Die schwarz-orange bayerische Regierung vertraten bei der historischen Abstimmung im Bundesrat zwei CSU-Politiker: Ministerpräsident Söder und sein Staatskanzleichef Florian Herrmann, ein Freie-Wähler-Minister war nicht anwesend. Erwartungsgemäß stimmte der Freistaat für das beispiellose Schuldenpaket. Dieses Ja Bayerns hatte Söder schon vor knapp zwei Wochen öffentlich angekündigt – ehe er mit seinem Koalitionspartner, den Freien Wählern, überhaupt darüber gesprochen hatte.
Schon dieses Vorgehen hatte die Freien Wähler verärgert. Auch inhaltlich hatten sie große Bedenken und verkündeten vergangene Woche öffentlich ihre Ablehnung. Die CSU machte Druck, die Freien Wähler gaben schließlich ihren Widerstand "mit großen Bauchschmerzen" auf.
Söder: "Bayern stimmt natürlich zu"
In seiner Rede im Bundesrat lobte Söder es als "positiv", dass "die breite Mitte der Demokraten" das Milliardenpaket auf den Weg gebracht habe. "Nur extreme Ränder sind dagegen und manche Splittergruppe, die nicht mehr im neuen Bundestag sitzt", sagte der CSU-Chef mit Blick auf AfD, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und FDP. Ganz an den Schluss seiner Rede stellte er dann noch eine Spitze gegen den Koalitionspartner: "Bayern stimmt natürlich zu. Das war von Anfang an klar." Gelächter im Bundesrat.
Aiwanger wollte kein "toter Held" sein
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gibt seit Tagen landauf, landab Interviews, in denen er das Nachgeben seiner Partei verteidigt. Schon am Dienstag betonte er im BR-Gespräch: "Wenn wir Freien Wähler nicht eingelenkt hätten, wären wir am Freitag nicht mehr in der Regierung" und in Bayern "politisch tot". Bei "RTL direkt" sagte er am Donnerstagabend, er wäre ein "toter Held" gewesen.
Aiwangers Argumentation: Auch wenn die Freien Wähler standhaft geblieben wären, hätten sie die Zustimmung Bayerns nicht verhindern können. Denn Söder hätte sie dann aus der Koalition geworfen und trotzdem im Bundesrat für das Paket die Hand gehoben, um anschließend mit der SPD im Freistaat zu regieren. Die Freien Wähler stellen ihr Nachgeben als Notwendigkeit dar, um Schwarz-Rot in Bayern zu verhindern und der CSU auf die Finger schauen zu können.
Es wäre auch ohne Bayern gegangen
Für Ministerpräsident Söder war ein Einlenken der Freien Wähler wichtig. Nur so konnte Bayern seine sechs Stimmen im Bundesrat für die Grundgesetzänderungen abgeben. Dies schien für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit unbedingt notwendig: Denn die ausschließlich von CDU, SPD und Grünen regierten Länder haben 41 Stimmen, 46 wurden benötigt. Die Freien Wähler galten einige Tage lang bundesweit als das Zünglein an der Waage.
Jetzt, nach der Abstimmung ist klar: Es wäre auch ohne Bayern gegangen. Bremen und Mecklenburg-Vorpommern stimmten nämlich zu, obwohl dort die Linkspartei mitregiert, die gegen eine starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist. Erreicht wurden im Bundesrat 53 Stimmen, ohne Bayern wären es also immer noch 47 gewesen. Keine Zustimmung für das Schuldenpaket gab es aus Ländern, deren Regierungen BSW oder FDP angehören: Brandenburg, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.
FDP attackiert Aiwanger: "Ein Maulheld"
Die bayerische FDP ging hart mit Aiwanger ins Gericht. "Hubert Aiwanger hätte heute zum Helden werden und den Schuldenwahnsinn stoppen können", teilte FDP-Landeschef Martin Hagen mit. "Stattdessen bleibt er ein Maulheld, der gerne große Töne spuckt, aber letztlich vor Söder einknickt." Die Landesministerinnen der FDP hätten dagegen gezeigt, was Standhaftigkeit bedeute: "Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben im Bundesrat nicht zugestimmt."
Freie Wähler wollen nach vorn schauen
Der bayerische Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl teilte nach der Abstimmung mit: "Wir Freie Wähler im Bayerischen Landtag respektieren diesen von einer großen demokratischen Mehrheit gefassten Beschluss." Er will jetzt nach vorn schauen: Es gelte nun, die richtigen Prioritäten zu setzen und die zusätzlichen Mittel effizient einzusetzen.
Aiwanger betonte kürzlich im "Straubinger Tagblatt", die CSU müsse froh sein, dass sie die Freien Wähler habe. Das sage er den Christsozialen seit Jahren. "Aber das wollen sie nicht hören. Ich hoffe wenigstens, dass sie es wissen."
Interview: Bayerischer Finanzminister Albert Füracker, CSU
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