"Jetzt kommt dann ein älterer Passat, so grün-blau - den könntet ihr mal rausziehen für eine Kontrolle", gibt Grenzpolizistin Dana Fischer über Funk an ihre Kollegen durch, die direkt am Grenzübergang Furth im Wald im Landkreis Cham postiert sind. Neben ihr im Auto sitzt ihr tschechischer Kollege Jan. Sein Name ist geändert: Jan ist bei der Kriminalpolizei des Nachbarlandes. In Tschechien bedeutet das, dass sein Name und sein Gesicht generell nicht öffentlich genannt beziehungsweise gezeigt werden dürfen.
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Gemeinsame Polizeistreifen mindestens einmal im Monat
Mindestens einmal im Monat gehen Einsatzkräfte der Grenzpolizei Furth im Wald mit ihren Kollegen der tschechischen Polizei aus dem Bezirk Pilsen auf Streife. Diese Pflege eines direkten Drahtes und persönlicher Kontakte dient vor allem auch kurzen Informationswegen.
Man kenne und vertraue sich. Durch die gemeinsamen Streifen seien auch schon echte Freundschaften entstanden, sagt Josef Weindl, Leiter der Polizeiinspektion Furth im Wald: "Wenn ich Infos brauche, dann telefoniere ich kurz mit den tschechischen Kollegen - die kennen Personen, die kennen Fahrzeuge."
Beide Seiten profitieren von Kontakten und Erfahrungen
Das zeigt sich auch an diesem Tag: Am Grenzübergang hat eine zweite deutsch-tschechische Streife den alten Passat zur Kontrolle herausgezogen. Die tschechischen Polizisten kennen den Fahrer und empfehlen ihren deutschen Kollegen sofort, einen Alkoholtest bei ihm durchzuführen. Der fast vollständig mit Bierflaschen gefüllte Kofferraum deutet darauf hin, dass der Verdacht nicht unberechtigt ist.
In diesem Fall zeigt der Test allerdings 0,0 Promille Atemalkohol, der Mann kann weiterfahren. Nach einer Kontrolle, die schnell und reibungslos abgelaufen ist – auch weil die tschechischen Kollegen dolmetschen und so Kommunikationsprobleme vermeiden können.
Illegale Migration und Autodiebstahl: Mehr Kontrollen an der Grenze
Illegale Drogen, Waffen, gesuchte Personen, gefälschte Dokumente und Feuerwerkskörper – die häufigsten Gesichter der Kriminalität an der Grenze haben sich seit ihrer Öffnung im Jahr 2007 kaum verändert. Als jüngerer Kontrollschwerpunkt kommt allerdings noch die illegale Migration hinzu – außerdem die Kontrolle höherwertiger Autos und E-Bikes, weil die Diebstähle solcher Fahrzeuge laut Grenzpolizei über die letzten Jahre merklich zugenommen haben.
Weniger Bürokratie durch gemeinsames Zentrum
Die Bürokratie habe dagegen merklich abgenommen, sagt Jaroslava Bosáková, die bei der Pilsener Polizei das Sachgebiet Internationale Beziehungen leitet. Das sei vor allem auch dem "Gemeinsamen Zentrum" in Schwandorf auf deutscher und Petrovice auf tschechischer Seite zu verdanken. Dieses Zentrum bildet seit 2007 quasi einen grenzüberschreitenden kleinen Dienstweg für Polizei, Zoll und Bundespolizei.
Von dort aus werden größere gemeinsame Aktionen koordiniert, vor allem aber die Bürokratie alltäglicher polizeilicher Vorgänge reduziert. Zum Beispiel, wenn ein Kennzeichen oder eine Person aus dem Nachbarland überprüft werden soll. "Früher mussten die Kollegen über die Dienststelle Schriftstücke schicken und das hat lange gedauert. Heute können die Kollegen bei der Kontrolle auf der Straße sofort telefonisch die Absprache beim Dauerdienst des Gemeinsamen Zentrums durchführen", sagt Bosáková.
Sprachkenntnisse als Basis
An diesem Nachmittag fördern die gemeinsamen deutsch-tschechischen Streifen nichts Illegales zutage. Vergebens ist die Kooperation aber auch in einem solchen Fall keineswegs, betont Kriminalpolizist Jan: Wegen der Kontakte zu den Kollegen, aber auch wegen der Einblicke in die Kontrollarbeit auf der jeweils anderen Seite der Grenze. Sehr oft seien es im Grenzgebiet ja dieselben Kriminellen, die sowohl die tschechische als auch die deutsche Polizei im Fokus habe.
Aus rein polizeilicher Sicht hatten allerdings da die alten Zeiten offensichtliche Vorteile, als jedes einzelne Fahrzeug stationär kontrolliert wurde - das sagen sowohl Jan als auch Dana Fischer. Als Menschen, die an der Grenze aufgewachsen sind und leben, machen allerdings beide sehr deutlich, dass für sie die Vorteile eines freien Reiseverkehrs bei Weitem größer sind.
Allerdings braucht es bei der Zusammenarbeit vor allem eines: Polizistinnen und Polizisten, die beide Sprachen sprechen. Auf deutscher Seite waren Tschechisch-Kenntnisse dabei schon immer eine echte Ausnahmeerscheinung – inzwischen werden allerdings auch die Deutschkenntnisse auf tschechischer Seite spürbar seltener.
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