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In einem Artikel auf BR24 ging es um den gesunkenen Alkoholkonsum bei jungen Menschen und ein dafür ausschlaggebendes, neues Gesundheitsbewusstsein der jungen Generation.
- Zum Artikel: Werden wir bald alle auf Alkohol verzichten?
Sind andere Rauschmittel an die Stelle von Alkohol getreten?
Viele User und Userinnen fragten sich unter dem Beitrag, ob vielleicht einfach andere Rauschmittel an die Stelle des Alkohols getreten sind.
User "fangorn9" etwa schreibt: "Interessant in diesem Zusammenhang wäre ein kurzer Vergleich, wie sich der Konsum anderer Drogen ändert ... Cannabis, E-Zigaretten etc. Ist es wirklich nur ein höheres Gesundheitsbewusstsein, oder auch Änderung von Konsumverhalten hin zu anderen Drogen, die gerade als angesagt gelten?"
Gemeinsam mit dem BR24 Datenjournalismus-Team ist "Dein Argument" dieser Fragestellung nachgegangen.
Alkohol: Weniger Konsum, weniger Hospitalisierungen
Der Alkoholkonsum bei jungen Menschen sinkt, das zeigen die Daten aller relevanten Studien deutlich. Auch der gefährliche Konsum bis hin zu Krankenhausaufenthalten hat seit einem Höhepunkt im Jahr 2012 bei der jungen Generation abgenommen. Der Tiefpunkt wurde allerdings während der Corona-Pandemie erreicht, seitdem hat die Anzahl an Krankenhauseinlieferungen nach Alkoholkonsum in einigen Altersgruppen wieder leicht zugenommen.
Grafik: Wie viele junge Menschen landen mit akutem Alkoholrausch im Krankenhaus?
Der Umgang mit den Daten aus der Corona-Zeit stellt eine Herausforderung dar: Einerseits handelt es sich um eine Anomalie, eine Ausnahmesituation. Andererseits sind die Auswirkungen dieser Zeit nicht mit Ende der Maßnahmen beendet, sondern haben bis heute Einfluss auch auf das Konsumverhalten junger Menschen, erklärt Christina Rummel aus der Geschäftsführung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).
Am Ende belegen die Zahlen aber durchaus einen Trend, den auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gegenüber BR24 bestätigt. Als Gründe für den gesunkenen Alkoholkonsum nennt die Bundeszentrale etwa, dass Jugendliche die schädliche Wirkung von Alkohol besser verstünden und offener darüber gesprochen werde – auch im Freundeskreis. Außerdem spielten ein allgemein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein ("Fitness-Trend") und die Verfügbarkeit von alkoholfreien Alternativen eine Rolle.
Bei Zigaretten wirken Präventionsmaßnahmen
Beim Tabakkonsum sprechen die Daten ebenfalls eine deutliche Sprache. Nicht nur sinkt die Zahl der Raucher, gleichzeitig steigt auch die Anzahl der Nie-Raucher. In der aktuellsten Drogenaffinitätsstudie der BZgA gaben über 82 Prozent der befragten 12- bis 17-Jährigen an, noch nie in ihrem Leben geraucht zu haben. Als Raucher oder Raucherin würden sich weniger als 10 Prozent bezeichnen. Der Rückschluss auf staatliche Maßnahmen liegt hier nahe, stellte eine Sprecherin des BZgA gegenüber BR24 fest.
Auch Christina Rummel meint: "Hier kann man wirklich sehr gut sehen, wie Verhältnisprävention wirkt." Rauchverbote in Kneipen, Tabaksteuererhöhung, Werbeverbote – das alles habe dazu geführt, dass Rauchen nicht mehr als etwas Normales wahrgenommen wird. "Es wurde auf jeden Fall uncooler, zu rauchen, und das haben sich natürlich auch die Jugendlichen zu Herzen genommen", so Rummel. Auch wenn die Expertin immer Raum für Verbesserung sieht: Bei den 18- bis 25-Jährigen etwa sei die Raucherquote noch bei knapp 30 Prozent, da könne man noch nicht zufrieden sein.
Aber vielleicht rauchen junge Menschen auch gar nicht weniger, sondern nur anders? Ein Blick auf die Daten zeigt, dass auch der Konsum der jahrelang beliebten Wasserpfeife abnimmt:
Grafik: Wie hat sich das Rauchverhalten unter jungen Menschen entwickelt?
Bei E-Zigaretten und Verdampfern allerdings ist ein leichter Anstieg zu sehen, besonders bei den 18- bis 25-Jährigen. Auch die steigenden Absatzzahlen dieser Alternativen geben Grund zur Sorge.
"Die Zunahme des Konsums von E-Zigaretten, besonders von Einweg-E-Zigaretten, unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist eine beunruhigende Entwicklung", schreibt eine Sprecherin des BZgA auf BR24-Anfrage. E-Zigaretten würden über süße Aromastoffe für Jugendliche und junge Erwachsene geschmacklich attraktiv gemacht und offensiv beworben.
