Kinderfiguren mit Paragrafenzeichen (Symbolfoto)
Bildrechte: picture alliance | Christian Ohde
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Die Bundesregierung will die strafrechtlichen Bestimmungen zur Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern zu ändern.

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Bilder von Kindesmissbrauch: Pläne für geringere Mindeststrafe

Bilder von Kindesmissbrauch: Pläne für geringere Mindeststrafe

Die Regierung will die Mindeststrafe für Verbreitung, Erwerb und Besitz von Bildern mit Darstellung sexueller Gewalt an Kindern senken. Bisher liegt die Untergrenze bei einem Jahr Freiheitsstrafe, was in der Praxis zu Problemen geführt hat.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wenn Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder zum Beispiel in einem Gruppen-Chat auftauchen, ist das auch für scheinbar Unbeteiligte ein Problem: Denn auch denjenigen Personen, die das sogenannte "kinderpornografische" Material ungewollt zugespielt bekommen haben, droht eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Jetzt will die Bundesregierung das erst 2021 geänderte Gesetz wieder ändern.

Strafen bei Kinderpornografie: Was künftig gelten soll

Die Mindeststrafe bei Verbreitung, Erwerb und Besitz von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder wird nach einem Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) künftig verringert: Für die Verbreitung soll die Mindeststrafe von einem Jahr auf sechs Monate sinken und für den Versuch der Beschaffung, des Abrufens oder des Besitzes von einem Jahr auf drei Monate.

Die Freiheitsstrafe von einem Jahr ist juristisch eine wichtige Grenze: Wenn auf eine Tat mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe steht, ist es ein Verbrechen. Wenn das Mindestmaß unter einem Jahr liegt oder in einer Geldstrafe besteht, spricht man von einem Vergehen. Beides, Verbrechen und Vergehen, gehören zum Strafrecht.

Bei einem Vergehen haben die Ermittlungsbehörden und Gerichte die Möglichkeit, Verfahren einzustellen, in denen davon auszugehen ist, dass keine kriminelle Absicht vorliegt. Laut Regierung werde mit der neuen Regelung die Priorisierung dringender Fälle wieder möglich. Nach den Worten Buschmanns geht es darum, die Strafverfolgung in diesem Bereich wieder effizienter und zielgerichteter zu machen – "das ist in Anbetracht dieses schrecklichen Kriminalitätsfeldes auch dringend nötig".

Strafe von bis zu zehn Jahre für schwere Verbrechen bleibt

Auch wenn das untere Strafmaß gesenkt wird: Das Höchststrafmaß von zehn Jahren für besonders schwere Fälle aus dem Gesetz von 2021 bleibt erhalten. Davor lag der Strafrahmen bei drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für den Besitz, Erwerb oder die Verbreitung kinderpornografischen Materials.

Über die Gesetzänderung, die am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde, muss der Bundestag noch entscheiden.

Probleme für Leute, die nur Hinweise geben wollen

Das untere Strafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe, wie es 2021 festgelegt wurde, hat nach Aussage von Buschmann zu zahlreichen Problemen in der Praxis der Strafverfolgung geführt. Insbesondere drohe Menschen, die kinderpornografisches Material ungewollt – etwa im Rahmen einer WhatsApp-Eltern-Gruppe – zugespielt bekommen hätten, die Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr.

"Es häufen sich die Beispiele von Lehrern und Eltern, die etwa in Klassenchats auf Fälle von Kinderpornografie aufmerksam geworden sind und die Schulleitung oder andere Eltern in bester Absicht darauf hinweisen wollten", bestätigte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn. Fälle, die eigentlich nicht vor Strafgerichte gehörten, würden Personal in den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten binden, "das dringend für die Bekämpfung einer leider wachsenden kriminellen Szene gebraucht wird". Es sei deshalb dringender Wunsch, insbesondere von Strafverfolgern, Staatsanwälten und Gerichten sowie der Landesjustizministerinnen und Landesjustizminister, hier die Rechtslage zu ändern.

