Wer ein Beispiel für Trumps Zickzack-Kurs in der Zollpolitik haben will, kann auf Anfang März blicken: Am 3. März gab es noch keine Extra-Zölle, am 4. dann 25 Prozent auf Güter aus Kanada und Mexiko, am 5. wurden Autos nach Protesten der US-Autoindustrie davon ausgenommen und am 6. die Zölle für die Produkte aufgeschoben, die unter das bestehende Handelsabkommen fallen.
Für die US-Wirtschaft sind das zwei große Probleme: die Zölle an sich – und die Unsicherheit, was Trump beinahe im Tageswechsel ändert. Warum macht Trump das? Im Wahlkampf hatte er Zölle ("Tariffs") "als wunderschönsten Begriff im Wörterbuch" bezeichnet. Aber es sind nicht nur sprachliche Vorlieben.
Warum Trump auf Zölle setzt
In der Theorie sollen die Zölle die einheimische Industrie schützen. Wird die ausländische Konkurrenz teurer, könnten die US-Unternehmen mehr eigene Produkte verkaufen. US-Unternehmen, die Fabriken ins Ausland verlagert haben, sollen zudem durch Zölle dazu gebracht werden, die Produktion wieder in die USA zu holen. Dann geht es um Geld für den Staat – gegen Ende von Trumps erster Amtszeit hatten sich die Zoll-Einnahmen fast verdoppelt im Vergleich zu den Jahren zuvor. Jetzt könnten sie noch weiter steigen. So will der US-Präsident auch seine Steuerreform finanzieren.
Trump beabsichtigt auch, mit Zöllen Druck auszuüben, um bessere Handelsvereinbarungen zu erzielen. Außerdem sollen Mexiko und Kanada dafür sorgen, dass weniger illegale Migranten und Drogen über die Grenze kommen. Hier hat sich offenbar auch etwas getan: Mexiko hat seine Bemühungen erhöht, gegen Kartelle und ihre Drogenlabore vorzugehen. Das legt eine New-York-Times-Recherche nahe (externer Link).
Zusätzlich dürfte es Trump um sein Image gehen: Wer mit dem Slogan "America First" eine Wahl gewinnt, will auch dominanter gegenüber anderen Ländern auftreten.
Was gegen Trumps Zollpolitik spricht
Funktioniert das alles auch in der Praxis? Bei vielen Punkten haben Experten ihre Zweifel. Viele amerikanische Unternehmen, die auf Rohstoffe oder Zwischenprodukte angewiesen sind und diese weiterverarbeiten, haben nun ebenfalls hohe Kosten. "Die Zunahme bei den Jobs ist kaum wahrnehmbar", sagt Ökonomin Kimberly Clausing vom Peterson Institute for International Economics im New-York-Times-Podcast "The Ezra Klein Show". Zwar profitierten manche Branchen; wegen des negativen Effekts der Zölle auf die Wirtschaft insgesamt würden Jobs aber woanders wegfallen. Clausing kommt bei Trumps Zöllen zu dem Ergebnis: "Es ist zu hart, einfach nur Begriffe wie 'dämlich' zu verwenden, aber es fühlt sich in jedem Fall wie ein zutiefst fehlgeleiteter Ansatz an."
Durch die Zölle stiegen nicht nur Preise ausländischer Produkte; die inländischen gingen häufig ebenfalls in die Höhe, so Clausing. Die Folge: Eine normale Familie habe im Jahr höhere Kosten von bis 2.000 Dollar.
Die Börsen leiden schon jetzt unter Trumps unvorhersehbarer Politik. "Wenn es ein Gift für die Märkte gibt, dann ist es Unsicherheit", sagte Benjamin Dietrich, Anleihen-Experte der Investmentbank Lazard, der ARD. Dietrich spricht von "Ernüchterung" an der Wall Street. Rund vier Billionen US-Dollar haben die großen Indizes an Marktwert verloren. Gegensteuern will Trump bisher nicht. Er würde auch eine Rezession in Kauf nehmen, die langfristigen Erfolge seien es wert.
Was Trumps Zollpolitik für Bayern bedeutet
Die Folgen dieser Haltung dürfte auch Bayern spüren. "Wir sehen die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump mit großer Sorge", sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), auf BR-Anfrage. "Bei einem Zollwettlauf zwischen Handelspartnern gibt es keinen Gewinner, am Ende verlieren beide Seiten." Die USA seien der größte Exportmarkt für die bayerische Industrie und durch Strafzölle würden bayerische Produkte dort weniger wettbewerbsfähig, so Brossardt. Speziell für die bayerische Automobilindustrie wäre das "besonders gravierend".
"Es ist klar, dass die EU reagieren muss", sagt der vbw-Hauptgeschäftsführer. Allerdings solle man erst auf Verhandlungen und Deeskalation setzen und Gegenzölle als "nur als letzte Maßnahme" nutzen. Jüngst hat die EU diese zumindest verschoben. Auch vom künftigen Bundeskanzler wünscht sich Brossardt, dass dieser auf die USA zugeht.
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