Nach der Rezession 2023 wird sich die deutsche Wirtschaft dieses Jahr voraussichtlich kaum besser schlagen. Führende Forschungsinstitute senkten am Mittwoch ihre Konjunkturprognosen deutlich und erwarten nur noch ein Mini-Wachstum.
Ifo-Präsident Clemens Fuest gab der Ampel-Regierung dafür eine Mitschuld. "Wir haben ganz klar strukturelle Probleme", sagte der Top-Ökonom in Berlin. Es fehle eine gemeinsame Antwort der Koalition aus SPD, Grünen und FDP.
Schlechte Stimmung, hohe Unsicherheit
"Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt", so das Ifo-Institut. Die Stimmung sei schlecht, die Unsicherheit hoch. Die Ifo-Ökonomen und die Experten vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) gehen mittlerweile jeweils davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Anfang 2024 das zweite Quartal in Folge schrumpft und Deutschland somit in eine Rezession rutscht. Erst ab der Jahresmitte dürfte es spürbar besser werden. Im Gesamtjahr erwarten die Regierungsberater faktisch eine Stagnation. Das Ifo-Institut senkte seine BIP-Prognose von 0,7 auf 0,2 Prozent, die Kieler Experten kappten ihre Schätzung sogar von 0,9 auf 0,1 Prozent.
Gründe für das schwache Wirtschaftswachstum sehen die Wirtschaftsforscher in der mauen Weltkonjunktur und den gestiegenen Zinsen, aber auch in vielen hausgemachten Problemen. Die Unsicherheit über wirtschaftspolitische Weichenstellungen bremse Investitionen und Konsum, sagte Ifo-Präsident Fuest. Hier könnte die Bundesregierung ansetzen. IfW-Präsident Moritz Schularick sagte, die Sparanstrengungen der Bundesregierung "versprühen zusätzlichen Pessimismus".
Vorwürfe an die Ampel: "Kein überzeugendes Konzept"
Fuest warf der Ampel-Regierung vor, keine Strategie zu haben, um den Wirtschaftsmotor wieder anzuwerfen. "Es gibt kein überzeugendes Konzept." Es gebe nur unterschiedliche Vorstellungen innerhalb der Koalition. Die Wirtschaftspolitik sei damit ein Risikofaktor für die Konjunkturprognose.
Die Schuldenbremse, die SPD und Grüne gerne lockern würden, sei keine Wachstumsbremse. Sie erlaube gerade in Krisenzeiten mehr Schulden – und auch Sondertöpfe seien möglich. Andere Staaten stünden bei ähnlichen internationalen Bedingungen besser da als Deutschland. Im Wohnungsbau und in der Industrie in Deutschland gebe es keine attraktiven Investitionsbedingungen.
Das geplante Wachstumschancengesetz – zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen - sei zwar richtig, mit gut drei Milliarden Euro Entlastungsvolumen aber zu gering. "Man müsste deutlich mehr tun." Eine Steuerreform sei ebenso nötig wie ein Abbau der überbordenden Bürokratie.
Auch die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Lage der Wirtschaft als "dramatisch schlecht" bezeichnet und mehr Investitionen gefordert.
Hoffnungszeichen von deutschen Exporteuren
Positive Entwicklungen erwarten die Forschungsinstitute bei der Inflation und am Arbeitsmarkt. Die Preise dürften dieses Jahr nur noch um 2,3 Prozent steigen. Wachsende Löhne dürften zu einem Anstieg der Konsumausgaben führen.
Ein Lichtblick kam am Mittwoch zudem vom Außenhandel: Die deutschen Exporte sind im Januar im Vergleich zum Vormonat Dezember um 6,3 Prozent auf 136 Milliarden Euro gewachsen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Zum Vorjahresmonat stand noch ein Plus von 0,3 Prozent.
Vor allem die Ausfuhren nach Europa, aber auch das zuletzt schwache China-Geschäft zogen an. Die gedämpfte Wirtschaft in der Volksrepublik war zuletzt ein Belastungsfaktor für die deutsche Wirtschaft, die 2023 leicht schrumpfte.
Mit Informationen von dpa und Reuters
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