Der frühere Fußballnationalspieler Jérôme Boateng wurde am Landgericht München wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Die Geldstrafe von 200.000 Euro – 40 Tagessätze à 5.000 Euro – muss er aber nur zahlen, wenn er erneut straffällig werden sollte oder sich nicht an die Auflage hält. Es ist also eine Art Geldstrafe auf Bewährung – "Verwarnung mit Strafvorbehalt" heißt das im Juristenjargon.
Die Auflage sieht vor, dass er jeweils 50.000 Euro an zwei gemeinnützige Einrichtungen zahlen muss, die sich für Kinder einsetzen. Denn: Die eigentlich wirklich Leidtragenden in diesem Prozess seien die Zwillingstöchter von Boateng und seiner Ex-Partnerin, sagte die Vorsitzende Richterin.
Boatengs Verteidiger sprach von einem "sehr guten, fairen Urteil". Jérôme Boateng sei sehr erleichtert. Er wolle jetzt zur Ruhe kommen und einfach nur noch Fußball spielen.
Ex-Freundin erhob schwere Vorwürfe
In dem Prozess ging es um Gewaltvorwürfe seiner Ex-Freundin, die auch die Mutter seiner Zwillingstöchter ist. Sie warf Boateng vor, sie in einem Karibik-Urlaub 2018 attackiert und beleidigt zu haben. Er habe eine Kühltasche und ein Windlicht nach ihr geworfen. Später habe Boateng sie angespuckt, an den Haaren gezogen, mit beiden Händen ins Gesicht geschlagen und ihr in den Kopf gebissen. Sie habe sich an den Glasscherben des zerbrochenen Windlichts geschnitten, Hämatome und Schürfwunden erlitten. Boateng hatte nur eingeräumt, die Frau geschubst zu haben.
Die Vorsitzende Richterin sagte, von dem Vorwurf des "notorischen Frauenschlägers" gegen Boateng sei in dem Verfahren nichts übrig geblieben. Die Gewaltvorwürfe von Boatengs Ex-Partnerin hätten sich auch nicht so beweisen lassen, wie sie in der Anklageschrift standen. Das Fazit der Kammer: Es sei definitiv eine "toxische Beziehung" gewesen, es habe im Karibik-Urlaub 2018 Rangeleien gegeben, und die Frau habe dabei einen heftigen Schlag von Boateng gegen das Auge abbekommen. Der Rest bleibe im Ungewissen. Boateng gilt nach dem heutigen Urteil als nicht vorbestraft – das wäre erst bei mehr als 90 Tagessätzen anders gewesen.
Verfahren wurde neu aufgerollt
Der eskalierte Streit in der Karibik beschäftigt die Gerichte seit Jahren. 2021 hatte das Amtsgericht München eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30.000 Euro – also 1,8 Millionen Euro. Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen á 10.000 Euro – insgesamt 1,2 Millionen Euro.
Doch die Revision des heute 35-Jährigen war erfolgreich, ebenso die der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage – also des mutmaßlichen Opfers. Das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil wegen durchgehender Rechtsfehler. Deshalb wurde das Verfahren am Landgericht München neu aufgerollt.
Staatsanwaltschaft forderte 1,12 Millionen Euro Strafe
In der Neuauflage des Verfahrens forderte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu 7.000 Euro – insgesamt also 1,12 Millionen Euro. Boatengs Verteidigung plädierte auf eine "moderate Geldstrafe" wegen fahrlässiger Körperverletzung oder die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage nach Ermessen des Gerichts.
Ob der juristische Streit mit dem Urteil nun beendet ist, bleibt abzuwarten. Die Anwältin von Boatengs Ex-Partnerin, die Nebenklägerin im Prozess war, denkt noch über eine Revision nach. Auch alle anderen Beteiligten haben diese Möglichkeit. Ob sich die Hoffnung der Vorsitzenden Richterin, dass nun "alles erledigt" ist, erfüllt, ist also noch offen.
Disclaimer:
In einer ersten Fassung haben wir berichtet, dass das Münchner Landgericht eine Geldstrafe in Höhe von 300.000 Euro gegen Jérôme Boateng verhängt habe. Die Agentur AFP hatte dies berichtet und später korrigiert. Offenbar war es wegen akustischer Probleme im Gerichtssaal zu der Falschmeldung gekommen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!