Die Milchbauern im Landkreis Traunstein gehören zu den besten Grasfutter-Erzeugern in Bayern. Dieses Jahr sind die Landwirte so früh wie noch nie zum ersten Grasschnitt auf ihre Wiesen gefahren – vielerorts schon Mitte April, einen Monat früher als üblich. Viele Niederschläge und warme Temperaturen waren ideal fürs Wachstum. Die Fachberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Traunstein (AELF) rechnen für die Erntesaison mit bis zu sieben Grasschnitten.
Grasqualität beeinflusst Milchmenge
Je mehr Schnitte im Jahr möglich sind, desto hochwertiger ist das Grasfutter in seinem Eiweiß- und Energiegehalt. Das steigere wiederum die Milchleistung, schreiben die AELF-Fachberater. Im Durchschnitt haben landwirtschaftliche Betriebe im Landkreis Traunstein knapp 50 Hektar Fläche. Auf dem sogenannten Grünland erzeugen viele Milchbauern – ob konventionell oder bio – häufig mehr als die Hälfte des Futters für ihre Milchkühe.
Doch die vielen Regentage stellen die Landwirte diesen Sommer vor große Herausforderungen. Besonders in Lagen, wo Wiesen grundsätzlich feucht sind. Auf dem Hof von Josef Freiwang in Heimhilgen in der Gemeinde Seeon-Seebruck ist das der Fall. Er hat 70 Hektar Fläche, drei Viertel davon sind Grünland.
Viel Silage, aber wenig Heu
In regenreichen Jahren wie diesen kann er seltener mit schweren Fahrzeugen über seine Wiesen fahren. "Die Ernte war immer wieder schwierig, weil die Schönwetterperioden zu kurz waren. Für Silage war es ausreichend, für Heu sehr schwierig", sagt Josef Freiwang. Deshalb haben die Milchbauern ihr Gras dieses Jahr hauptsächlich zu Silage weiterverarbeitet – also Gras, das einen Gärprozess durchläuft und damit haltbar gemacht wird. Dafür muss das Gras nur einen Tag trocknen.
- Zum Artikel "Früher war mehr Heu-Duft – Stimmt das?"
Auch beim Bio-Milchbauer Clemens Kronast in Ischl bei Seebruck war die Nässe das Problem. "Bei uns waren die ersten zwei Schnitte sehr schwierig, wir konnten den Boden nicht so befahren, wie wir eigentlich wollten", berichtet er. Ist der Boden zu feucht, wird er von den schweren Fahrzeugen geschädigt und verdichtet sich nach und nach.
Schnell Einbußen von bis zu 3.000 Euro im Monat
Die kurzen Trockenperioden zum Ernten und Einbringen des Grasfutters setzen die Bauern wirtschaftlich unter Druck. Fällt ein Schnitt wegen Regen und Nässe aus oder verschiebt sich, hat ein Milchbauer im Nu weniger qualitativ hochwertiges Futter. Kronasts um die 60 Kühe geben dann beispielsweise 60.000 Liter weniger Milch im Jahr, und für den Landwirt folgen Einbußen von 3.000 Euro im Monat. Der Erntestart muss deshalb wohlüberlegt sein.
Trotz der wetterbedingt schwierigen Ernte bleiben der Landkreis Traunstein und das Berchtesgadener Land Premiumgebiet für Grasfutter in Deutschland. Nach Angaben des AELF kommen mehrere Standortvorteile und Aspekte zusammen:
- Im flacheren Voralpenland haben Wiesen intensivere Sonneneinstrahlung.
- Die Temperaturen beginnen früher im Jahr zu steigen als in unmittelbarer Bergnähe.
- Es fällt reichlich Regen (zwischen 900 und 1.200 Liter pro Quadratmeter im Jahr).
- Wiesen werden optimal mit Nährstoffen (unter anderem über Gülle oder Mist) versorgt.
"Die Landwirte wollen gute Futterqualität haben und sind bestrebt, ihr Grünland intensiv zu bewirtschaften und pflegen ihre Flächen auch entsprechend", sagt AELF-Fachberater Michael Kirchstetter. Gemessen am Ertrag pro Hektar belegt der Landkreis Traunstein als Grünland-Futterbaugebiet nach Rosenheim in Bayern den zweiten Platz. Auf Platz acht folgt der Landkreis Berchtesgadener Land, der auch Teil des AELF-Amtsgebiets ist.
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