Lehrerin wurde von Staatsanwaltschaft angeklagt

Ein Fall, der durch die Presse ging, war der einer Lehrerin aus dem Westerwald: Die Frau hatte sich ein Video, das an der Schule kursierte und intime Aufnahmen von einer Schülerin zeigte, schicken lassen. Sie habe damit die Mutter der Schülerin warnen wollen, erklärte die Lehrerin, wie der SWR berichtet [externer Link]. Dennoch wurde die Lehrerin im Sommer 2023 wegen des Besitzes eines kinderpornografischen Videos von der Staatsanwaltschaft Koblenz angeklagt.

Die Staatsanwaltschaft sei dazu verpflichtet, hatte der leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler dem SWR gesagt, auch wenn die Ermittler davon ausgingen, dass die Lehrerin in bester Absicht gehandelt habe. Das Amtsgericht entschied im Dezember dann aber anders: Es sah keine Schuld bei der Lehrerin und ließ die Anklage vor Gericht nicht zu.

Fälle aus Bayern: Weiterleitung von Nacktvideo und Screenshot

Das "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet", das bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg angesiedelt ist, nennt BR24 einige Fälle aus seiner Arbeit: So bemerkte ein Erziehungsberechtigter auf dem Mobiltelefon seines Kindes ein Video mit Nacktaufnahmen, die sein Kind zusammen mit einem anderen Kind erstellt hatte, und leitete das Video an die Eltern des anderen Kindes weiter, um sie darauf aufmerksam zu machen. Oder: Der Facebook-Account einer Frau wurde von Hackern übernommen, die darüber kinderpornografisches Material teilten. Der Bruder der Accountinhaberin bemerkte dies, machte auf seinem Smartphone einen Screenshot und schickte den an seine Schwester, um sie darauf hinzuweisen. Beide Male handele es sich um strafbares Verhalten, auf das nach jetzigem Recht eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr steht.

"Der Umgang mit Kinderpornografie stellt völlig zu Recht eine schwere Straftat dar. Jedes Bild, das geteilt wird, sorgt dafür, dass das Leid der Kinder andauert", sagt Thomas Goger, Leitender Oberstaatsanwalt an der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, dem BR. Er hält es zwar für richtig, dass der Strafrahmen 2021 verschärft wurde. "In einigen Fällen ist aber jedem klar, dass eine Freiheitsstrafe von einem Jahr völlig unangemessen ist. Obwohl das klar ist, gibt das Gesetz derzeit aber keine andere Möglichkeit her", so Goger.

Geplante Gesetzesänderung betrifft nicht Jugendliche

Fälle des Umgangs mit kinderpornografischem Material unter Jugendlichen sind von der beabsichtigten Neuregelung nicht betroffen, wie es von der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg heißt. Solche Fälle seien immer nach dem Jugendstrafrecht zu behandeln.

Gleichwohl betreffe ein relevanter Anteil der niederschwelligen Fälle des Umgangs mit Kinderpornografie jugendliche und heranwachsende Beschuldigte. Das betreffe insbesondere auch die Fälle, die von Plattformbetreibern wie Meta an die Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden. Bei den schwereren Fällen dominierten eindeutig erwachsene Tatverdächtige.

Im Jahr 2022 hatte die Polizei bundesweit 42.075 Fälle mit kinderpornografischen Inhalten registriert, 7,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Um 32,1 Prozent stieg laut Bundeskriminalamt (BKA) die Zahl der Fälle mit jugendpornografischen Inhalten auf 6.746. Hinweise auf Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im und über das Internet erhält das BKA überwiegend vom National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) in den USA.

Anwalt Jun: "Gesetzentwurf repariert Fehler"

Der Würzburger Fachanwalt für IT-Recht Chan-jo Jun sieht die vorgesehene Gesetzesänderung positiv: "Die bisherige Rechtslage war ein Unfall im Gesetzgebungsverfahren. Handlungen wurden zum Verbrechen hochgestuft, die die meisten Menschen gar nicht für strafwürdig halten", sagt Jun. Das habe Aufklärung, Prävention und Strafverfolgung erheblich behindert hat. Der Gesetzentwurf "repariert diese Fehler".

