Symbolbild: Gemeinnützige Arbeit – Personen mit Besen und Mülltüten
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CSU will Geflüchtete in Arbeit bringen - oder in billige Jobs?

CSU will Geflüchtete in Arbeit bringen - oder in billige Jobs?

Ministerpräsident Markus Söder will Asylbewerber "weg von der Straße" in Arbeit bringen. Der CSU-Chef denkt dabei vor allem an gemeinnützige Aufgaben. Das könne aber nur eine Brücke in richtige Jobs sein, warnen Hilfsorganisationen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Im Frisörsalon "Extralocke" in Schweinfurt haben schon viele Geflüchtete eine Chance bekommen. Bei Kreishandwerksmeisterin Margit Rosentritt machen im Moment drei junge Frauen eine Ausbildung. Sie kommen aus der Ukraine, Kasachstan und Afghanistan. Integration durch Arbeit sei die beste Lösung, sagt Rosentritt. Selbst die Sprache komme von selbst. Ihre Angestellten müssten schließlich zwangsläufig mit den Kunden reden. Innerhalb von nur vier Wochen merke sie stets "einen ganz großen Fortschritt".

Regeln zur Arbeitsaufnahme klar definiert - und schwer umzusetzen

Normalerweise müssen Asylbewerber in Deutschland drei Monate bis sechs Monate warten, bis sie eine Arbeitserlaubnis bekommen. Oft dauert das aber viel länger. Manchmal scheitert es, weil die Geflüchteten keine Bleibeperspektive haben, weil sie keinen Pass haben oder weil sie aus sogenannten sicheren Drittstaaten kommen.

Die Hürden will Markus Söder senken. Alle Geflüchteten sollen nach drei Monaten arbeiten. Wenn sie keine sozialversicherungspflichtige Arbeit haben, sollen die Asylbewerber eine gemeinnützige machen, so der CSU-Chef.

Söder will gemeinnützige Arbeiten bei Behörden vorantreiben

Vergangene Woche hat Markus Söder seine Vorstellungen grob skizziert. Die Behörden in Bayern sollen noch mal prüfen, was in ihren Räumen, in ihren Kantinen und Gärten zu tun ist. Die Ministerien seien nun aufgefordert, Möglichkeiten zu melden und diese auch umzusetzen. Asylbewerber können schon jetzt zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Laut Söder ist das im Moment lediglich bei 3.500 von knapp 76.000 Menschen in Bayern der Fall. Mit seiner Initiative will er 5.000 gemeinnützige Jobs schaffen.

Zustimmung vom Landkreistag - Ablehnung vom Flüchtlingsrat

Als der Bayerische Flüchtlingsrat hörte, dass Ministerpräsident Markus Söder Asylbewerber schneller in Arbeit bringen will, hat sich Sprecher Stephan Dünnwald zunächst gefreut. Er dachte, Söder meint damit überwiegend sozialversicherungspflichtige Jobs. Wenn es aber nur darum gehe, Flüchtlinge in gemeinnützige Jobs zu stecken - Straße kehren, Hecke schneiden oder das Unkraut im Friedhof auszupfen - dann hält Dünnwald das für "anrüchig". Gemeinnützige Jobs seien weitgehend sinnlose, sinnentleerte Beschäftigungen, sagt er und die Grenze zur "Zwangsarbeit" dann nicht mehr weit.

Der Präsident des Bayerischen Landkreistages, Thomas Karmasin (CSU), fordert schon lange, dass Asylbewerber schneller in Arbeit gebracht werden. Sorge, dass die Gemeinden und Kommunen überhaupt nicht genügend gemeinnützige Jobs dafür haben, hat er nicht. Es gebe genügend Jobs, sagt Karmasin dem Bayerischen Rundfunk.

Vom 80-Cent-Job zum Tariflohn

Im Mehrgenerationenhaus "Treffpunkt Zech" in Lindau gibt es diese gemeinnützigen Jobs. 80 Cent bekommen die Geflüchteten dort in der Stunde. Leiterin Gabriele Zobel ist überzeugt, erst einmal müsste es überhaupt eine Beschäftigung für die Asylbewerber geben, dann gelinge auch Stück für Stück die Integration: "Sonst sitzen ja die meisten Geflüchteten nur in ihrer Wohnung. Und so haben sie eine Tagesstruktur da, eine Aufgabe."

Das sieht Frisörmeisterin Margit Rosentritt in Schweinfurt fast genauso. Und man könne in der Regel sehr schnell sehen, wer wirklich arbeiten und sich integrieren will. Im Salon "Extralocke" wird Tariflohn bezahlt. Rosentritt kann den Geflüchteten erst eine Arbeit anbieten, wenn sie auch eine Arbeitserlaubnis haben.

Bislang war die CSU beim Thema Arbeitsaufnahme von Geflüchteten sehr skeptisch. Wenn hier nun ein Paradigmenwechsel erfolge, sei das sehr zu begrüßen, sagen Hilfsorganisationen wie der Flüchtlingsrat oder auch die Caritas. Aber sie, wie auch die SPD im Bayerischen Landtag und Frisörmeisterin Margit Rosentritt, warnen: Es müsse dabei schon überwiegend um "echte", sozialversicherungspflichtige Arbeit gehen – und nicht nur um billige Jobs.

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