"Very expensive!", klagt ein schottischer Fußballfan, der extra nach München angereist kam, um seine Mannschaft heute beim Eröffnungsspiel der Fußball-EM in Deutschland spielen zu sehen. 400 Euro pro Nacht zahlt er für sein Hotelzimmer. Von 150 Euro pro Nacht am Stadtrand erzählt ein anderer.
Sechs EM-Spiele werden insgesamt bis zum 15. Juli in München stattfinden – mit einer direkten Wirkung auf die Übernachtungspreise. Der wichtigste Faktor: der Verlauf des Turniers.
Erinnerungen an das Sommermärchen werden wach
Die Fußball-WM 2006 in Deutschland weckt viele gute Erinnerungen: ein grandioser Sommer, herrliches Wetter, große Fußball-Gefühle und ein buntes, fröhliches, wochenlang anhaltendes Fest im ganzen Land. Wird die Europameisterschaft dieselbe Stimmung wecken können?
Das Gastgewerbe hofft nach zähen Corona-Jahren auf die gute Stimmung und damit viele zahlende Gäste. Und die aktuellen Hotelpreise in München versprechen einen hohen Umsatz.
Die Preise steigen – und zwar in jedem Segment
Dass Zimmer im Luxussegment teuer sind, ist wenig überraschend. Aber eine Preissteigerung um 200 Prozent? Ein Zimmer in der Kategorie "classic" im Charles Hotel in München kostet derzeit rund 1.500 Euro pro Nacht. Zur selben Zeit im vergangenen Jahr mussten Gäste in dieser Kategorie um die 500 Euro zahlen.
Auch im Segment der Ferienhäuser und -wohnungen zeigt sich ein EM-Effekt. Auf der Online-Plattform Holidu sind die Übernachtungspreise für Ferienwohnungen und -häuser ebenfalls gestiegen: um rund 80 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Am meisten zahlen Kunden während des heutigen Eröffnungsspiels direkt in München, so eine Sprecherin des Unternehmens.
Günstiger können Fußballfans dagegen in Landshut oder Ingolstadt übernachten: für deutlich unter 100 Euro. Die Preise von Ferienhäusern würden genau wie in Hotels von der Nachfrage abhängen, deshalb geht Holidu – je nach Verlauf des Turniers – auch noch von einer Steigerung aus.
Werden genug Touristen die hohen Preise zahlen?
Dass sich bei Fußballgroßereignissen wie der EM gerade kurzfristig noch einiges am Buchungsmarkt verändern kann, bestätigt auch Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Das hängt mit der Ticketvergabe zusammen, aber natürlich auch damit, dass sich erst im Laufe des Turniers herausstellt, welche Mannschaft wo gegen wen spielt. Und das sei jetzt die große Frage: Kommen genug Touristen zur EM und zahlen die höheren Preise?
Mit wie vielen Fußballbegeisterten ist zu rechnen?
Der Flughafen München rechnet zwischen dem 14. Juni und dem 15. Juli mit etwa 600.000 Fluggästen mehr als im gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr. Auch auf der Buchungsplattform Booking haben rund 20 Prozent mehr Menschen nach Übernachtungen in München gesucht als vergangenes Jahr zu dieser Zeit. Vor allem Reisende aus Deutschland, aber auch aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Italien und Spanien suchen nach einer Unterkunft in München während der Fußball-EM.
Für das heutige Eröffnungsspiel interessierten sich laut dem Unternehmen vor allem Fans aus Großbritannien für München: Die Anfragen stiegen um ganze 550 Prozent. Zumindest nach diesen Zahlen kann die schottische Mannschaft wohl mit einer breiten Unterstützung durch ihre Landsleute rechnen.
67.000 Menschen werden sich das Eröffnungsspiel im Stadion anschauen, etwa 25.000 Fußball-Fans haben zudem in der Fanzone der EM im Olympiapark Platz. Dazu kommen zahlreiche Public-Viewing-Events in den Bars und Biergärten der Stadt. Gästebetten in München gibt es rund 97.000: Werden die alle belegt?
Annähernd ausgebucht
Die aktuelle Einschätzung der Dehoga ist, dass München zur EM mittlerweile sehr gefragt ist. Gerade heute zur Eröffnung seien die Hotels und andere Unterkünfte nahezu ausgebucht. Was Umsatz-Prognosen angeht, will Dehoga-Chef Thomas Geppert jedoch noch nicht konkret werden: Das werde sich erst nach der EM 2024 zeigen.
Große Veranstaltung als Tourismus-Booster?
Dennoch: Die Auswertungen zur Fußball-WM 2006 des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband zeigen, dass so ein Sport-Großereignis nicht immer auch zu einem Mehr an Gästen führen muss. Damals, im Juni 2006, waren sogar weniger Gäste in München als im Jahr zuvor. Das liege an einer Art Verdrängungseffekt, erklärt Geppert: Touristen, die nicht an Fußball interessiert sind, würden in dieser Zeit Städte wie München meiden, weil sie dem Trubel oder den hohen Übernachtungspreisen entgehen wollen.
Es zeigte sich aber auch, dass vor allem im Anschluss an die WM 2006 deutlich mehr Menschen nach München kamen. Der Verband führt das auf die starke mediale Präsenz zurück, die die Stadt bekannter und damit attraktiver für eine Reise machte.
Insgesamt rechnet die DEHOGA heuer mit 500.000 Menschen mehr in München als im letzten Jahr. Dehoga-Chef Thomas Geppert betont, wie wichtig solche Veranstaltungen daher für die Tourismusbranche seien. Sein Wunsch für die EM: "Deutschland muss gut spielen und möglichst weit kommen und idealerweise spielt auch noch das Wetter mit."
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