Mit ihrer leicht kugeligen Form erinnerten die rundherum verglasten Kleinbusse ein wenig an Mondfahrzeuge. Mit maximal 18 Kilometer pro Stunde ruckelten die autonomen Busse durch die vier Innenstädte von Hof, Kronach, Rehau und Bad Steben. Aus Sicherheitsgründen musste immer ein Mensch an Bord sein, um im Notfall eingreifen zu können.
Unter dem Titel "Shuttle-Modellregion" startete 2020 ein bundesweites Forschungsprojekt in Oberfranken, das vorab auf vier Jahre angelegt war. Nun gibt es keine Forschungsgelder mehr aus Berlin, die autonomen Busse verschwinden deshalb aus den Stadtbildern.
Bundesweites Novum: Leitstelle für autonome Fahrzeuge entwickelt
Während des Projekts ging es in erster Linie um Grundlagenforschung. "Es war kein Regelbetrieb", stellt Informatikprofessor Richard Göbel von der Hochschule Hof klar. "Wir haben versucht, über diesen Betrieb Daten zu sammeln: Wo können solche Fahrzeuge fahren? Und was müssen wir noch machen, um ihre Einsatzmöglichkeiten zu verbreiten?", erläutert Göbel den Sinn des Projekts. Dieser sei erfüllt worden.
Auch Jörg Schrepfer von der Firma Valeo zieht eine positive Bilanz. Bei dem Kronacher Automobilzulieferer liefen die Fäden des Modellprojekts zusammen: "Das Projekt hat sicherlich das Thema 'autonomes Fahren' insbesondere im innerstädtischen und im ländlichen Bereich deutlich nach vorne gebracht." Das Unternehmen habe im Rahmen des Projekts beispielsweise eine Leitstelle entwickelt, mit der sich solche Shuttle-Flotten fernüberwachen ließen. Eine solche Leitstelle für autonome Fahrzeuge sei bundesweit einmalig.
"Wenn die Personen während der Fahrt aufstehen, dann ..."
Überhaupt sei in den vergangenen vier Jahren in Oberfranken viel Pionierarbeit geleistet worden. Die Firmen Valeo, Rehau und Brose haben mit den Hochschulen Hof, Coburg und Chemnitz gemeinsam geforscht und entwickelt, mit den Städten und Landkreisen sowie der Bus-Tochter der Deutschen Bahn den ÖPNV in Blick genommen.
Bei dem Projekt ging es auch um viele Details: zum Beispiel um Rampen für den barrierefreien Einstieg; oder um Sensoren, die zwar Hindernisse auf der Fahrstrecke erkennen, aber nicht bei jeder Schneeflocke abbremsen. Die Hochschule Hof entwickelte Kameras und Sensoren, damit die Busse wirklich ohne Fahrer fahren könnten. "Wenn die Personen während der Fahrt aufstehen, dann wird das Fahrzeug nach einer Warnung auch anhalten und erst wieder losfahren, wenn alle sitzen", so Prof. Richard Göbel.
Autonomes Fahren: Forschungsprojekt kostet 30 Millionen Euro
Der Prototyp ist zwar entwickelt, die Fahrzeuge werden jetzt aber erst einmal in die Garagen verbannt. Denn das 30 Millionen Euro teure Forschungsprojekt – an dessen Kosten sich das Bundesverkehrsministerium mit 80 Prozent beteiligte – war von Anfang an auf vier Jahre begrenzt, bedauert der Wirtschaftsförderer der Stadt Hof, Walter Friedl. "Wir haben in der letzten Phase gesehen, wie viel Forschungsfragen noch offen sind – für uns, und insgesamt auch für Deutschland."
Seit Monaten hat sich die Region beim zuständigen FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing um weitere Förderung bemüht. Vergeblich – aus Berlin kam auch niemand zur Abschlussveranstaltung des Projekts nach Hof. Man warte auf die schriftlichen Ergebnisse in einigen Monaten, erklärte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums auf BR24-Anfrage.
Shuttle-Operatoren fahren jetzt nicht-autonome Busse
In Hof und Kronach gibt es aber etwas Grund zur Freude: So sei in Kronach der Studiengang "Autonomes Fahren" entstanden. Die bundesweite Berichterstattung habe einen Imagegewinn als zukunftsorientierte Region gebracht. Und die Deutsche Bahn konnte neues Personal anwerben – die bisherigen Sicherheits-Operatoren der autonomen Shuttles werden nun als Fahrer in den ganz normalen Bussen eingesetzt.
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