Allerdings könne, so die Fachstelle, noch nicht von einer Gegenbewegung zur Norm des Nicht-Rauchens gesprochen werden. Man kann alles in allem feststellen, dass der Konsum von Nikotin bei jungen Menschen tatsächlich zurückgeht.
Noch keine Daten zum legalen Cannabis-Konsum
Aber treten dann vielleicht andere Drogen an die Stelle von Alkohol und Nikotin? Seit dem 01. April 2024 ist beispielsweise der Konsum von Cannabis unter gewissen Umständen legal. Dem ging eine lange Debatte über die Auswirkungen des Stoffes voraus. Christina Rummel von der DHS erklärt, dass Cannabis unter Jugendlichen deutlich weniger verpönt sei als unter Erwachsenen. Das könne sich jetzt nochmals verstärken, wenn die Hemmschwelle der Illegalität gefallen ist.
Noch gibt es keine Daten zum Konsum seit der Legalisierung von Cannabis. Davor stieg die Zahl der 18- bis 25-Jährigen, die angaben, bereits einmal in ihrem Leben Cannabis versucht zu haben, deutlich an. Bei den 12- bis 17-Jährigen blieben die Zahlen auf einem Niveau.
Beim regelmäßigeren Cannabis-Konsum (12-Monats-Prävalenz) ist die Entwicklung in beiden Altersgruppen ähnlich – ein Anstieg bei den Älteren, nur leichte Veränderungen bei den Jüngeren:
Grafik: Wie hat sich der Cannabis-Konsum unter jungen Menschen entwickelt?
Im Hinblick auf die Auswirkungen des neuen Cannabis-Gesetzes hofft Christina Rummel, dass sich durch das Wegfallen der Illegalität mehr junge Menschen trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn sie Probleme mit ihrem Cannabis-Konsum haben. Der Weg zu einer Beratungsstelle sei sicher einfacher, wenn man wisse, dass man nichts Verbotenes tut.
Bei der Nutzung anderer illegaler Drogen ist die Datenlage – zumindest was junge Menschen angeht – dünner. Einen Hinweis können die Daten der Krankenhäuser geben. Diese bilden ab, wieviele junge Menschen aufgrund einer akuten Intoxikation stationär behandelt werden mussten:
Grafik: Wie hat sich die Hospitalisierung aufgrund von Drogen verändert?
Gut zu sehen ist, dass es seit 2020 nur bei den Sedativa und Hypnotika eine deutliche Entwicklung nach oben gab. Dazu gehören alle Arten von Schlaf- und Beruhigungsmitteln – so auch Benzodiazepine, die als Trenddroge gelten. Noch wird auf diese Stoffe in den großen Studien kein Fokus gelegt und auch die Rolle der Corona-Pandemie für den Konsum insgesamt ist von Expertinnen noch nicht abschließend untersucht.
Das BZgA kommt zum Schluss: "Alkohol und Tabak sind weiterhin mit deutlichem Abstand die am meisten konsumierten Suchtmittel. Die BZgA kann keine Tendenz feststellen, dass andere Suchtmittel sich diesen Konsummengen annähern. Es ist daher davon auszugehen, dass wirklich weniger konsumiert wird."
Für viele Suchtmittel fehlen größere Erhebungen
Zusätzlich zu den bekanntesten legalen und illegalen Rauschmitteln gibt es eine Reihe von Verhaltenssüchten und Stoffen, die noch wenig untersucht wurden.
Die Drogenaffinitätsstudie sammelt seit dem Jahr 2011 etwa Daten zur Nutzung des Internets und digitaler Spiele. Hier hat sich seitdem die problematische Nutzung – mit Folgen wie Kontrollverlust oder Entzugssymptomen – sowohl unter den 12- bis 17-Jährigen, als auch unter den 18- bis 25-Jährigen fast verdoppelt. Die DAK-Gesundheit untersuchte 2017 erstmals in einer für Deutschland repräsentativen Umfrage unter 12- bis 17-Jährigen die Abhängigkeit von Sozialen Medien. Laut der Studie erfüllen bereits 2,6 Prozent der befragten Jugendlichen die Kriterien.
Auch zu der als immer beliebter geltenden Partydroge Mephedron gibt es noch wenige gesonderte Erhebungen – in der Krankenhausstatistik gehört sie wie Amphetamine zu den Stimulanzien. Ebenfalls unter dem Radar: Energy-Drinks. Christina Rummel von der DHS sagt, dass ihre Fachstelle sie nicht als Suchtstoff einstufe, und daher auch weniger im Auge habe. Allerdings werden die bunten Getränke auf Social Media durch Influencer und Musikerinnen stark beworben – ohne Jugendliche dabei auf die möglichen gesundheitlichen Risiken hinzuweisen. Das österreichische Institut Suchtprävention sieht die Gefahr einer körperlichen Abhängigkeit bei mehr als vier bis sechs Drinks pro Tag.
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