Richter und Schöffen kommen in den Saal. Der Angeklagte steht aufrecht da und blickt zu ihnen, sein Gesicht ist unkenntlich gemacht. Die Angeklagte steht zwischen ihren Anwälten und hält sich ein Blatt vors Gesicht.
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Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess am Landgericht Ingolstadt sind nun alle Plädoyers abgeschlossen und das Urteil steht kurz bevor.

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Doppelgängerinnen-Mordprozess: Verteidiger fordern Freispruch

Doppelgängerinnen-Mordprozess: Verteidiger fordern Freispruch

Nach vielen Verzögerungen hat die Verteidigung der beiden Angeklagten ihre Plädoyers gehalten. Damit rückt im Ingolstädter Prozess um den Mord an einer 23-Jährigen das Urteil näher. Warum sich im Mammut-Prozess noch keine Tendenz abzeichnet.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Eigentlich hätten sie schon vor Wochen plädieren sollen, die insgesamt sechs Verteidiger der beiden Angeklagten Schahraban K. und Sheqir K. – die im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess gegeneinander arbeiten. Nun war es so weit: Sie haben ihre Plädoyers gehalten und damit Erleichterung im Gerichtssaal ausgelöst, der wie immer gut gefüllt war.

Verteidigung von Schahraban K. fordert Freispruch

Die Verteidiger von Schahraban K. forderten einen Freispruch für ihre Mandantin. Sie widersprachen der Doppelgängerinnen-Theorie der Staatsanwaltschaft. "Nach 52 Verhandlungstagen sind wir so schlau, wie am Anfang", meinte der Strafverteidiger Alexander Betz. Zu viele Fragen seien noch offen. Gegen die These sprechen Zeugenaussagen. Zudem sei das Opfer zehn Zentimeter größer und 20 Kilogramm schwerer gewesen. Dagegen betonten die Anwälte die Einlassung der Angeklagten, in der sie zu Beginn des Prozesses geschildert hatte, dass der Angeklagte die junge Frau getötet habe und sie nur dabei gewesen sei. Es gebe keine Beweise, die gegen ihre Einlassung sprechen.

Kein Fluchtplan bei der Angeklagten

Auch der Vorwurf, die Angeklagte habe aus ihrer Familie ausbrechen wollen, sei haltlos. "Warum sollte sie fliehen? Nach der Trennung war ihre Familie ihre einzige Stütze", meinte ihr Verteidiger Jamil Azem. Und es gebe keine Belege für eine geplante Flucht. Weder Geld noch Flugtickets. Anwalt Azem kenne die Familie seit vielen Jahren. Es sei keine streng konservative jesidische Familie, wie von der Staatsanwaltschaft dargestellt.

Zufallsopfer – trotz Kontakten zur Ingolstädter Clique?

Auch die These des Zufallsopfers hielten die Verteidiger für unlogisch. Schließlich sei das Opfer Khadidja O. in einer Beziehung mit einem Ingolstädter Freund des Angeklagten gewesen. "Ist es ein Zufall, dass das Zufallsopfer Verbindungen nach Ingolstadt hatte?" Diese Frage stellte Anwalt Betz in den Raum – eine von vielen Fragen, die er am Ende noch hatte.

Schahraban K. hatte sich im Laufe des Prozesses mehrfach geäußert. Laut Staatsanwaltschaft widersprechen mehrere Indizien gegen ihre Einlassung, etwa das Blutspurmuster im Auto.

Verteidigung des Angeklagten: "Große Lücken in der Beweisführung"

Die Verteidiger des Mitangeklagten forderten ebenfalls einen Freispruch. Sie wiederholten, wie Zeugen den Anklagten beschrieben: ruhig, freundlich, höflich. Er sei nie gewalttätig geworden. Die Zeugen, die ihn mit ihren Aussagen schwer belastet hatten, seien unglaubwürdig. Sie hatten ausgesagt, dass der Angeklagte ihnen gegenüber die Tat gestanden hätte. Ein gemeinsamer Tatplan der beiden Angeklagten könne auch nicht nachgewiesen werden. In den Chat-Nachrichten spreche lediglich die Angeklagte davon, dass sie am morgigen Tag, dem Tattag "Großes vorhabe".

Angeklagter schweigt den gesamten Prozess über

Die DNA-Spuren des Angeklagten, die am Opfer gefunden wurden, belegen nur, dass ein Kontakt zwischen beiden stattgefunden habe, mehr nicht, so die Verteidigung. Gutachten hätten belegt, dass auch die Angeklagte körperlich in der Lage gewesen wäre, Khadija O. zu töten. Der Angeklagte habe weder Nutzen vom Tod von Khadidja O. gehabt, noch ein Motiv. "Kein Motiv ist eine Lücke in der Beweisführung", meinte Anwalt Klaus Wittmann.

Der Angeklagte schweigt seit Beginn. Beide Angeklagten folgten regungslos den Plädoyers. Anders der Vater von Khadidja O.: Immer wieder hielt er sich die Hände vor die Augen. Seine Anwältin drückte mehrmals seine Hand. Der langwierige Prozess habe es ihm zusätzlich schwer gemacht, sagte sie.

Staatsanwaltschaft forderte lebenslänglich

Die Staatsanwaltschaft forderte bereits Mitte November lebenslange Haftstrafen für beide Angeklagten: Für sie ist Schahraban K. der Kopf, der den Plan ausgeheckt hat, und Sheqir K. die Hand, die den Mord ausgeführt hat. Die Nebenklage, die den Vater des Opfers vertritt, hat sich in ihren Forderungen der Staatsanwaltschaft angeschlossen.

Urteil noch im Dezember erwartet

Die Urteilsverkündung ist nun für den 19. Dezember angesetzt. Auch nach über 50 Verhandlungstagen bleiben viele Fragezeichen, etwa zum Tatmotiv, besonders beim Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft bleibt bei der Doppelgängerinnen-Theorie.

Darum geht es beim Doppelgängerinnen-Mordprozess

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Angeklagten im Sommer 2022 eine 23-jährige Frau aus Eppingen getötet haben. Danach soll die Angeklagte in ihrem Wagen zurück nach Ingolstadt gefahren seien. Dort wohnten beide Angeklagte zur Tatzeit. Das Opfer soll der Angeklagten sehr ähnlich gesehen haben.

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