Eine Wasserprobe wird auf PFAS untersucht (Archivbild)
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Eine Wasserprobe wird auf PFAS untersucht (Archivbild)

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Altlast mit Zukunft? Stiftung soll PFAS-Produktion gewährleisten

Über den Umgang mit den Altlasten im bayerischen Chemiedreieck wird viel diskutiert: Der Landkreis Altötting schlägt nun die Gründung einer Stiftung vor. Sie soll auch den PFAS-Produzenten "Dyneon" übernehmen. Die Entscheidung fällt aber in den USA.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3 am Morgen am .

Der Landkreis Altötting will eine Stiftung gründen, die sich um die Altlasten aus der chemischen Industrie – insbesondere in den Böden und dem Wasser – kümmern soll. So wollen die Verantwortlichen vor Ort die PFAS-Produktion der Firma Dyneon im Chemiepark Gendorf weiterhin gewährleisten. Denn eigentlich will der amerikanische Mutterkonzern 3M den Standort in Burgkirchen bis 2025 schließen.

Vorbild: Stiftung für Schäden durch Steinkohleabbau

Die Idee der "Chem Bayern-Stiftung" hat die Ruhrkohle AG Stiftung (RAG) in Nordrhein-Westfahlen zum Vorbild, die sich um die Ewigkeitslasten des Steinkohleabbaus kümmert. Landrat Erwin Schneider (CSU) und der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer (CSU) haben die Idee im April 3M in Amerika vorgestellt, aber noch keine Rückmeldung erhalten: "Eigentlich wollten sie uns bis Mitte Mai antworten, aber wir haben noch nichts gehört und hoffen, dass sie sich bald entscheiden", so Schneider.

3M soll Tochterfirma Dyneon an Stiftung übergeben

Die Idee sieht vor, dass 3M die Tochterfirma Dyneon an die Stiftung übergibt - zusammen mit einem nicht bezifferten Betrag für Entschädigungszahlungen für die chemischen Altlasten, die 3M sowieso aufwenden müsste. Die Stiftung wäre dann Eigentümerin von Dyneon und die Produktion von PFAS würde wie gehabt weiterlaufen. Die Gewinne würde die Stiftung dazu verwenden, die chemischen Altlasten im Landkreis zu beseitigen.

Das käme 3M laut Landrat Schneider zugute: Bislang haben sie einen Verkauf von Dyneon in Burgkirchen ausgeschlossen, weil sich das negativ auf laufende Schadenersatzklagen in den USA auswirken könnte. Mit der Stiftungslösung stünden sie gut da, so Schneider.

PFAS: Zwischen Kritik und Abhängigkeit

Rund 200 Quadratkilometer Böden sind im Landkreis Altötting mit Chemikalien aus der PFAS-Gruppe verseucht. PFAS sind spezielle Kunststoffe, die für viele "Zukunftstechnologien" – wie Computer-Chips oder Windräder – gebraucht werden. Sie sind aber möglicherweise gesundheitsgefährdend und bauen sich in der Umwelt nicht ab. Die EU überlegt deshalb, sie zu verbieten.

Kettenreaktion im Chemiedreieck befürchtet

Für den Chemiepark Gendorf und das gesamte bayerische Chemiedreieck sind PFAS laut dessen Sprecher, Bernhard Langhammer, allerdings unerlässlich: Nicht nur wegen der 600 Arbeitsplätze bei Dyneon. "Eine moderne Industriegesellschaft ist ohne Fluorpolymere heute nicht möglich - vielleicht in 50 Jahren, aber nicht aktuell", so Langhammer. Die Chemikalien werden als Vorprodukte für viele Industriebereiche gebraucht. Dyneon in Burgkirchen ist der größte PFAS-Produzent in ganz Europa und der einzige in ganz Deutschland. Sollte die Produktion hier wegfallen, wüchse die Abhängigkeit von China, fürchten Langhammer und Schneider.

Noch unklar, ob Stiftung tatsächlich kommt

Unklar ist, ob sie sich mit ihrer Idee durchsetzen. Der Vorschlag ist nach ihren Angaben zwar mit der bayerischen Staatsregierung besprochen, aber nicht abgestimmt. Ob und inwiefern sie bei der Umsetzung der Idee mit im Boot wäre, ist noch unklar. Landrat Erwin Schneider weiß nur, dass sein Landkreis die Stiftung nicht alleine auf den Weg bringen könnte.

Der 3M-Konzern hat sich bislang nicht geäußert. Den Verantwortlichen im Landkreis zufolge drängt die Zeit. Spätestens bis zum Herbst müsse eine Entscheidung fallen. Sollte 3M sich auf die Idee mit der Stiftung einlassen, brechen für Erwin Schneider spannende Zeiten an: "Es braucht auch bisschen Schneid, dass man sagt, man probiert es. Du weißt nie, ob du in 20 Jahren der Held oder der Depp bist."

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