Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt hat der Vorsitzende Richter heute (5.11.) die Beweisaufnahme geschlossen.
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Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt wurde die Beweisaufnahme geschlossen.

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Doppelgängerinnen-Mordprozess: Plädoyers haben begonnen

Doppelgängerinnen-Mordprozess: Plädoyers haben begonnen

Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess haben nach zahlreichen Verzögerungen nun die Plädoyers begonnen. Die Staatsanwaltschaft hat nun in Teilen ihren Schlussvortrag gehalten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt haben nun die Plädoyers begonnen. Nach dem sie schon an mehreren vorherigen Verhandlungstagen geplant waren. Und auch heute (5.11.) gab es große zeitliche Verzögerungen. Am Vormittag musste noch ein Zeuge vernommen werden. Dann stritten die Verteidigerteams mit der Staatsanwaltschaft und der Kammer.

Befangenheitsantrag gegen die Kammer

Grund war, dass nicht alle vier Verteidiger der Angeklagten anwesend waren. Deshalb wollten die beiden Verteidigerteams das Plädoyer der Staatsanwaltschaft aufzeichnen. Die Staatsanwaltschaft lehnte das ab. Sie gab zu bedenken, dass die aufgezeichnete Audio-Datei in die Medien gelangen könne. Die Kammer lehnte den Antrag der Verteidigung ab.

Die Verteidiger stellten darauf einen Antrag auf Befangenheit der Kammer, da es keinen objektiven Grund gebe, warum das Plädoyer nicht aufgezeichnet werden könne. Über den Antrag wird bis zum nächsten Verhandlungstag entschieden. Es ist nicht der erste Befangenheitsantrag gegen die Kammer. Bereits zu Beginn stellten die Verteidiger der Angeklagten einen solchen Antrag.

Staatsanwalt "gehen ohne Gnade über Leichen"

Da die Anträge und Stellungnahmen der Verteidiger so viel Zeit in Anspruch nahmen, war es zeitlich nicht mehr möglich, das vollständige Plädoyer zu halten, da das nach Angaben der Staatsanwälte vier bis fünf Stunden dauern wird. In dem ersten Teil der Plädoyers ging es um die Anstiftung zum Mord. Ein Delikt, das beiden Angeklagten vorgeworfen wird. Der Angeklagte soll in der JVA eine "Todesliste" erstellt haben, auf der Zeugen standen, die ihn im Prozess belasten könnten.

Die Angeklagte soll den Mord an ihrem Schwager in Auftrag gegeben haben, den sie für das Scheitern ihrer Ehe verantwortlich macht. In beiden Fällen sah es die Staatsanwaltschaft es als erwiesen an, dass sich die beiden strafbar gemacht haben. Aber noch viel wichtiger sei, so der Staatsanwalt, dass vor allem im Fall der Anklagten deutlich würde, dass sie in der Lage sei, einen Mord bis in Detail zu planen und in Auftrag zu geben und auf seine Durchführung zu bestehen. Bei beiden Plänen wäre deutlich geworden, so der Staatsanwalt, dass die beiden Angeklagten "ohne Gnade über Leichen gehen, um ihr Leben zu verwirklichen“.

Die Verhandlung wird am 14. November fortgesetzt – dann Verhandlungstag 48. Neben der Staatsanwaltschaft soll dann auch die Nebenklage plädieren.

"Magier" verfasste Gebetsbriefe

Am Morgen hatte nochmals der Iraker ausgesagt. Er bezeichnet sich selbst als Scheich, ein spiritueller Führer im jesidischen Glauben. Er hat "Gebetsbriefe" verfasst, die im Auto der Angeklagten gefunden wurden. Warum und in wessen Auftrag er die Gebete verfasst hat, daran konnte er sich nicht erinnern. Am vergangenen Verhandlungstag hatte der 53-Jährige schon ausgesagt, allerdings gab es Probleme mit der Übersetzung.

Zufallsopfer oder "Doppelgängerin"?

Auch nach fast 50 Verhandlungstagen und rund 100 Zeugenaussagen ist das Motiv für die Tat noch widersprüchlich. Es gibt mehrere Theorien. Die Staatsanwaltschaft geht von der Doppelgängerinnen-Theorie aus. Demnach wollte die Angeklagte ihren eigenen Tod vortäuschen, um aus ihrer jesidischen Familie auszubrechen und ein neues Leben mit ihrem Ex-Mann zu beginnen.

Dieser Theorie widersprach einer ihrer Anwälte im BR Interview. "Die Eltern sind bei jedem Verhandlungstag dabei. Das sieht nicht danach aus, dass unsere Mandantin abhauen wollte", so der Verteidiger. Auch ob die 23-jährige Khadidja O. ein Zufallsopfer war, ist noch nicht abschließend geklärt. Zeugen sagten aus, dass sie Kontakt zur Ingolstädter Clique hatte, zu der auch die beiden Angeklagten Kontakt hatten.

Darum geht es im Prozess

Zum Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte und der Mitangeklagte m Sommer 2022 eine 23-jährige Frau aus Eppingen an ihrem Wohnort in Baden-Württemberg abgeholt haben und dass die beiden Angeklagten ihr Opfer in einem Waldstück zwischen Eppingen und Heilbronn mit 56 Messerstichen getötet haben. Danach soll die Angeklagte in ihrem Wagen zurück nach Ingolstadt gefahren seien. Dort wohnten beide Angeklagte zur Tatzeit im Sommer 2022. Der Komplize soll auf dem Beifahrersitz gesessen, die Tote auf der Rückbank gelegen haben.

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