbericht ist klar: Auf bis zu 7,6 Millionen schätzen die Expertinnen und Experten die Zahl der Pflegefälle bis zum Jahr 2025. Das sind knapp zwei Millionen mehr als im Jahr 2023. Und dieser Anstieg wird auch im deutschen Pflegesystem spürbar. Schon jetzt steht der Bereich unter Druck: Fachkräftemangel, steigende Kosten in Pflegeheimen. Ganz zu schweigen von dem, was pflegenden Angehörigen abverlangt wird. Diese müssen finanziell besser unterstützt werden – eine der über 30 Handlungsempfehlungen der Altersberichts-Kommission. Vier von fünf Pflegebedürftigen werden bereits heute von ihren Angehörigen betreut, und zwar meistens von Frauen, die aufgrund der Pflege daheim dann entweder ihre Arbeitszeit reduzieren oder gar nicht mehr arbeiten. Was sich wiederum auf ihre Renten auswirkt.

Kommission empfiehlt: Ehegattensplitting reformieren

Der Bericht untersucht auch die Armutsgefährdung älterer Menschen. Demnach gelten 17 bis 19 Prozent der über 65-Jährigen als armutsgefährdet. Damit liegt der Anteil leicht über dem der Gesamtbevölkerung. Die Altersarmut hat in den letzten zwei Jahrzehnten überproportional zugenommen. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung hat. Die niedrigsten durchschnittlichen Alterseinkommen beziehen alleinstehende Frauen mit Migrationsgeschichte und ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die höchsten: verheiratete deutsche Männer ohne Migrationsgeschichte.

Um Altersarmut entgegenzuwirken, fordert die Kommission in ihrem aktuellen Bericht, dass bereits während des Erwerbslebens darauf geschaut wird, dass möglichst wenig Lücken im Berufsleben entstehen. Im Zusammenhang mit den immer noch deutlichen Unterschieden zwischen Männern und Frauen bei der Entlohnung und bei der Erwerbsbeteiligung sollten steuerliche Fehlanreize abgebaut werden: Eine Empfehlung der Kommission ist, das Ehegattensplitting zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Auch Reformen in der Rentenversicherung werden gefordert. Unter anderem ein verlässliches Mindestrentenniveau. Dass eine Rentenreform in dieser Legislaturperiode jedoch angepackt wird, ist ausgeschlossen. Dafür ist die Zeit bis zur Neuwahl viel zu knapp.

CSU: Mit der Mütterrente gegen Altersarmut

Die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) erklärte gegenüber BR24: "Ältere Menschen dürfen nicht in die Spirale der Altersarmut geraten. Die Vollendung der Mütterrente ist mein sozialpolitisches Anliegen. Dass wir über die Anerkennung der Erziehungsleistung der Frauen immer noch diskutieren, ist unglaublich."

Die CSU hat gerade eben auf ihrer Klausur in Seeon einen Beschluss gefasst, der eine umfassende Gleichstellung aller Eltern bei Erziehungszeiten anstrebt. Mit der Mütterrente – die auch Väter bekommen können – war in zwei Schritten 2014 und 2019 die Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, verbessert worden. Statt früher ein Jahr können bis zu zweieinhalb Jahre Erziehungszeit bei der Rente angerechnet werden. Für Kinder, die 1992 oder später geboren sind, werden bis zu drei Jahre anerkannt. Das soll nach dem Willen der CSU nun auch für Kinder gelten, die vor 1992 geboren sind. Offen ist jedoch, wie die Kosten von etwa 3,5-4,5 Milliarden Euro gegenfinanziert werden.

Opposition sieht Vernachlässigung von Senioren

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sieht noch großen Nachholbedarf bei Frauen mit Migrationshintergrund und queeren älteren Menschen. Die Kommission fordert hier nachdrücklich, "die Diskriminierung älterer Menschen aufgrund von geschlechtlicher und sexueller Identität zu bekämpfen und zu verhindern. Einrichtungen des Gesundheitswesens und der offenen Altenhilfe sollten eine offene Willkommenskultur pflegen und Maßnahmen des Diversity Managements umsetzen."

Kritik am Bericht kam von der Opposition. Die Regierung habe sich in den vergangenen Jahren zu wenig um die Belange von Senioren und Seniorinnen gekümmert, sagte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Silvia Breher. Der Altersbericht zeige, dass sich viele ältere Menschen, insbesondere Frauen, von weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen fühlten. Einsamkeits- und Isolationsgefühle besonders unter den älteren Menschen stiegen an und führten zu einem enormen Leidensdruck für die Betroffenen. Die Linkspartei erklärte, es dürfe kein "Weiter so" in der Pflegepolitik und der Alterssicherung geben.

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