Markus Söder schaut ein wenig grimmig drein, immer nach vorn, kein Blick zur Seite, auf Alexander Dobrindt. Es wirkt fast so, als wollte der CSU-Chef zeigen, dass er das wörtlich meint: "Nahezu blind" funktioniere die Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Landesgruppenchef. "Das Team CSU steht", schiebt Söder hinterher.
Schnee im Fernglas
Jedenfalls stehen Söder und Landesgruppenchef Dobrindt nebeneinander im Hof des Klosters Seeon, zum Auftakt der Neujahrsklausur der Bundestags-CSU. Nach zwei Wintern in Berlin sind die Christsozialen wieder an den Chiemsee zurückgekehrt. Frieren muss keiner, es ist sonnig und mild, "idyllisch", sagt Gastgeber Dobrindt. Kleiner Schönheitsfehler: Wer Schnee will, muss ein Fernglas auf die Alpen richten.
Also "Team CSU". Gewöhnlich wirft es ja Fragen auf, wenn Menschen ausführlich und ungefragt die Reibungslosigkeit ihrer Zusammenarbeit betonen. Hier aber, das ist rasch klar, wären die Zweifel unbegründet: Söder und Dobrindt bestärken, ergänzen, bekräftigen einander dabei, die Ampel als miese Regierung darzustellen.
Teamgeist hier, kein Teamgeist dort
Die CSU sei "die bessere Zukunftsoption für Deutschland", fängt Dobrindt an. Söder legt nach, die Ampel habe im Unterschied zur CSU "diesen Teamgeist nicht", praktiziere "ein einziges Hin und Her". Wieder spricht Söder vom "Ampel-Tiki-Taka", das "Unsicherheit bei den Menschen" schaffe. Später, hinter verschlossenen Türen, legt Dobrindt Klausurteilnehmern zufolge nach: "Die Bundesregierung gestaltet nicht die Zeitenwende, sondern sie organisiert die Zeitverschwendung."
Lambrecht dem Amt "nicht gewachsen"
Christine Lambrecht, die SPD-Verteidigungsministerin, ist natürlich nicht in Seeon. Aber präsent ist sie doch: Sie sei ihrer Aufgabe "nicht gewachsen", urteilt Dobrindt. Für Söder stellt sich die Frage, wie er die Rücktrittsforderung, die er bereits erhoben hat, noch toppen kann. Antwort: Lambrecht "klebt mehr am Amt als manche am Boden". In ihrem Ministerium passiere "Panne über Panne".
Deutschland "nicht krank, aber einsam"
Die Entscheidung von Kanzler Olaf Scholz, der Ukraine Schützenpanzer vom Typ Marder zu liefern, ist laut Dobrindt zwar richtig. Aber "zu spät": Der französische Präsident Macron "handelt, Scholz zaudert". Unter deutscher Führung werde "in Europa zu Recht etwas anderes verstanden". Söder bekräftigt: "Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas, aber der einsame." Er hoffe nun, "dass die Panzer, die wir liefern wollen, auch funktionieren". CSU und CDU fordern seit längerem, der Ukraine auch schwere Waffen zur Verfügung zu stellen. In Seeon will die Bundestags-CSU das unterstreichen: Die Bundesregierung solle "umgehend Schützen- und Kampfpanzer aus Beständen der Industrie" liefern, heißt es in einem Beschlussentwurf. Gemeint sind moderne Leopard-Panzer. Dem ersten Schritt müsse nun der zweite folgen, verlangt Dobrindt vor der Presse. "Das ständige Ausweichen bei der weiteren Unterstützung der Ukraine verursacht große Verunsicherung bei unseren Partnern in Europa", sagt er anschließend im Klausurraum der Landesgruppe, Teilnehmern zufolge.
Später wird Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Bundeswehr-Uni in München, die Kritik der CSU bekräftigen: Eine "verspätete, aber richtige Entscheidung" sei die Marder-Lieferung, so Masala als Klausurgast in Seeon. Die Sorge, Deutschland könnte dadurch in den Krieg hineingezogen werden, teilt er nicht: Es würde sich um eine rein politische Entscheidung handeln, die allein beim russischen Präsidenten Putin liege, sie "hängt nicht von Waffenlieferungen ab".
Der Auftritt des "Teams CSU" in Seeon lässt eine Linie für die kommenden Monate erkennen: Ampel-Kritik wird ein erheblicher Teil des Landtagswahlkampfs der CSU sein. Was er sich landespolitisch denn so vornimmt, zu Beginn des Wahljahres – diese Frage will CSU-Chef Söder in Seeon nicht beantworten. Es handele sich um eine "Klausur der Landesgruppe". Nur so viel: Die Bayern hätten im Oktober die Wahl zwischen einer bürgerlichen Regierung und einer bayerischen Ampel.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!