Katrin Knabl aus Warngau ist besorgt: In der kleinen Gemeinde im Landkreis Miesbach entsteht aktuell eine Sammelunterkunft für bis zu 500 Geflüchtete. Die Landwirtin hat Sorge, ein Stück ihrer "Freiheit" zu verlieren. Aktuell würde sie beispielsweise oft wegfahren, ohne ihre Haustür abzusperren. "Und ob das so bleibt, weiß ich nicht", erklärt sie.
Mit ihren Bedenken ist sie nicht allein. In der Sendung "jetzt red i" kritisierten mehrere Bürger die geplante Unterkunft: "Es ist Wahnsinn, 500 Menschen in einen Container einzupferchen", findet Melanie Schlager. Sie fragte, warum die Geflüchteten nicht auf die 17 Gemeinden im Landkreis verteilt werden.
Landrat von Löwis schildert Schwierigkeiten bei Unterbringung
Landrat Olaf von Löwis (CSU) schilderte in der Sendung jedoch die andere Seite: Seit Jahren sei er auf der Suche nach Unterkünften in den Gemeinden, diese sei "verbunden mit mehr Misserfolgen als Erfolgen". Der Landkreis sei verpflichtet, die Geflüchteten unterzubringen – er könne aber keine Gemeinde dazu zwingen, Wohnraum bereitzustellen. Um die belegten Turnhallen wieder freizubekommen, sollen Asylbewerber künftig in der Sammelunterkunft in Warngau unterbracht werden.
Die Kommunen seien mit der momentanen Situation überfordert. Der Landrat forderte deshalb ein "Moratorium" in der Asylpolitik: "Dieser Flüchtlingszustrom muss reguliert und idealerweise zumindest vorübergehend gestoppt werden."
CSU-Generalsekretär Huber pocht auf Zurückweisungen an Grenzen
Unterstützung erhielt er von CSU-Generalsekretär Martin Huber, der sich an diesem Abend bei "jetzt red i" den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellte. Er forderte – wie bereits CSU-Chef Markus Söder – eine jährliche Obergrenze "von maximal 100.000 Flüchtlingen". Huber attackierte die Bundesregierung: Diese würde zu zögerlich handeln, ihre aktuellen Maßnahmen – wie Kontrollen an den Außengrenzen – würden nicht ausreichen.
Huber pochte wiederholt auf die Forderung der Union nach konsequenten Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Seine Argumentation: Wenn die Außengrenzen der Europäischen Union nicht ausreichend geschützt würden, sei Deutschland in der Verantwortung, jene an den Grenzen aufzuhalten, die "kein Recht auf Einreise haben".
SPD-Politikerin Wegge sieht keine allgemeine Überlastung
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge widersprach Huber deutlich. Sie nehme es ernst, wenn Kommunen signalisierten, sie seien überfordert. Aber ihrer Meinung nach sei Deutschland insgesamt nicht an der Belastungsgrenze angelangt: Dieses Jahr seien bislang 160.000 Asylanträge gestellt worden – "45.000 weniger als letztes Jahr zur gleichen Zeit". Die SPD-Politikerin führte aus: "Wir haben schon sinkende Zahlen und so wie ich meine Innenministerin Nancy Faeser verstanden habe, sind in Deutschland die Erstaufnahmeeinrichtungen zu 50 Prozent belegt." Ihr Fazit: "Zu sagen, wir sind überfordert oder es sind zu viele, kann bei diesen Zahlen eigentlich nicht gelten."
Martin Huber nannte die Aussagen von Wegge "dreist". Er sagte: "Den Menschen vor Ort helfen nicht die Zahlen von Nancy Faeser, den Menschen vor Ort hilft einzig und allein eine praktische und wirksame Begrenzung der Migration mit Zurückweisungen an der Grenze." Wegge konterte: Sie sei "entsetzt" über die Aussagen des CSU-Generalsekretärs. Dieser fordere "völkerrechtswidriges Vorgehen" an deutschen Grenzen – das sei mit der Bundesregierung und auch mit der SPD "auf gar keinen Fall zu machen".
Integrationsarbeit: Mehr Unterstützung für Kommunen gefordert
Diskutiert wurde auch über die Frage, wie die Integration der Geflüchteten besser gelingen kann. Ahmad Azimi ist im Jahr 2012 von Afghanistan nach Deutschland geflüchtet – seit 2015 lebt er im Landkreis Miesbach, arbeitet dort als Lagerist und engagiert sich im Helferkreis. Er forderte "mehr Deutschkurse und mehr Unterstützung", damit Asylbewerber schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden können.
Ähnlich argumentierte Lisa Richters, die in der Flüchtlingsberatung arbeitet. Sie bestätigte, dass es zu wenige Sprachkurse gebe – und betonte, dass Deutschland in vielen Bereichen, wie der Altenpflege, auf Zuwanderung angewiesen sei. Damit weiter gute Integrationsarbeit geleistet werden könne, brauche es eine "bessere finanzielle Unterstützung der Kommunen".
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