Wenn sich fast die ganze Landtagsopposition zusammenschließt, muss es wirklich wichtig sein. Tatsächlich geht es um das Königsrecht des Parlaments, das Haushaltsrecht. Und um eineinhalb Milliarden Euro. So viel beinhaltet der Härtefallfonds, mit dem die Staatsregierung ab Januar existenzbedrohten Unternehmen in Bayern helfen will. Wer die Energiekosten nicht mehr stemmen kann, erhält Geld vom Staat, so hat es das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beschlossen.
Geld soll rasch fließen
Mittelfristig soll der Härtefallfonds auch bedrohten Bürgern, Vereinen und sozialen Einrichtungen helfen. Hier sind die Regeln noch vage. Für Betriebe aber steht fest, dass sie ab Januar Hilfe beantragen können. Das Geld soll "ein paar Wochen" später fließen, verspricht Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).
Problem: Das Geld für die staatlichen Hilfen steht noch nicht zur Verfügung. Zwar sind die eineinhalb Milliarden im Haushaltsentwurf 2023 vorgesehen. Aber erst am gestrigen Mittwoch hat der Landtag den Entwurf erstmals debattiert. Beschließen wird er ihn voraussichtlich im März.
Notbewilligungsrecht als Abkürzung
Um trotzdem vorher schon Geld auszahlen zu können, strebt die Koalition eine gesetzgeberische Abkürzung an: Die Fraktionen von CSU und FW wollen am Donnerstag beschließen, die Hilfen rasch "im Rahmen des für solche Krisensituationen vorgesehenen Notbewilligungsrechts auf den Weg zu bringen". So steht es in ihrem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag.
Opposition will Nachtragshaushalt
Die Opposition ist darüber empört. Von einem "Blankoscheck" spricht die grüne Haushaltsexpertin Claudia Köhler. "Sie umgehen das Parlament", wetterte Köhler am Mittwoch im Landtag, als die Koalition ihre Pläne offenbart hatte. Köhlers Befürchtung: Die Regierung könnte die Hilfsgelder zweckentfremden. Das Notbewilligungsrecht gebe die Möglichkeit, "nach Gutdünken" zu bestimmen, "wer dieses Geld im Stimmkreis und im Wahljahr bekommen kann". Deshalb müsse man "Söder stoppen", so Köhler. Der Unmut ist fraktionsübergreifend: Auch SPD-Haushaltsexperte Harald Güller warnt vor einer Umgehung des Parlaments. Deshalb bringen SPD, Grüne und FDP gemeinsam einen Gegenantrag ein.
Umgehung des Landtags?
Blankoscheck? Finanzminister Albert Füracker (CSU) hebt abwehrend die Arme. "Völlig haltlos" sei der Vorwurf. Im Antrag der Koalition sei "selbstverständlich ein Konsultationsverfahren vorgesehen". Heißt, der Landtag müsse gefragt werden, bevor Hilfsgelder fließen.
Tatsächlich steht im Antrag der Koalition, dass "grundsätzlich die Einwilligung" des Haushaltsausschusses einzuholen sei, bevor Gelder "im Wege des Notbewilligungsrechts" freigegeben werden. Die Grüne Köhler versteht darunter aber keine Bewilligung einzelner Hilfsmaßnahmen, sondern eine generelle Freigabe des gesamten Härtefallfonds. Über dessen Einzelmaßnahmen, so ihre Sorge, könnten die Abgeordneten nicht entscheiden. Deshalb fordert die bayerische Oppositions-Ampel statt der Notbewilligung einen ordentlichen Nachtragshaushalt für den Härtefallfonds. Nur dann könne der Landtag seine Rechte auch wahrnehmen.
Füracker erwidert auf Nachfrage von BR24, ein Nachtragshaushalt mache keinen Sinn, "weil wir die Maßnahmen noch nicht etatisieren können". Heißt, er könne die Ausgaben noch nicht genau beschreiben. Der Grund dafür liegt laut Füracker in Berlin: Solange die dortige Ampel ihre Energiehilfen nicht festgelegt habe, könne auch Bayern seinen ergänzenden Härtefallfonds nicht ausgestalten.
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