Bayern, Ingolstadt: Ein Schild mit der Aufschrift "Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen - Dienststelle Manching" ist am Rande der Gründungsfeier des Landesamtes für Asyl und Rückführungen im Transitzentrum Manching vor dem Gebäude zu sehen.
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Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen in Ingolstadt

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Bayern will Zahl der Rückführungen weiter erhöhen

Ministerpräsident Söder will die Migration "klug" organisieren. Er fordert erneut eine Wende in der Zuwanderungspolitik und richtet bei seinem Besuch in Manching klare Worte an den Bund. Der Flüchtlingsrat spricht von "Abschiebewahn".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

"Effektiv und geräuschlos" habe das Landesamt für Asyl und Rückführungen die vergangenen Jahre gearbeitet, sagt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei seinem Besuch in Manching bei Ingolstadt. "Das ist unser Ziel. Das hat gut funktioniert".

2018 hatte das Landesamt seine Arbeit aufgenommen, seither koordinieren mehr als 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bayernweit unter anderem die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern. Bis Ende September dieses Jahres wurden 1.711 Personen aus Bayern abgeschoben, nur in Nordrhein-Westfalen waren es mehr (2.637). Bundesweit ausgewiesen wurden 12.042 Menschen.

Söder fordert klare "Stopp-Signale"

"Reichen tut das nicht", sagt Söder und wiederholt seine Forderungen an den Bund nach einer Integrationsgrenze, Zurückweisungsmöglichkeiten an den Grenzen, weniger finanziellen Anreizen für Asylbewerber und vor allem nach Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern. "Wir hoffen sehr auf einen Türkei-Deal", sagt Söder. Der Zugang aus der Türkei habe sich in den vergangenen Monaten um fast 200 Prozent erhöht.

"Was in Holland stattgefunden hat, ist ein erneutes Warnsignal", sagt Söder. Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden holte der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Partei die meisten Stimmen. Ein Großteil der Bevölkerung in Europa erwarte sich jetzt eine Wende in der Migrationspolitik. "Vernünftig, human, gut vertretbar, an den Grundsätzen des Rechtsstaats orientiert", so Söder. Ein "Weiter so" dürfe es nicht geben - es brauche "klare Stopp-Signale, klare Signale für ein Weniger an unkontrollierter Zuwanderung."

Auch eine Grundgesetzänderung bringt Söder abermals ins Spiel: "Das derzeitige Asylrecht ist nicht gemacht für die Situation, in der wir in Europa stehen." Die Menschen wünschten sich freie Grenzen innerhalb Europas, aber geschützte außerhalb.

Herrmann: Bei Ablehnung keine Sozialleistungen

Die Hälfte aller Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, erhielten vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen negativen Bescheid, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). 255.000 ausreisepflichtige Asylbewerber gebe es derzeit im Bund, 31.000 davon im Freistaat. Die Mehrzahl der Ausreisepflichtigen gehe freiwillig, bei manchen müsse man "nachhelfen", sagt Herrmann.

"Es gibt Übersichten, die belegen, dass Deutschland das einzige Land in der Europäischen Union ist, wohlgemerkt das einzige Land, in dem ein Asylbewerber nach einem negativen Bescheid durch die zuständige Behörde, bei uns das BAMF, und einem Verwaltungsgerichtsentscheid, weiterhin bis zum Tag der Abschiebung weiterhin die volle Höhe der Flüchtlingssozialleistungen bekommt." Das mache das Abschieben natürlich wesentlich schwieriger. Die Bundesregierung müsse handeln und dürfe "die Dinge nicht ständig weiter vertagen", so Herrmann.

Schulze: Mehr Geld für Integration und Wohnraum

Dass gehandelt werden muss, sei "Konsens", sagt Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Bayerischen Landtag. Wer nicht bleiben darf, müsse gehen. "Wir haben aber auch einen Großteil an Schutzsuchenden, die hier bleiben dürfen. Und Unternehmen, die dringend Arbeitskräfte benötigen."

Schulze fordert von der Staatsregierung, auch diese Menschen im Blick zu haben und mehr Geld zu investieren, in Sprachkurse, eine schnellere Arbeitserlaubnis und bezahlbaren Wohnraum. Das seien alles Aufgaben, die in Bayern erledigt werden könnten. "Da ist Markus Söder still", sagt Schulze zu BR24. "Markus Söders Politikstil bedeutet ja, auf Berlin zu schimpfen, mit dem Finger auf andere zu zeigen." So löse man die großen Herausforderungen nicht.

Flüchtlingsrat: "Abschiebewahn" der Staatsregierung

Die Staatsregierung verliere im Abschiebewahn jedes Augenmaß, kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat. Abschiebungen zu intensivieren, gelte als Entlastung für Kommunen, schreibt der Flüchtlingsrat in einer Erklärung. Er stelle dagegen fest, dass "Ausländerbehörden und Polizei die Forderung nach mehr Abschiebung so deuten, dass sie skrupellos auch kleine Kinder abschieben, Familien auseinanderreißen, und es der Polizei überlassen, das gewaltsam durchzusetzen."

Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats, fordert eine Rückkehr zu "Augenmaß und Anstand", auch im Umgang mit ausreisepflichtigen Geflüchteten. "Unseren Rechtsstaat zeichnet aus, dass wir Menschen menschlich behandeln. Immer." Dünnwald nennt Abschiebungen eine "Symbolpolitik, die nicht zu einer nennenswerten Reduzierung der Flüchtlingszahlen beiträgt, sondern maßloses Leid verursacht und den Fachkräftemangel verschärft." Söder solle diesen Holzweg beenden.

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