Was aber sollte zum Beispiel eine Lehrkraft tun, wenn sie ein kinderpornografisches Bild zugespielt bekommt? "Nach der jetzigen Rechtslage sollte sie das Bild sofort löschen", erklärt Jun auf Anfrage von BR24. Die Lehrkraft könne zwar Eltern, Opfer oder Polizei informieren, "dabei aber auf keinen Fall das Bild verbreiten oder den Besitz fortsetzen", so Jun. Selbst wenn auf diese Weise Beweise unterdrückt werden.

Auch mit der jetzt geplanten Reform bleibe Vorsicht geboten. "Das Weiterleiten des Bildes an eine andere Stelle als die Polizei ist auch künftig keine gute Idee, wird aber bei nachweislich redlichen Zwecken nicht strafrechtlich verfolgt", erläutert der Fachanwalt.

Cyberkriminologie-Experte: "Sofort die Polizei einschalten"

Sofort die Polizei einzuschalten und um weitere Handlungsanweisungen bitten, rät Thomas-Gabriel Rüdiger, Leiter des Instituts für Cyberkriminologie an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg. "Auch nach der Reform könnte sonst, wenn das Material zum Beispiel weitergeleitet wird, weiterhin die Einleitung eines – sicherlich für die Beteiligten belastenden – Strafverfahrens drohen", sagt der Cyberkriminologie-Experte gegenüber BR24. Schulen empfiehlt er, Handlungskonzepte für Lehrkräfte zu erarbeiten, und fordert mehr Vermittlung von Medienkompetenz, auch "als Form der digitalen Kriminalprävention".

Zum geschilderten Fall der Lehrkaft aus dem Westerwald sagt Rüdiger: Auch nach der Reform würde sie mit einem Ermittlungsverfahren konfrontiert werden. Denn auch weiterhin sei die Polizei verpflichtet, jedem Anfangsverdacht nachzukommen. "Hier wäre es denkbar gewesen eine Regelung aufzunehmen, dass entsprechende Handlungen dann nicht strafbar sind, wenn diese nachweisbar zur Beweissicherung erfolgt sind", so Rüdiger. Dies wäre seiner Ansicht nach auch dafür wichtig, dass solches Material zur Anzeige gebracht wird.

Entsetzen bei Deutscher Kinderhilfe, Kritik von Union

Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katrin Helling-Plahr, sagte, die jetzige Regelung werfe nicht nur Fragen nach der Verhältnismäßigkeit auf, "sondern frisst Kapazitäten der Ermittlungsbehörden, die zur Bekämpfung tatsächlicher pädokrimineller Täter dringend benötigt werden". Weiterhin würden "wirkliche Täter" hart bestraft, ihnen drohe unverändert eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Die Deutsche Kinderhilfe äußerte sich entsetzt über den Beschluss. Es passe nicht, dass der Gesetzgeber die Tatbestände rund um Kinderpornografie wieder zu Vergehen zurückdefinieren wolle. Buschmann habe keine Zahlen zum Beleg dieser Behauptungen vorlegen können. Es könne auch nicht sein, dass Arbeitsökonomie als Grund für die Reform herhalten müsse.

Die Union lobte zwar, dass die Regierung die Expertise aus der Justiz ernst genommen habe, vermisst aber eine "passgenaue Reform". Die Regierung senke "undifferenziert den Strafrahmen für Kinderpornografie", erklärte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Günter Krings. Damit sei auch ein Verbreiten von Bildern und Filmen, die einen schweren Missbrauch darstellten, nicht mehr ein Verbrechen. "Die Ampel verringert somit den Kinderschutz", so Krings.

Begriff "Kinderpornografie" problematisch

Der Begriff "Kinderpornografie" sei verharmlosend und ungenau, aber weithin gebräuchlich, wie es auf der Webseite der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung heißt. Der Begriff könne "darüber hinwegtäuschen, dass jede derartige Darstellung ein Verbrechen zum Gegenstand hat". Im Strafrecht werde der Begriff "Kinderpornografie" zur Definition von Missbrauchsdarstellungen weiterhin gebraucht.

Mit Informationen von KNA, epd, dpa

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