Die protestierenden Landwirte habe noch nicht erreicht, was sie wollten, sagt Schwabens Bezirkspräsident im Bauernverband, Stefan Bissinger, im Gespräch mit dem BR. Sie fordern weiter, dass die Rückerstattung für den Agrardiesel und die Steuerfreiheit für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge komplett beibehalten wird. Man werde weiter demonstrieren, viele Landwirte aus Schwaben würden auch zur großen Abschlusskundgebung am Montag (15.01.) nach Berlin fahren.
„Zu viel ist zu viel“
Und dann werde man sehen, was die Politik macht, so Bissinger. Denn zu viel sei zu viel, es gehe zwar aktuell um den Agrardiesel und die Steuerfreiheit für die landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Doch in den vergangenen Jahren habe es immer wieder Maßnahmen gegeben, die das Einkommen der Bauernfamilien geschmälert hätten, und deswegen reiche es den Bauern jetzt. Die neuen Maßnahmen der Bundesregierung dürften jetzt nicht noch oben drauf kommen.
Agrardiesel brachte das Fass zum Überlaufen
Sicherlich habe die Debatte um den Agrardiesel das Fass zum Überlaufen gebracht, sagt Bissinger, doch es brodle schon seit Langem in der Bauernschaft. Denn es gebe so viele Dinge, die den Alltag der Landwirte belasten, etwa die Vorgaben der Düngeverordnung, die nur schwer umzusetzen seien. Oder die Änderungen bei der Mehrwertsteuer. Nun habe die Debatte um den Agrardiesel und die Kfz-Steuer vor Weihnachten das Fass zum Überlaufen gebracht.
Geht es wirklich allen Bauern so schlecht?
Die 82.000 Euro vor Steuern, die der Deutsche Agrarbericht als durchschnittlichen Verdienst der Landwirte im vergangenen Jahr nennt, seien nicht vergleichbar mit einem Brutto- oder Nettoeinkommen. Denn aus dem Gewinn des Betriebs müssten alle Mitarbeitenden bezahlt werden, in einigen Fällen seien das zwei oder drei Gehälter. Auch die Investitionen müssten daraus getätigt werden. Die genannten Zahlen seien bereits zwei Jahre alt, da habe man so gut verdient, dass die Gehälter auch bezahlt werden konnten. Das müsse man beibehalten.
Eine ganze Aktionswoche – warum?
Der Bauernverband habe in Bayern eben Schwerpunkte gesetzt, mit der Demo am Montag in München, am Mittwoch in Augsburg und am Freitag in Nürnberg. Und dazwischen habe sich auch der Frust der Bauern in den Regionen entladen, bei vielen kleineren und größeren Veranstaltungen. Man habe dabei darauf geachtet, dass alles angemeldet sei und sich die Beeinträchtigungen für die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen hielten.
Berufstätige behindert, Schul-Essen ausgefallen – war es das wert?
Ja, den Landwirten sei es das wert, so Bissinger, wenn sie um ihre Ziele kämpfen. Wenn so viele Menschen unterwegs seien, um zu protestieren, müsse es zwangsläufig zu Behinderungen kommen. Ziel sei es ja, auf die Anliegen der Landwirte aufmerksam zu machen. Daher auch die lautstarken Demonstrationen und die Korsos mit Traktoren. Andere Ziele für Demonstrationen, wie etwa Betriebe der Lebensmittelindustrie, stünden bei den aktuellen Protesten nicht im Fokus.
„Die Arbeit macht keinen Spaß mehr“
Es gebe viel zu viel Bürokratie für die Landwirte, so Bissinger weiter. Wenn Landwirte einen halben Tag im Büro sitzen, um ihre Dokumentationspflichten zu erfüllen, dann baue sich enormer Frust auf.
Auch seien die Erlöse für landwirtschaftliche Produkte viel zu gering. Die Landwirte brauchten Rahmenbedingungen, mit denen sie auf dem Weltmarkt konkurrieren könnten. Dazu müsste die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland gestützt werden, eben mit Agrardiesel und Steuervergünstigung für die Nutzfahrzeuge. Regionale Lebensmittel bräuchten einen höheren Stellenwert und müssten hierzulande auch gekauft werden.
Rechte Akteure bei den Bauerndemos unerwünscht
Der Bauernverband habe sich auf allen Ebenen von rechten Akteuren und Trittbrettfahrern bei den Demonstrationen distanziert. Die wolle man nicht haben. So habe man sich auch von einer Demonstration in Dillingen im Vorfeld distanziert, die ein Privatmann, und nicht der Bauernverband angemeldet habe. Er habe das Gefühl, so Bissinger, dass die protestierenden Landwirte sehr hohe Zustimmung in der Bevölkerung hätten. Natürlich gebe es auch kritische Kommentare, doch die Mehrheit stehe hinter den Protesten der Bauern. Die würden auf ihren Zielen beharren, wie, das sei derzeit noch offen.
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