Warteschlangen am Flughafen München haben am Donnerstag bis weit vor das Terminal 2 hinausgereicht. Passagiere berichteten von Wartezeiten von bis zu 2,5 Stunden. Der Flughafensprecher sprach dagegen von 1,5 Stunden. Bei den chaotischen Zuständen am Terminal 2 verpassten nach Angaben der Lufthansa am Donnerstag rund 750 Menschen ihren ursprünglich gebuchten Flug. 60 Flüge seien verspätet gestartet.
Flughafenchef entschuldigt sich bei Passagieren – und stellt Sofortmaßnahmen vor
Für die Probleme bat Flughafenchef Jost Lammers am Freitagabend ausdrücklich um Verzeihung. "Ich möchte mich bei unseren Passagieren und Gästen ausdrücklich entschuldigen für diese langen Wartezeiten", so Lammers im BR24. "Das ist nicht das, was wir als Flughafen München mit unserem Premiumanspruch gewohnt sind, und das ist nicht das, was wir liefern wollen. Und dementsprechend haben wir auch sofort reagiert und Maßnahmen ergriffen", versicherte er.
Einige Passagiere, die eigentlich im Terminal 2 abgefertigt werden sollen, würden nun zur Sicherheitskontrolle ins Terminal 1 und an andere Stellen des Flughafens gebracht, "wo wir zusätzliche Sicherheitskontrollen in Betrieb nehmen", so Lammers. Schon am Freitagvormittag wurden die Passagiere der Lufthansa-Tochter Discover im Terminal 1 kontrolliert, um die Situation zu entzerren.
Passagiere sollen nicht zu früh zum Flughafen kommen
Außerdem bat Lammers die Passagiere, zwar rechtzeitig, aber nicht allzu früh zum Flughafen zu kommen: drei Stunden vor dem Abflug, "aber nicht fünf, sechs oder acht Stunden vorher", so Lammers bei BR24.
Dieses "sehr ungewöhnliche Anreiseverhalten der Passagiere", wie Lammers es ausdrückte, scheint am Donnerstag ein Teil des Problems gewesen zu sein. Warum manche Reisende teils schon acht Stunden vor dem Start an den Airport gekommen seien, darüber könne er nur spekulieren – man sei noch auf Ursachensuche. Wenn diese Fluggäste dann aber ausgerechnet zu Stoßzeiten auch noch in die Sicherheitskontrollen drängen, werde es eng im Terminal 2.
Mehrere Faktoren sorgen für lange Warteschlangen
Bei dem Chaos seien "mehrere Faktoren zusammengekommen", erklärte zuvor Flughafensprecher Henner Euting. Schon länger bekannt seien die Umbauarbeiten auf moderne Geräte an den Sicherheitskontrollen, was zu Engpässen führe, erklärte er im Interview mit Bayern 3.
Dazu komme, dass durch Bauarbeiten die Flughafen-S-Bahn S8 nicht regelmäßig alle 20 Minuten komme. Dadurch kämen immer wieder Passagiere in großen Pulks am Flughafen an, wo sie dann auf die Sicherheitskontrollen treffen. Euting erklärte, es werde alles Mögliche in Bewegung gesetzt, damit das kommende Wochenende besser werde.
Im Audio: Mehrere Faktoren sorgen für lange Warteschlangen
Gewerkschaft: Lage für Beschäftigte untragbar
Die Regierung von Oberbayern, die für die Durchführung der Sicherheitskontrollen zuständig ist, betonte, dass die Wartezeiten nicht an Mangel oder Ausfällen beim Personal oder Kontrollgeräten gelegen hätten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bayern verwies darauf, dass die Lage auch für die Beschäftigten "untragbar" sei. "Bereits vor Monaten haben wir auf die schlechten Arbeitsbedingungen hingewiesen, die zu diesen unhaltbaren Situationen beitragen", sagte der Landesvorsitzende Bernhard Stiedl. Er kritisierte "Überlastung des Personals, unzureichende Ressourcen und unfaire Arbeitszeiten".
OB Dieter Reiter fordert Niveau eines 5-Sterne-Flughafens
Auch der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) äußerte sich kritisch. Er könne "mit der derzeitigen Performance des Münchner Flughafens überhaupt nicht zufrieden sein", sagte er. "Das weiß ich auch aus eigener Erfahrung, wenn ich mal wieder länger als eine Stunde auf mein Gepäck warten muss. Es ist höchste Zeit, dass wir wieder auf das echte Niveau eines 5-Star-Airports kommen!"
München hält mit 23 Prozent den kleinsten Anteil am Flughafen, die Bundesrepublik hat 26 und der Freistaat Bayern 51 Prozent.
Im Video: "Schwierige Gemengelage" am Münchner Flughafen
Passagiere können sich kaum wehren
Auch Luftfahrtexpertin und Chefredakteurin des Branchenmagazins "aero Telegraph" Laura Frommberg nahm auf Bayern 3 Stellung. "München war immer so das Musterkind und plötzlich läuft es da nicht mehr so richtig", erklärte sie.
Der Münchner Flughafen habe mit mehreren Problemen bei der Abfertigung der Passagiere zu kämpfen: Zum einen sei es in einer Region, in der viele gutverdienende Menschen lebten, noch schwieriger, Bodenpersonal zu rekrutieren. Zum anderen habe es im Frühjahr einen Wechsel des Abfertigers gegeben. So etwas ziehe immer einen "Rattenschwanz an Anpassungen" nach sich. "Ich glaube, man ist trotzdem optimistisch, dass München das über kurz oder lang in den Griff kriegt", so die Fachjournalistin, die auch von einer "Verkettung ganz vieler unglücklicher Umstände" sprach.
Reisende haben laut Frommberg keine richtig gute Möglichkeit, sich gegen lange Schlangen zu wehren.
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