Mit dem Zug direkt von Hamburg oder Dortmund nach Oberstdorf: Diese Verbindungen hat die Bahn gestrichen. Wer jetzt nach Oberstdorf mit dem Zug kommen will, muss in Augsburg, Ulm oder München in die Regionalbahn umsteigen. Für alle mit viel Gepäck erschwert das die Anreise.
Grund für die gestrichenen ICs ist ein kaputtes Stellwerk – statt an fünf Gleisen können im Bahnhof Oberstdorf momentan nur noch an einem Gleis Züge ankommen und diese werden für die Regionalzüge, die weiterhin fahren, genutzt. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) stellt nach Gesprächen mit der Bahn jetzt eine Lösung in Aussicht.
Bahn prüft alle Möglichkeiten
Mit dem IC ins Allgäu: Was gerade nicht geht, soll bald wieder möglich sein. Bis Ende der Woche kündigt der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter im BR-Interview Lösungen an. "Wir können nicht akzeptieren, dass Oberstdorf und das Allgäu über Monate und Jahre abgeschnitten sind. Das ist in Berlin bekannt", sagt Bernreiter. "Ich bin optimistisch, dass wir in Kürze eine Lösung präsentieren können." Die Deutsche Bahn prüfe alle Möglichkeiten, die Schienen übergangsweise wieder befahrbar zu machen, das habe ein DB-Vorstand dem bayerischen Verkehrsminister versichert.
Nachricht für Oberstdorf ein Schock
Die Bahn hatte Mitte Oktober angekündigt, bis mindestens 2027 keine Fernzüge mehr nach Oberstdorf zu schicken. Grund seien irreparable Schäden. Die Verkabelung im Stellwerk muss altersbedingt komplett erneuert werden, teilte eine Sprecherin der Deutschen Bahn dem BR mit.
Für Fritz Sehrwind, zweiter Bürgermeister von Oberstdorf, war diese Nachricht ein Schock. Zehn bis zwanzig Prozent der Touristen kommen seinen Angaben zufolge mit der Bahn. Bisher ist jeweils ein IC aus Hamburg und einer aus Dortmund in Oberstdorf angekommen. Nun fällt die Strecke weg und Sehrwind befürchtet, dass damit auch einige Touristen ausbleiben werden. Außerdem setzen die Allgäuer Gemeinden auf nachhaltige Mobilität beim Tourismus, sagt Sehrwind: "Diese Entwicklung trägt dazu in keiner Weise bei."
Fernzüge über Kempten nach Lindau?
Gerade in den Wintermonaten sei eine Bahnverbindung ins Allgäu unverzichtbar, findet auch Jürgen Vögele vom Fahrgastverband Pro-Bahn in Kempten. Sein Vorschlag: Um Touristen weiterhin die Bahnreise ins Allgäu zu ermöglichen, könnten die Fernzüge zumindest über Kempten und Immenstadt fahren und Endstation in Lindau machen.
Die Deutsche Bahn lehnt diesen Vorschlag ab. Grund sei das Nachfragepotenzial der Züge, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung, da ohne die Verbindung nach Oberstdorf "die Wirtschaftlichkeit des Zuges deutlich leiden würde".
Eine andere Option ist, das Stellwerk und die Gleise manuell zu bedienen, wenn auch nur übergangsweise. So könnten die Fernzüge weiterhin nach Oberstdorf fahren. Fraglich ist, ob es genug Personal für diese Variante gibt und ob dies gravierende Auswirkungen auf den Regionalverkehr hätte. Die Deutsche Bahn ist eigenen Aussagen zufolge gerade dabei, diesen Lösungsvorschlag zu prüfen.
Stellwerksausfall kommt nicht überraschend
Ein Stellwerkausfall und keine Alternative, für den Grünen-Landtagsabgeordneten Max Deisenhofer kommt das nicht überraschend: Auf Bundesebene habe man in den letzten Jahrzehnten zu wenig in Infrastruktur investiert.
Von der bayerischen Staatsregierung erwarte der Grünen-Abgeordnete jedoch, dass die Fernverbindung ins Allgäu zur Chefsache gemacht werde: "Da würde ich mir mehr Engagement wünschen", sagt Max Deisenhofer und verweist auf Verkehrsminister Bernreiter. Der ist nach eigenen Angaben schon mit Bundesabgeordneten und der Deutschen Bahn im Gespräch: "Unser Ziel wird sein, dass Fernzüge das Allgäu wieder anfahren", sagt Christian Bernreiter. In einem gemeinsamen Schreiben mit der Oberallgäuer CSU-Bundestagsabgeordneten Mechthilde Wittmann und der Bayerischen Eisenbahn Gesellschaft (BEG) wandte sich Bernreiter an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für Bayern, Heiko Büttner. Die Forderung: die Fernverkehrsanbindung sicherstellen, Übergangslösungen während der Bauzeit und sofortige Instandsetzungsmaßnahmen, um den Schienenverkehr schnellstmöglich wieder vollumfänglich sicherzustellen.
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