Gottesdienste und kurze Geburtstagsbesuche – mehr ist für viele Pfarrerinnen und Pfarrer in Altenheimen oft nicht mehr möglich. Für persönliche Gespräche bleibt kaum Zeit. Doch gerade diese sind für die Bewohnerinnen und Bewohner besonders wichtig. Sie schätzen es, wenn jemand ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Probleme hat.
Pflegekräfte sind oft zeitlich überlastet, und so übernehmen ehrenamtliche Seelsorger wie Volker Herbert diese Aufgabe. Für den Münchner Pfarrer im Ruhestand ist dabei wichtig: "Erst einmal da zu sein und sie spüren zu lassen, mich interessiert, was dich gerade bewegt. Und ihnen die Möglichkeit zu geben sich auszusprechen, vielleicht sogar ihr Herz zu öffnen".
Engagierte Ehrenamtliche springen ein
Für persönliche Besuche sind im Dekanat dreißig Ehrenamtliche zuständig. Doch das ist zu wenig, beklagt Beatrice Dirsch. Auch sie ist ehrenamtliche Seelsorgerin in München. "Ich sehe Heime, wo es keine Ehrenamtlichen gibt. Wo ich denke, wer kümmert sich um die ganzen Leute? Ich selbst habe nie genug Zeit für die ganzen Menschen." Dirsch ist gemeinsam mit einer Kollegin für weit über 200 Bewohner zuständig.
Währenddessen werden hauptamtliche Stellen weiter gekürzt. In München wurde die Zahl der Altenheimseelsorger von zwei auf eine halbe Stelle reduziert. Edith Öxler, die diese Stelle innehat, koordiniert die Seelsorge für einhundert Altenheime. Eine Herausforderung. Durch die Kürzungen fehlen ihr Ansprechpartner in den einzelnen Stadtteilen. "Die waren in den Hauptamtlichen-Konferenzen vor Ort und haben mitgekriegt, der Kollege hat echte Not, weil ein neues Haus aufgemacht jetzt und ich konnte mich darum kümmern", erklärt sie.
Auch in anderen Regionen Bayerns sind die Kürzungen spürbar. In Nürnberg soll bis zum Jahresende eine von drei halben Stellen in der Altenheimseelsorge wegfallen. In Kempten und Aschaffenburg gibt es bereits keine hauptamtlichen evangelischen Altenheimseelsorger mehr. Lediglich in Bamberg wurden neue Stellen geschaffen. Die Landeskirche begründet diese Entscheidungen mit den sinkenden Mitgliederzahlen und betont, dass eine flächendeckende hauptamtliche Seelsorge langfristig nicht mehr leistbar sei.
Kaum Proteste gegen die Kürzungen
Die Kürzungen kommen für Edith Öxler nicht überraschend. "Da Altenarbeit keine Lobby hat. Die Senioren wehren sich nicht, die tragen es einfach. Und die das entscheiden, sagen dann, ich streiche lieber da, wo kein Ärger zu erwarten ist", sagt Edith Öxler.
Doch trotz der schwierigen Situation versuchen Öxler und ihre Ehrenamtlichen, das Beste daraus zu machen. Mit viel Engagement gelingt es ihnen, in rund 80 Prozent der Münchner Seniorenheime persönliche Seelsorge anzubieten – ein wertvoller Beitrag für die alten Menschen, die sich über jeden Besuch freuen.
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