Teichwirt Wolfgang Veigl wird langsam mürbe. Er lebt von der Fischzucht. In seinem Überwinterungsteich nahe Kemnath im Landkreis Tirschenreuth fühlt sich aber seit einiger Zeit eine Familie von Fischottern wohl. Seitdem zählt er bei seinen Karpfen teilweise Verluste von 70 Prozent. Veigls Arbeit wird so zunichtegemacht: "Beim Abfischen, da ist dann einfach nichts drin. Das ist schon ernüchternd."
Trotz Entschädigung zahlen Teichwirte drauf
Die Fischverluste werden durch einen Otterberater dokumentiert und es gibt Entschädigungen dafür. Aber ein Teil der Kosten bleibt immer am Fischzüchter hängen – und er muss Kunden enttäuschen, wenn ihm so viele Fische fehlen. Die dokumentierten Schäden durch Fischotter steigen jedes Jahr, sie liegen bayernweit inzwischen bei über zwei Millionen Euro.
Der Druck, etwas zu unternehmen, ist daher zuletzt immer weiter gewachsen, spürt der CSU-Landrat von Tirschenreuth, Roland Grillmeier. Er werde bei Veranstaltungen laufend auf das Problem angesprochen, zumal es in diesem Teil der Oberpfalz auch viele Hobby-Teichwirte gibt.
Fischotter breiten sich von Osten her aus
Die Fischotter sind streng geschützt. Sie waren in Bayern einmal nahezu ausgerottet. Inzwischen soll es wieder ungefähr 1.500 Exemplare geben. Die Staatsregierung hat im vergangenen Herbst per Verordnung die sogenannte "Entnahme", also das Töten von Fischottern in Ausnahmefällen, genehmigt. Jetzt wird die Regelung scharf gestellt, und Teichwirte können Entnahme-Anträge stellen.
Streng begrenzte Abschuss-Quoten
Aber nicht im großen Stil: Es gibt feste Quoten. 23 Otter dürfen etwa in der Oberpfalz getötet werden, davon fünf im Landkreis Tirschenreuth. Schon jetzt liegen dort doppelt so viele Entnahme-Anträge von Teichwirten vor, berichtet Landrat Grillmeier. "Wir müssen unsere Teichwirtschaft schützen und deswegen auch schnell vorankommen", sagt er. Genehmigungen will er möglichst schnell erteilen, und sich für eine weitere Erhöhung der Abschuss-Quote einsetzen.
Aber dagegen stehen die Belange des Naturschutzes. Dessen Ziel ist es, die Fischotter-Bestände in Ost- und Westeuropa wieder zu verbinden, damit sie sich genetisch austauschen können. Bisher ist das noch nicht geschafft. Von Tschechien her kommend, haben sich die Fischotter bisher nur auf etwa der Hälfte des bayerischen Gebietes ausgebreitet.
BN will gegen Verordnung nicht wieder klagen
Der Bund Naturschutz (BN) hatte eine erste Fischotter-Entnahme-Verordnung des Freistaats erfolgreich per Gericht gekippt. Diesmal will er gegen die Verordnung jedoch nicht wieder klagen, sagen BN-Vertreter dem Bayerischen Rundfunk. "Wir versuchen halt auch Kompromisse zu finden und zu sehen: Wie können wir dieses Problem lösen?", sagt der Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzende von Tirschenreuth, Werner Schubert.
Abschießen bringt womöglich nicht viel
Was den Bund Naturschutz ärgert, ist, dass die Staatsregierung den Abschuss von Fischottern auch in Oberbayern und Schwaben genehmigen will – wo es noch viel weniger davon gibt als im Osten des Freistaats. In der Oberpfalz aber werden ein paar weggeschossene oder gefangene Fischotter den Bestand jetzt nicht mehr gefährden, meint Schubert. Er bezweifelt jedoch auch gleichzeitig, ob es den Teichwirten wirklich hilft, die geschützten Tiere zu töten: "Wenn einer entnommen wird, wird im Endeffekt das Revier bald wieder besetzt."
Zäune und Vergrämung
Die Maxime der Naturschützer lautet daher "Teichschutz vor Entnahme". Das bedeutet zum Beispiel das Einzäunen von Fischteichen, was aber teuer ist und die Landschaft beeinträchtigt. Deswegen kommen Zäune vor allem für kleine, intensive Fischzuchten in Frage. Fischotter könnten auch mit Duftstoffen vergrämt werden. Der Bund Naturschutz setzt sich für wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte ein, um den besten Weg herauszufinden, wie Fischzucht und Fischotter künftig miteinander vereinbart werden können.
💬 BR24-User wie "AuWei" haben in den Kommentarspalten gefragt, wie die Situation bei Bibern aussieht. Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:
Beim Biber ist die Entwicklung vergleichbar, aber schon weiter fortgeschritten. Auch er war in Bayern ausgerottet, wurde aber schon in den 1960er-Jahren wieder angesiedelt – und hat sich alte Lebensräume schnell wieder erobert. Inzwischen gibt es Biber in Bayern wieder flächendeckend, das Umweltministerium geht von etwa 25.000 Tieren aus. Der Erhaltungszustand gilt als "günstig".
Tausende Biber werden geschossen – Bestand steigt trotzdem
Abschussgenehmigungen sind deshalb deutlich leichter zu bekommen als beim Fischotter. Allein im Jahr 2023 wurden in Bayern nach amtlicher Zählung 2.655 Biber "entnommen" – obwohl auch beim Biber zuerst geprüft werden muss, ob andere Mittel das örtliche Biber-Problem lösen können: etwa Baumschutz-Manschetten aus Draht oder Steinbewehrungen für Dämme. Die Zahl der Biber in Bayern hat nach Einschätzung des Umweltministeriums trotz der Abschüsse zugenommen – allein zwischen 2021 und 2023 um 3.000 Tiere.
Weil Biber keinen Fisch mögen, ist der Schaden geringer
Biber sind im Gegensatz zu Fischottern Vegetarier und fressen keine Fische. Die gemeldeten Schäden durch Biber sind deshalb trotz deren größerer Zahl niedriger als beim Fischotter, sie blieben in den vergangenen Jahren bayernweit jeweils unter einer Million Euro. Darunter fallen zum Beispiel gefällte Bäume, untergrabene Ufer oder verstopfte Teichauslässe. Und Biber fressen auch Mais weg, wenn der zu nah am Ufer gepflanzt wird. Ob die Entnahme von Bibern nachweislich zu einer Verringerung der Schäden geführt hat, vermag das Umweltministerium nicht zu beantworten. Es gebe dazu keine Datengrundlage, schrieben die Beamten vergangenes Jahr als Antwort auf eine entsprechende Landtagsanfrage der Grünen. 💬
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