Die Gilchinger Firma Quantum Systems war eines der ersten deutschen Unternehmen, die nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Militärgerät an Kiew geliefert hatte. Seither waren und sind Hunderte Überwachungsdrohnen aus Oberbayern für die ukrainische Armee im Einsatz. Die unbewaffneten Geräte namens Vector gelten als so innovativ und zuverlässig, dass inzwischen auch Spezialkräfte aus den USA und das deutsche KSK Drohnen in Gilching bestellt haben.
Neu im Sortiment: Bewaffnete Drohnen
Nun will Florian Seibel, der Gründer und Chef von Quantum Systems, einen Schritt weitergehen. Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz erklärte er, er habe kürzlich unter dem Namen "Stark" eine weitere Firma für bewaffnete Drohnen gegründet, sogenannte Loitering Munition. Angesichts der Erfahrungen an der Front in der Ukraine sei es wichtig, dass die deutsche Industrie hier tätig werde. Denn bisher kommt solches Gerät überwiegend aus den USA und Israel. Details zu den geplanten Waffensystemen nannte Seibel noch nicht.
Industrie fordert mehr Planungssicherheit
Zur Münchener Sicherheitskonferenz erschienen nahezu alle Topmanager aus der deutschen Rüstungsindustrie. Sie sind inzwischen für viele Politiker gesuchte Gesprächspartner, da in ganz Europa Armeen modernisiert und besser ausgestattet werden. Dabei war in Hintergrundgesprächen immer wieder eine Klage zu hören: Wie soll die Verteidigungsindustrie für die kommenden Jahrzehnte planen, wenn die Bundeswehr keine langfristige Strategie hat? Vor diesem Dilemma stehen nahezu alle Unternehmen aus der deutschen Rüstungsbranche.
In München kündigte nun Carsten Breuer und damit der oberste Soldat der Bundeswehr an, die Unternehmen künftig schon in die strategische Planung mit einzubinden. Außerdem soll das Innovations- und Beschaffungstempo steigen. Nur so könne man effizient und frühzeitig klären, auf welche zukünftigen Bedrohungen sich die Soldaten vorbereiten, und welches Gerät dafür nötig sein wird. Zudem könne man nur so definieren, welche Technologien überhaupt nötig sind. Ein Beispiel sei eine neu gegründete Drohnen-Taskforce, so General Breuer. Auf Industrieseite zeigte man sich teils skeptisch. So erklärte Florian Seibel von Quantum Systems, diese Taskforce habe bisher überhaupt keinen Kontakt zum Beispiel zu seiner Firma gehabt.
BDI-Präsident: Langfristige Finanzierung notwendig
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte bei der Sicherheitskonferenz mehr Forschungsmittel für Start-ups, außerdem langfristige Finanzierungszusagen für Unternehmen. Denn nur dann lohne es sich für die Firmen, in Forschung und Produktionsanlagen zu investieren, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Dort fehle es trotz aller Versprechen des Bundeskanzlers immer noch an konkreten Bestellungen und Verträgen: "Der notwendige Wandel wird hauptsächlich rhetorisch beschworen. Warme Worte kosten nichts", so der BDI-Präsident.
Man müsse wieder lernen, dass Wehrhaftigkeit einen Preis habe. Geschehe das nicht, dann drohe Deutschland technologisch den Anschluss zu verlieren, so Carlo Masala, Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Dann werde die Bundesrepublik noch abhängiger von Know-how und Zulieferungen aus dem Ausland. Wolfram Hatz, der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, sprach sogar von einer "Zeitlupenwende".
Großprojekte für bayerische Firmen
Trotz aller Kritik: Bayerische Rüstungsfirmen haben in den beiden Jahren seit der Zeitenwende-Rede einige Großaufträge erhalten. So baut KNDS Deutschland (die frühere Kraus-Maffei Wegmann KMW) in München neue Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 für die Bundeswehr, aber auch für Länder wie Norwegen. Dazu kommen Panzerhaubitzen und weiteres schweres Heeresgerät.
Airbus Helicopters in Donauwörth erhielt kürzlich einen Auftrag für leichte Kampfhubschrauber im Milliardenwert. MBDA baut in Schrobenhausen künftig erstmals Patriot-Flugabwehrraketen, die zuvor in den USA gefertigt wurden. Außerdem ersetzt das Unternehmen Tausende Panzerabwehrminen, die aus Beständen der Bundeswehr in die Ukraine gegangen waren.
Dazu kommen milliardenschwere Orders für Iris-T-Flugabwehrsysteme der Nürnberger Diehl-Gruppe, Radaranlagen von Hensoldt und vieles mehr. Allerdings warten andere Unternehmen noch auf konkrete Orders. In Manching zum Beispiel verweist Airbus immer wieder darauf, dass die Produktion der vierten Generation des Eurofighters allmählich ausläuft. Einen Entwicklungsauftrag für eine fünfte Generation gibt es bisher nicht.
Video: Selenskyj spricht auf Münchner Sicherheitskonferenz
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